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Fachartikel, 10.10.2008
Finanzkrise
Flagge zeigen statt wegducken
Die meisten Kunden der Banken, Versicherungen und Vermögensberater sind zurzeit aufgrund der Finanzkrise absolut verunsichert. Entsprechend wichtig wäre es gerade jetzt, dass die Kundenbetreuer und -berater aktiv das Gespräch mit den Kunden suchen, um zu verhindern, dass deren Vertrauen weiter bröckelt und diese abwandern.
„Ist unser Geld auf der Bank noch sicher? Oder müssen wir Angst haben, dass das Geld, das wir zum Rückzahlen unserer Kredite oder für unser Alter angespart haben, morgen verloren ist?“ Über diese Frage wird in den Medien ohne Unterlass diskutiert, spätestens seit auch die Politiker und Währungshüter offen verkünden: Wir müssen aufpassen, dass das Finanzsystem nicht kollabiert und wir in eine weltweite Rezession geraten.

Entsprechend verunsichert sind die Kapitalanleger, also die Kunden der Banken und Vermögensberatungen. Viele fragen sich zurecht: Warum soll ich den Banken noch trauen, wenn diese sich selbst nicht trauen? Und: Warum soll ich den Banken Geld leihen, sprich dieses bei ihnen anlegen, wenn sich die Banken untereinander selbst kein Geld mehr leihen? Und mancher denkt darüber nach: Soll ich mein Geld nicht lieber zuhause unter die Matratze legen? Wäre es dort nicht sicherer?

Aktiv das Gespräch mit den Kunden suchen

Gerade weil die Geldanleger gerade total verunsichert sind, wäre es wichtig, dass die Banken aktiv auf ihre Kunden zugehen und ihnen versuchen zu vermitteln: „Lieber Kunde, du kannst uns vertrauen, auch wenn ...“ Nicht um ihnen anschließend sofort wieder etwas zu verkaufen. Dafür ist jetzt nicht die Zeit! Vielmehr gilt es dafür zu sorgen, dass das angeknackste Vertrauen in die Banken nicht restlos in die Brüche geht und die Kunden nicht abwandern, weil sie das Gefühl haben: Meine Bank ist nur für mich da, wenn es etwas zu verdienen gibt! In schwierigen Zeiten lässt sie mich allein!

In der aktuellen Situation müsste eigentlich jeder Kundenbetreuer und Anlageberater 24 Stunden pro Tag am Telefon sitzen und eigeninitiativ Kunden anrufen. Das tun sie aber nicht! Stattdessen verschanzen sie sich vielfach in ihren Büros und sind für niemandem zu sprechen. Und die Kunden? Sie werden mit ihrer Angst allein gelassen. Und in ihren Briefkästen finden sie weiterhin Werbeschreiben ihrer Bank für Konsumentenkredite und zum Thema Abgeltungssteuer, so als sei nichts geschehen und hätten sie im Moment keine anderen Sorgen. Als Folge davon, fühlen sich viele Kunden von den Banken schlichtweg „verarscht“.

Für Berater brach eine (Gedanken-)Welt zusammen

Dass die Kundenbetreuer und Anlageberater so reagieren, ist verständlich. Denn auch sie sind verunsichert. Wer von ihnen hätte noch vor wenigen Wochen gedacht, dass solche Flaggschiffe wie Lehmann Brothers und Bear Stearns sozusagen über Nacht vom Markt verschwinden können? Ein scheinbar absurder Gedanke! Und wer hätte gedacht, dass gerade die „intelligenten modernen Finanzprodukte“, auf die viele Geldinstitute so stolz waren, sich als tödliche Viren für so manches Bankhaus entpuppen würden? Und welch Banker hätte geglaubt, dass das viel geschmähte Universalbankkonzept eine solche Renaissance erlebt, dass selbst so stolze Investmentbanken wie die Deutsche Bank plötzlich hierin ihre Zukunft sehen?

Nicht nur für viele Bankkunden, sondern auch für viele Bankmitarbeiter ist eine (Gedanken-)Welt wenn nicht zusammengebrochen, so doch aus den Fugen geraten. Also bräuchten sie im Moment vielfach selbst eine mentale Unterstützung und Antworten auf ihre häufig existenziellen Fragen. Doch diese wird ihnen von ihren obersten Chefs zumeist nicht gegeben. Sie sind in einer Zeit, in der neben einem aktiven Krisenmanagement, auch Leadership gefragt wäre, weitgehend abgetaucht. Sie werden weder in Talkshows gesichtet, um den Kunden über das Medium Fernsehen Rede und Antwort zu stehen, noch suchen sie den Kontakt mit den Mitarbeitern ihres Hauses.

Führungskräfte müssen Mitarbeiter wieder aufrichten

Folglich bleibt die Aufgabe, den Mitarbeitern Orientierung und Halt zu geben, am mittleren Management hängen – also weitgehend den Team- und Abteilungsleitern. Sie sind in der aktuellen Situation als Führungskräfte gefragt. Ihr Job ist es, ihre Mitarbeiter soweit zu stabilisieren, dass diese sich wieder mit den Kunden befassen können statt sich allein oder im Kollektiv die Wunden zu lecken. Dies ist eine Mammutaufgabe, bei der jede Führungskraft zeigen kann, inwieweit sie Mitarbeiter auch führen kann, wenn der Boden schwankt. Denn selbstverständlich stehen auch die Team- und Filialleiter, die Gruppen- und Abteilungsleiter vor vielen unbeantworteten Fragen. Sie können ihren Mitarbeitern nicht sagen: Wie viele faule Papiere sind noch in unseren Büchern? Wie entwickelt sich die Finanzkrise weiter? Welche Auswirkungen hat sie auf unser Institut? Wie wirkt sie sich auf die Beschäftigungssituation aus? All diese Mitarbeiterfragen können die Führungskräfte nicht beantworten. Sie können bestenfalls persönliche Vermutungen oder Einschätzungen abgeben. Das sollten sie ihren Mitarbeitern auch offen sagen – sonst verspielen sie das wichtigste Kapital, das sie in der Beziehung zu ihren Mitarbeitern haben: Vertrauen.

Eines können die Führungskräfte ihren Mitarbeitern aber mit Sicherheit sagen: „Wenn wir jetzt die Hände in den Schoß legen und nur unsere Wunden lecken, dann laufen uns die Kunden davon und alles wird noch schlimmer. Lasst uns also die Sache anpacken und aktiv auf die Kunden zugehen, damit ...“

Mit den Mitarbeitern Gesprächsstrategien entwerfen

Doch mit diesem Appell dürfen sich die Führungskräfte nicht begnügen. Sie müssen vielmehr mit ihren Mitarbeitern Strategien entwerfen, wie sie zum Beispiel auf wütende Kunden reagieren, die einen Teil ihres Kapitals verloren haben und dem Berater vorwerfen „Aufgrund Ihrer Empfehlungen hat sich ein Drittel meines Vermögens in Luft aufgelöst“.

Hier kann die Strategie nur lauten: Verständnis für die Verärgerung des Kunden zeigen und auf eine solche Aussage zum Beispiel erwidern: „Sie sind zurecht darüber verärgert, dass wir in den letzten Monaten ähnlichen Fehleinschätzungen unterlagen wie die meisten Banken. Auch wir dachten wie fast alle Experten nicht, dass die Finanzkrise solche Ausmaße annehmen könnte.“ Das heißt, der Berater sollte zunächst eine gewisse „Mitschuld“ eingestehen und diese dann in einen größeren Kontext stellen, und somit relativieren. Danach kann er zum Beispiel sagen: „Gerade deshalb rufe ich Sie an, um mit Ihnen darüber zu sprechen, wie wir weiteren Schaden vermeiden können. Die 60 Prozent Ihres Vermögens, die Sie bei uns in festverzinslichen Wertpapieren angelegt haben, sind sicher. Reden sollten wir über Ihre Fondsanteile, da hier noch einige Risiken schlummern.“

Sicherheit geht zur Zeit vor Rendite

Wenn der Kunde hiermit einverstanden ist, kann der Berater ihm die verschiedenen Möglichkeiten aufzeigen: „Eine Möglichkeit wäre, dass Sie Ihre Anteile verkaufen und das Geld auf ein Tagesgeldkonto legen oder hierfür festverzinsliche Wertpapiere kaufen. Dann wäre Ihr Geld sicher. Sie würden aber auch die aktuellen Verluste realisieren. Die Alternative wäre, sofern Sie davon ausgehen, dass die Talsohle weitgehend erreicht ist: Sie behalten Ihre Anteile, in der Hoffnung, dass ihr Wert wieder steigt. Schließlich ist der Fonds nach wie vor ein Spitzenprodukt, auch wenn er zurzeit, wie alle Fonds unter der Finanzkrise leidet.“

Wichtig ist in dieser Phase, dass der Berater dem Kunden Anlagealternativen aufzeigt, und zwar solche, die ihm Sicherheit garantieren. Des Weiteren, dass er ihm – sofern dies zutrifft – vermittelt: Von dem Produkt, das ich Ihnen vor einiger Zeit empfahl, bin ich grundsätzlich weiterhin überzeugt, auch wenn die Wertentwicklung in den letzten Monaten anders als vermutet war. Auf keinen Fall darf der Berater dem Kunden aber stark risikobehaftete neue Produkte offerieren ... selbst wenn aus seiner Sicht die Renditeaussichten verlockend sind. Denn dies würde das angeknackste Vertrauen des Kunden in einer Phase, in der Sicherheit auf seiner Prioritätenliste ganz oben steht, restlos zerstören.

Fragt der Kunde danach, darf der Berater durchaus Empfehlungen geben. Zum Beispiel „Ich würde Ihnen empfehlen, die Anteile zu behalten, weil ich von dem Fonds weiterhin überzeugt bin und davon ausgehe, dass ....“. Hinweisen muss der Berater den Kunden aber darauf, dass er sich dessen nicht sicher ist: „Auch ich weiß nicht, wie sich der Markt entwickelt. Die Kurse können in den nächsten Wochen und Monaten auch erst noch mal um 20 oder 30 Prozent fallen, bevor sie wieder steigen. Ob Sie dieses Risiko eingehen möchten, das müssen letztlich Sie entscheiden.“ Der Berater darf sich also nicht als allwissend präsentieren. Er muss den Kunden zudem explizit auf die Risiken hinweisen und darauf, dass er letztlich die Anlageentscheidung trifft. Wenn Sie als Berater so vorgehen, dann können Sie auch zurecht verärgerte Kunden wieder besänftigen und verlorenes Vertrauen wiedergewinnen.

Sich mental auf die Kundengespräche einstimmen

Dass solche Kundengespräche nicht leicht zu führen sind, ist klar. Entsprechend wichtig ist es, dass Sie sich als Berater eine Gesprächsstrategie haben – und zwar eine Strategie hinter der Sie auch inhaltlich voll stehen. Denn sonst wirken sie nicht authentisch und somit auch nicht glaubwürdig und erreichen mit Ihrem Anruf das Gegenteil der beabsichtigten Wirkung.

Doch selbst wenn Sie voll hinter Ihren Botschaften stehen, werden Sie immer mal wieder ein Magengrummeln verspüren, wenn Sie zum Telefonhörer greifen, um einen „Problemkunden“ anzurufen. Dann sollten Sie zunächst ein, zwei Kunden anzurufen, bei denen alles im grünen Bereich ist. Denn auch sie sind verunsichert. Hier kann der Gesprächseinstieg zum Beispiel lauten: „Herr Müller, ich vermute, dass Sie die aktuelle Finanzkrise auch verunsichert. Deshalb rufe ich Sie an, um Ihnen zu sagen, dass Sie sich keine Sorgen machen müssen. Ihr Geld ...“ Auch dies festigt die Kundenbeziehung. Und vielleicht sagt der Kunde im Gespräch ja: „Bei meinen Anlagen bei Ihnen ist alles in Butter, aber ich habe noch ein Depot bei ... Das bereitet mir Sorgen.“ Dann können Sie dem Kunden das Angebot unterbreiten. „Herr Müller, sollen wir uns mal zusammensetzen und überlegen, wie wir dieses Problem lösen?“

In der aktuellen Marktsituationen sollten Sie als Berater auch Mentaltechniken beherrschen, um sich selbst in eine gute Stimmung zu versetzen, wenn Sie mal schlecht drauf oder unsicher sind. Denn dies spürt der Kunde. Also schenkt er Ihnen auch kein Vertrauen. Oft helfen bei mentalen Durchhängerganz kleine Übungen. Zum Beispiel ein, zwei Minuten Grimassen schneiden, bevor man zum Telefonhörer greift. Oder an etwas Schönes denken, das man in den letzten Monaten erlebt hat, und dieses gedanklich nochmals durchleben. Sie werden sehen: Wenn Sie dies tun, verbessert sich Ihre Stimmung und somit Ihre Ausstrahlung fast automatisch.

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ZUM AUTOR
Über Ingo Vogel
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Ingo Vogel ist Verkaufs- und Rhetoriktrainer, Bestsellerautor und Top-Speaker. Er gilt als „der Experte für emotionale Verkaufsrhetorik“. Vor seiner Trainer- und Beratertätigkeit absolvierte er ein Ingenieur-Studium mit Prädikatsexamen ...
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