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Fachartikel, 03.04.2006
IT und Telekommunikation
Der MVNO – mehr als ein Discount-Anbieter?
In den letzten Monaten sind neue Unternehmen im Mobilfunkmarkt aufgetaucht, die als "Mobile Virtual Network Operator" (MVNO) bezeichnet werden - ein Beitrag von Dr. Jürgen Kaack über díeses neue Geschäftsmodell, dessen Dienste, Potentiale und Chancen im Markt.
Handelt es sich nur um ein Geschäftsmodell, um mit niedrigen Preisen neue Zielgruppen zu gewinnen, oder hat das MVNO-Modell mehr Potenzial? Gibt es eine Verbindung zu breitbandigen Diensten und kann ein MVNO Konvergenz-Dienste und Triple-Play fördern?

Der MVNO – ein neues Geschäftsmodell zwischen Carrier und Reseller

Der MVNO (Mobile Virtual Network Operator) ist eine neue Geschäftsform zwischen dem eigentlichen Netzbetreiber und dem Service Provider oder Reseller. Im Gegensatz zum Netzbetreiber betreibt der MVNO kein eigenes Accessnetzwerk mit eigenen Funkstationen. Mit dem Service Provider gemeinsam hat der MVNO die Infrastruktur zur Erfassung von Kundendaten, zur Erstellung von Rechnungen aus den CDRs (Call Data Records), das Inkasso und die Kundenbetreuung. Zusätzlich hat der MVNO die Möglichkeit, Kernnetz-Leistungen (z.B. Vermittlung, IN-Plattform, Kundenverwaltung, HLR (Home Location Register), Billing) selber zu betreiben oder vom Netzbetreiber zu mieten. Damit hat der MVNO die gleichen Möglichkeiten, Dienste zu gestalten, wie der Mobilfunknetzbetreiber selber. Für den Service Provider begrenzen sich die Gestaltungsmöglichkeiten auf die Umsetzung von Preismodellen, die auf der Basis der vom Carrier gelieferten Gesprächsdaten berechnet werden können.

Innerhalb der Wertschöpfungskette hat der MVNO neben der Vertriebsfunktion und der Kundenverwaltung auch die Dienstegestaltung und -produktion unter seiner Kontrolle. Für die Zuführung und Terminierung von Gesprächen arbeitet der MVNO mit Access-Netzbetreibern zusammen und kauft dieses Vorprodukt zu Interconnection-Konditionen ein, die in seine eigene Kalkulation als Kosten einfließen.

Heutige MVNO-Geschäftsmodelle – bessere Reseller?

Nach dem schon seit etlichen Jahren über die Möglichkeiten zur Erweiterung der Gestaltungsmöglichkeiten für Wiederverkäufer diskutiert wurde, sind seit 2004 die ersten MVNOs in Deutschland operativ tätig und bis Ende 2005 ist die Zahl der MVNOs deutlich angestiegen. Der Start wurde in 2004 von Tchibo zusammen mit e-plus gemacht und viele andere Discounter und kundennahe Dienstleister sind gefolgt (Payback, Aldi, demnächst vermutlich auch Lidl, ... ). Bei den meisten dieser Unternehmen handelt es allerdings eher um Reseller-Modelle als um „echte“ MVNOs. Die Wertschöpfungstiefe ist kaum größer als die Vertriebsstufe. Dies trifft auch für die von den vielen Service Providern in der Zwischenzeit gegründeten MVNO-Töchter zu (Simply, debitel light, Klarmobil ... ). Unter den Netzbetreibern ist insbesondere e-plus aktiv im MVNO-Geschäft mit seinem Tochterunternehmen simyo und der Eigenmarke base. Neben den aus dem engeren Service Provider-Geschäft entstandenen Unternehmen sind andere wie z.B. blau.de und EasyMobile.de als MVNO gestartet, auch Materna hat mit Vistream eine Tochtergesellschaft gegründet. Vistream sieht sich dabei eher als MVNE (Mobile Virtual Network Enabler), d.h. als Unterstützer für andere Unternehmen im MVNO-Umfeld und nicht als MVNO mit eigenem Endkundenvertrieb. Hierfür ist offensichtlich eine weitergehende Wertschöpfung als bei den Discount-MVNOs vorgesehen und der Betrieb eines eigenen Kernnetzes mit eigener Netzbetreiberkennzahl.

Wie im „klassischen“ Service Provider Geschäft gibt es auch für MVNOs die Möglichkeit, die Produkte als Prepaid- oder Vertragsangebote zu vermarkten. Die Möglichkeiten zur Kundenbindung und zur Zielgruppen-spezifischen Ausgestaltung sind mit Prepaid-Produkten i.d.R. deutlich geringer als mit Vertragskunden. Die erkennbaren Strategien der meisten Unternehmen zielen einerseits auf die Bindung der eigenen Bestandskunden in den bisherigen Tarifen mit scheinbar höherem Service durch ein abgegrenztes Discountangebot unter neuem Brand und andererseits auf die Erschließung neuer und besonders preissensibler Zielgruppen unter Inkaufnahme von Kannibalisierungs-Effekten. Folgerichtig sind die meisten Angebot als „No-Frills“-Produkte mit einfacher Tarifstruktur bis hin zur Flatrate ausgestattet und unterbieten sich gegenseitig in den Preisen.

In einem Markt, der sich der Sättigung nähert und gleichzeitig von relativ hohen Gesprächspreisen gekennzeichnet wird, kann eine solche Positionierung durchaus sinnvoll sein. Die etablierten Anbieter können mit der „Billigmarke“ zusätzliche Kundengruppen ansprechen, ohne das eigene Kerngeschäft zu gefährden, in dem die anspruchsvolleren Kunden mit höherem ARPU (Average Revenue Per User) und dem Bedarf an Kundenservice betreut werden. Für die Neueinsteiger ist das Discount-Modell ebenfalls auf den ersten Blick sinnvoll, da eine breite Zielgruppe undifferenziert angesprochen werden kann. Der Erfolg hängt hierbei allerdings stark von der Qualität des Kundenzugangs und der Größe der Zielgruppe ab, da das Angebot selber austauschbar ist. Mit „No-Frills“-Discountangeboten einen größeren Marktanteil zu erschließen, erscheint dagegen kaum möglich, so dass das Potenzial des reinen Discountanbieters in Deutschland wohl bald ausgeschöpft ist.

Von der Möglichkeit, als MVNO ein eigenes Kernnetz zu betreiben und dieses an verschiedene Access-Netze an zu binden, macht bislang kaum ein Anbieter Gebrauch. Stattdessen werden die MVNO-Vorprodukte der Carrier einschließlich der vorhandenen Kernnetze genutzt mit einem eigenen Brand versehen.. Mit besonderem Erfolg gelingt dies der e-plus Tochter simyo. Als MVNO mit höherer Wertschöpfung haben sich in der Vergangenheit Quam und Mobilcom aufgestellt in der Phase vor der Einführung eines eigenen UMTS-Netzes. Mit der Beendigung der UMTS-Pläne sind diese MVNO-Konzepte aber wieder vom Markt verschwunden.

Konvergenz-Dienste: Geschäftsmodell jenseits des Discount-Modells!

Damit ergibt sich die spannende Frage, welche weiteren Geschäftsmodelle mit dem MVNO-Modell grundsätzlich möglich sind. Da der MVNO im Gegensatz zum reinen Reseller ein eigenes Kernnetz betreibt, hat er weitgehende Möglichkeiten zur Ausgestaltung seiner Dienste. Für den Service Provider ist i.d.R. die Grenze bei der Gestaltung eigener Tarife erreicht, da er nicht über ein eigenes Kernnetz und insbesondere nicht über ein eigenes HLR (Home Location Register) verfügt, sondern „fertige“ Gesprächsdatensätze (CDRs – Call Data Records) vom Mobilfunknetzbetreiber geliefert bekommt und diese in seinem Billing nach eigenen Tarifmodellen bepreist.

Der „echte“ MVNO nutzt das Mobilfunknetz als Übertragungsstrecke und gestaltet eigene Dienste. Im Bereich der reinen Sprach- und SMS-Dienste ist dies vermutlich nicht unbedingt sinnvoll, aber im Bereich von Konvergenz-, Daten- und Mehrwertdiensten können damit innovative Lösungen umgesetzt werden. Dies setzt die Bereitschaft der Netzbetreiber voraus, einem anderen Unternehmen Zugriff auf interne Schnittstellen zu gewähren, so dass das Core-Netz des MVNO unabhängig von demjenigen des Mobilfunkbetreibers arbeiten kann.

Mit einem eigenen Kernnetz können Accessnetze unterschiedlicher Netzbetreiber an das Kernnetz angebunden werden. Im Festnetzbereich sind solche Geschäftsmodelle durch Broker wie z.B. EUTEX bereits erfolgreich umgesetzt, allerdings ohne den Zugang zu den verschiedenen Access-Netzen für die Gestaltung höherwertiger Dienste zu nutzen. Für den Kunden wird die Anbindung an mehrere Access-Netze zunächst nicht erkennbar, da der MVNO mit einer eigenen Netzbetreiberkennzahl arbeiten kann und damit aus Anwendersicht selber ein Netzbetreiber wie alle anderen ist. Neben Mobilfunknetzen können nationale Festnetze und internationale Netze angeschlossen werden. Damit wird die Umsetzung von Konvergenz-Diensten möglich, über die schon seit langem diskutiert wird, bislang aber ohne erfolgreiche Realisierung.

Der Nutzer von Konvergenzdiensten ist leichter erreichbar, ohne dass der Anrufer wissen muss, in welchem Netz der Angerufene unterwegs ist (das HLR des MVNO weiß das dafür immer!). Voicemail-Boxen und Online-Kalender lassen sich auf diesem Wege zusammen fassen in ein einheitliches System. Ein solcher - zunächst sicher eher für den Geschäftskunden ausgelegter Dienst – kann neben der Verwaltung von Nachrichten und Kalender die Online-Verwaltung aller Kontaktdaten übernehmen – unabhängig vom individuellen Endgerät und zugreifbar aus allen Netzen. Heute hat der durchschnittliche Telekommunikations-Nutzer 3-4 verschiedene und voneinander unabhängige Mailboxsysteme für Fest- und Mobilfunk mit unterschiedlichen Benutzeroberflächen. Für den Anrufer ist nicht ersichtlich, wann der Nutzer die für ihn bestimmte Nachricht erhält und verschickt seine Nachricht über verschiedene Kanäle. Der Angerufene hat daher häufig das „Vergnügen“, die gleiche Nachricht zeitversetzt in mehreren Systemen zu empfangen. E-mail und Fax kommen zusätzlich noch über andere Wege zum Empfänger. UMS (Unified Messaging System) könnte die Lösung sein. Allerdings erschweren die Anbindung und Weiterleitung über Netzgrenzen hinweg die Nutzung. Dies könnte eine Aufgabe für einen Mehrwertdienste-MVNO sein. Der im Konvergenz-Markt tätige MVNO kann natürlich ebenso IP-Netze anbinden und VoIP-Gateways zwischen IP-, Fest- und Mobilfunknetzen betreiben. Für den Nutzer wäre dies eine Innovation mit einem signifikanten Nutzen gegenüber der heutigen Situation.

Ob es sich für den MVNO aus wirtschaftlicher Sicht lohnt, viele unterschiedliche Netzbetreiber an zu binden und damit nicht nur die Investitionen für die Realisierung der Schnittstellen zu tätigen, sondern auch die Kosten für die Einrichtung mehrerer Anschlüsse für einen Kunden und die Interconnection-Kosten für die Nutzung zu übernehmen, hängt von dem jeweiligen Geschäftsmodell ab und letztlich von dem durch diesen Dienst generierten Nutzen. Der Aufwand für den MVNO und die durch den Zukauf von Carrierleistungen entstehenden Kosten müssen von dem Kunden des MVNO getragen werden und da das Angebot des MVNO im Wettbewerb zu den Angeboten aller anderer Marktteilnehmer steht, sollte ein innovativer Dienst nicht nur das Label „nice-to-have“ haben, sondern einen quantifizierbaren Nutzen generieren, der höher ist als die Erstellungskosten.

Als Betreiber eines Telekommunikations-Kernnetzes kann ein MVNO neben Access-Netzen auch Content-Provider (Inhalteanbieter und Medienunternehmen) für jede Art von Inhalten - von Informationsdiensten (z.B. individualisierte Wirtschafts- oder Sportnachrichten), über Online-Spiele bis zu Unterhaltung anbinden, ohne selber Inhalte zu erzeugen oder eine eigene Redaktion zu betreiben. In Verbindung mit Standortinformationen (location based services), die im Access-Netz erfasst werden, lassen sich die Informationen standort-abhängig aufbereiten. Das Angebot solcher Inhalte setzt ein intelligentes und aufwändiges Redaktionssystem beim Content-Provider voraus und auch hierbei gilt, dass der quantifizierbare Nutzen höher sein muss als die tatsächlichen Kosten. Für die Anbindung und Darstellung der verschiedenen Inhalte kann der neue IMS-Standard (IP Multimedia Subsystem) hilfreich sein. Die technischen Voraussetzungen für die Umsetzung sind somit gegeben.

Die Beispiele zeigen, dass der MVNO auch ohne eigenes Access-Netz weitgehende Möglichkeiten zur Dienstegestaltung hat. Der Zukauf der Übertragungsstrecken bedingt eine zusätzliche Handelsstufe und so liegt die Schlussfolgerung nahe, dass identische Dienste bei einem MVNO teuerer sein sollten als bei dem Netzbetreiber selber. Dies gilt grundsätzlich auch für den Typ des „Discount-MVNO“. Zur Kompensation werden beim MVNO Kosten eingespart durch die Reduktion der Komplexität (geringere Angebotsbreite durch Konzentration auf Sprache und SMS), verringerten Vertriebsaufwand durch Internetvertrieb ohne eigene Shops und reduzierte Kundenbetreuungsleistungen. Bei dem Discount-MVNO , der als Zweitmarke die Marktdurchdringung steigern oder das Wachstum auf Kosten der Wettbewerber fördern soll, gelten sicher zusätzlich noch andere Kalkulationsüberlegungen. Der enhanced-MVNO, der nicht auf die Discount-Schiene setzt, hat zwar eine höhere Flexibilität in der Dienstegestaltung, aber eben auch höhere Kosten, die von seinen Kunden getragen werden müssen!

Massenmarkt oder Nische?

Die Wirtschaftlichkeitsüberlegungen führen unmittelbar zu der Frage nach dem Zielmarktes für einen „enhanced-MVNO“. Spätestens seit der Öffnung der UMTS-Netze suchen die Anbieter nach Breitband-Applikationen für den Massenmarkt und aus Sicht des Autors sind die Anbieter heute noch genauso weit von der Entwicklung einer Killer-Applikation entfernt wie zu Beginn. Zwar gibt es breitbandige Anwendungen, aber die Nutzung findet noch keine hohe Marktdurchdringung. Auch die Versuche der großen Netzbetreiber, die Nutzung über mobile Online-Portale zu entwickeln, kann kaum als Erfolg angesehen werden. Vermutlich tragen diese Dienste eher zur Kosten- als zur Ergebnisseite der Anbieter bei.

Diese Problematik stellt sich natürlich in gleicher Weise für einen enhanced-MVNO. Damit bleibt nur die Schlussfolgerung, dass der Massenmarkt keinen geeigneten Zielmarkt darstellt. Der enhanced-MVNO muss Marktnischen erschließen, für die sein spezifisches Mehrwertdienste-Angebot einen quantifizierbaren Nutzen ergibt. Dies macht es erforderlich, dass der potenzielle Anbieter auf der Basis einer guten Kenntnis der Anforderungen seiner Zielgruppe gezielt Mehrwertdienste entwickelt. Je spezifischer die Dienste sind, desto kleiner wird i.d.R. die erreichbare Zielgruppe sein, so dass die Gestaltung des Geschäftsplans nicht einfach ist. Grundsätzlich gibt es bei der Segmentierung der Zielgruppen keine Einschränkungen. Es kann sich daher z.B. ebenso um die Zielgruppe der internationalen Geschäftsreisenden handeln, wie um die Mitarbeiter in einer spezifischen Branche, Anhänger einer speziellen Sportart oder eines speziellen Hobbys oder um ethnische Zielgruppen. Um aus der Geschäftsidee einen wirtschaftlichen Erfolg zu machen, muss die Anzahl der Zielgruppenvertreter, die Kaufkraft der Zielgruppe, die absehbare Häufigkeit der Nutzung und der jeweilige Nutzen aus der Dienstenutzung in einem realistischen Verhältnis zum Aufwand stehen.

Triple-Play Dienste, eine weitere Chance für den MVNO!

Triple-Play und das MVNO-Geschäftsmodell haben auf den ersten Blick nur wenig miteinander zu tun. Der MVNO erbringt als Kernleistung die Entwicklung, Vermarktung und das Inkasso für eigene Dienste und kann grundsätzlich auch Transaktionsdienste realisieren. Ein MVNO, der neben Mobilfunk- und Breitbandnetzen auch Inhalte-Anbieter anbindet, kann z.B. Video-on-Demand oder Videoconferencing anbieten, bzw. unter Verwendung der Informationen zum Standort des Nutzers (location based services) neuartige Inhalte z.B. im Bereich des Tourismus.

Das Mobilfunkgerät übernimmt dabei die Rolle eines Auswahl- und Steuerungsinstruments – quasi die Fernbedienung für triple-play Dienste. Die Nutzungsdaten können mithilfe des HLR erfasst werden und über die bestehende Vertragsbeziehung zusammen mit anderen Kommunikationsdienstleistungen abgerechnet werden. Die Abrechnung der Inhalte-Nutzung wird somit unabhängig von dem eigentlichen Wiedergabe-Gerät.

Ein Erfolgsfaktor wird neben der Attraktivität des verfügbaren Contents die Preisgestaltung sein - wie bei den meisten anderen Telekommunikationsdiensten auch. Ob hierbei eine Abrechnung „per use“ oder über definierte Pakete bis hin zu einer echten Flate-rate erfolgt, wird von den vereinbarten Einkaufskonditionen der Inhalte-Besitzer abhängen, von der Akzeptanz durch die Zielgruppe und nicht zuletzt von der Risikobereitschaft des MVNO. Die allgemeine Tendenz im Markt spricht für das Angebot von Paketen mit festen monatlichen Preisen, da diese für den Verbraucher am ehesten kalkulierbar sind und eine höhere Akzeptanz versprechen.

Wer profitiert vom MVNO-Geschäft?

Bei erfolgreicher Umsetzung eines value-added-MVNO profitieren grundsätzlich alle an dem Geschäftsprozess Beteiligten. Zunächst ist dies der Nutzer, der ein seinen Anforderungen entsprechendes Angebot bekommt. Für den Anbieter von Inhalten (Informationen und Unterhaltung) kann der MVNO eine attraktive Zweitverwertung eröffnen. Die Bereitstellung von Straßenkarten an dem jeweiligen Standort, Navigationsinformationen zu einem ausgewählten Ziel können ebenso zu solchen Inhalte gehören wie das Theater- oder Kinoprogramm (und entsprechende Vorschauen) von Veranstaltern an einem ausgewählten Ort. Regionale Nachrichten und aktuelle Fahrpläne für Nah- und Fernverkehr mit der Möglichkeit zur Buchung von Tickets runden ein solches Angebot ab. Da der MVNO vermutlich andere Zielgruppen anspricht als der Content-Provider selber oder zusätzliche Nutzungen durch bestehende Kunden generiert, dürften Kannibalisierungseffekte eher die Ausnahme sein. Ein solches Geschäftsmodell wird schwerpunktmäßig bei der Mobilität der Nutzer oder der Portabilität der Endgeräte ansetzen.

Auch für die Netzbetreiber sollte die Zusammenarbeit Vorteile bringen. Zwar dürften die Konditionen für die Übernahme der „Transportleistungen“ unter den Endkunden-Konditionen liegen. Auf der anderen Seite übernimmt der MVNO, ähnlich wie ein Reseller, die Akquisition und Verwaltung der Kunden und das Inkasso. Wichtiger dürfte allerdings sein, dass die Erbringung der Mehrwertdienste zusätzliches Nutzungsvolumen generiert, das ohne die Dienste des MVNO gar nicht anfallen würde. Der Fokus der Mobilfunkbetreiber liegt heute und wohl auch zukünftig bei generischen Diensten für den Massenmarkt. Insbesondere für die UMTS-Netzbetreiber sollte es daher von Interesse sein, mit MVNOs zusammen zu arbeiten, die Communities und ausgewählte Marktnischen bedienen.

Ausblick

Der enhanced-MVNO ist ein anspruchsvolles und komplexes Geschäftsmodell, dass genau geplant werden muss, um einen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen. Einige Erfolgsfaktoren in diesem Geschäft sind:

::: Detaillierte Kenntnisse zu den Anforderungen der Zielgruppen

::: Leichter Vertriebszugang zu den potenziellen Kunden

::: Verständnis für die Funktion von TK-Netzen und die Netzzusammenschaltung

::: Erfahrungen mit „make-or-buy“ Projekten und Outsourcing

::: Entwicklungs-Kompetenz für neue Dienste

::: Bestehende Kontakte zu Netzbetreibern und Content-Providern

::: Exakte Planung und Berücksichtigung potenzieller Risiken

::: Zugang zu Investoren zur Absicherung der Vorlaufinvestitionen

Bei der Vielzahl der möglichen Mehrwertdienste erscheinen Konvergenz-Dienste und ortsspezifische Dienste erfolgversprechend, z.B. Informationsdienste mit Angaben über den Standort des Nutzers (Location Based Services) zu kombinieren oder die Umsetzung von Unified Messaging, Directories und Kalenderfunktionen mit Zugriff über Netzgrenzen hinweg und unabhängig vom jeweiligen Endgerät. Die Fokussierung auf einzelne Zielgruppen und Communities begrenzt zwar den erreichbaren Markt, schafft aber die Voraussetzung zu einer engeren und langfristigeren Kundenbindung als im Discount-Modell. Bei aus der Sicht der Anwender höherem Nutzen sind dann auch höhere Preise durchsetzbar.

Offen ist dabei, ob die Mobilfunknetzbetreiber eine Kooperation auf der Core-Netzebene unterstützen und bereit sind, reine Transportleistungen zu vermarkten. Ebenso offen ist die Bereitschaft der Inhalteanbieter und Medienunternehmen, mit einem MVNO partnerschaftlich zusammen zu arbeiten und die Zweitverwertung von Inhalten zu unterstützen.

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Dr. rer. nat. Jürgen Kaack - Managing Director des Steinbeis Transferzentrum für integrierte Unternehmensführung
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