Wer sich mit Qualitätsmanagement beschäftigt, weiß, dass ein kritisches Hinterfragen nicht nur sinnvoll, sondern sogar zwingend erforderlich ist, um sich kontinuierlich weiterzuentwickeln und den Anforderungen des Marktes gerecht zu werden. Selbstbewertungen spielen hier eine entscheidende Rolle, denn auch wenn Unternehmensberatungen oft zu Beginn die Regie übernehmen und Strukturen schaffen, kann und muss das Unternehmen im Laufe der Zeit selbständig agieren.
Erfolgsfaktoren für Business Excellence
Seit Jahren beschäftigen Manager und Forscher sich mit der Frage, welche dauerhaft erfolgreiche Unternehmen auszeichnet. Eine aktuell am Lehrstuhl ISE/eurom der Ruhr-Universität Bochum durchgeführte Pilotstudie versucht diese Frage zu beantworten. 20 standardisierte Interviews wurden dazu in den Jahren 2006 und 2007 mit Preisträgern, Ausgezeichneten und Finalisten des Ludwig-Erhard-Preises durchgeführt. Als Grundlage diente eine der bekanntesten Studien „Immer erfolgreich“ von Collins & Porras (2005), in der Faktoren beschrieben werden, die von guten Leistungen zu unternehmerischen Spitzenleistungen führen sollen. Kerngedanke dieser Studie ist „Bewahre den Kern und fördere die Weiterentwicklung“ mit den drei entscheidenden Mechanismen Grundeinstellung, Weiterentwicklung fördern sowie Unternehmensphilosophie bewahren.
Mit Hilfe der besagten Interviews wurde untersucht, ob die von Collins & Porras beschriebenen Faktoren für Spitzenleistungen in Unternehmen vorhanden sind. Beim Ludwig-Erhard-Preis handelt es sich um einen jährlich vergebenen deutschen Qualitätspreis für Unternehmen, der für Spitzenleistungen im Wettbewerb vergeben wird. Bewertungsgrundlage ist dabei das EFQM-Modell für Excellence der European Foundation for Quality Management. Die Auswahl fiel auf diese Unternehmen, da sie nachweislich Spitzenleistungen erbringen und die Nachhaltigkeit des Erfolges nach Umsetzung des EFQM-Modells vielfach bestätigt wurde. Dabei wird Excellence folgendermaßen definiert: Überragende Vorgehensweise in der Führung, der Organisation und beim Erzielen von Ergebnissen. Laut Collins & Porras kennzeichnen visionäre Unternehmen weiterhin folgende Faktoren:
Die Untersuchung sollte sowohl Aufschluss über die Anwendbarkeit der Faktoren als auch über die Möglichkeit einer Empfehlung dieser Faktoren an Unternehmen auf ihrem Weg zu Spitzenleistungen geben.
Die Theorie von Collins & Porras
Die Theorie von Collins & Porras sieht als zentrale Aussage die Bewahrung einer Unternehmensphilosophie und die Förderung der Weiterentwicklung vor sowie eine Anzahl von Mechanismen, die dazu dienen, diese zentrale Aussage im Unternehmen umzusetzen. Weiterhin werden in Collins & Porras vier Grundeinstellungen formuliert, die dazu dienen, dem Unternehmen selbst die Fähigkeit zu geben, dieser Theorie zu folgen und es damit von einzelnen Unternehmensleitern unabhängiger zu machen.
Die Annahmen, die in dieser Studie beleuchtet werden sollten und als Grundlage der Analyse dienten, sind die Folgenden:
Hohe Werte erzielt
Die Unternehmen, die für diese Studie interviewt wurden, geben ein hohes Interesse an der Förderung der Weiterentwicklung ihrer Unternehmen und der Bewahrung ihrer Unternehmensphilosophien an. Sie zeigen insgesamt hohe Werte auf den zehn von Collins & Porras eingehend beschriebenen Faktoren. Demnach stimmen die Ergebnisse tendenziell mit denen der Studie „Immer erfolgreich“ von Collins & Porras überein.
Die im Rahmen des Ludwig-Erhard-Preis geforderten und in der Theorie Collins & Porras vorhandenen Faktoren „Unternehmensphilosophie“ und „Kontinuierliche Verbesserung“ sind in den befragten Unternehmen hoch ausgeprägt, was sich durch eine Betonung dieser Faktoren im EFQM-Modell, welches dem Ludwig-Erhard-Preis zugrunde liegt, erklärt.
Im Gegensatz dazu ergibt sich bei den Faktoren „RHZs“ und „Evolutionäre Weiterentwicklung“ ein kontrastreiches Bild; die befragten Unternehmen zeigen diese beiden Faktoren entweder ausgeprägt oder schwach bis gar nicht. Auf den beiden Faktoren „Sektenähnliche Kultur“ und „Langfristige Nachfolgeplanung“ zeigen die befragten Unternehmen sehr unterschiedliche, aber vergleichsweise hohe Indexwerte. Dies erlaubt die Annahme, dass auch diese Faktoren – in unterschiedlich starkem Ausmaß – in den befragten Unternehmen genutzt werden.
Auf allen vier in Collins & Porras beschriebenen Grundeinstellungen zeigen die befragten Unternehmen hohe Ausprägungen. Die Forschungsannahmen sind wie folgt durch diese Arbeit bestätigt worden:
Taste and Copy?
Sind Erfolgsfaktoren kopierbar? Lohnt es sich, die eigenen Leistungen mit denen besonders erfolgreicher Unternehmen zu vergleichen? Wieder einmal Fragen, denen sich Unternehmen stellen sollten und die eindeutig mit ja beantwortet werden können. Folgende Punkte – analog zu Collins & Porras – bieten eine gute Basis, sich im eigenen Unternehmen einmal intensiv mit nachgewiesenen Erfolgsfaktoren zu beschäftigen:
1. Unternehmensphilosophie
Alle untersuchten Unternehmen haben eine Philosophie in der Absicht formuliert, Leitlinien des Handelns festzulegen. Die Führungskräfte der Unternehmen thematisieren diese immer wieder und unternehmen große Anstrengungen, um diese Unternehmensphilosophie an die Mitarbeiter zu vermitteln.
2. Kontinuierliche Verbesserung
Die Unternehmen reinvestieren seit langem einen erheblichen Teil der Gewinne zur Sicherung der eigenen langfristigen Wachstumschancen.
3. Uhrmachermentalität
Die Unternehmen weisen eine ausgeprägte Kontinuität beim Wechsel der Führungsspitze und das Vorhandensein der Strukturen auf, die das „Weiterleben“ der Unternehmensphilosophie durch die Mitarbeiter sichern.
4. Umsetzung
Die Unternehmen sind ständig bemüht, Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Vermittlung der Philosophie stehen, zu entwickeln und zu verbessern. Die Konvergenz der eingeführten Maßnahmen wird sichergestellt.
5. Sektenähnliche Kultur
Die Unternehmen weisen zwar formelle und konkrete Indoktrinationsverfahren, üben allerdings kaum Konformitätsdruck aus und verstehen die Erzeugung des Elitebewusstseins eher als Bildung einer besonderen, nicht übergeordneten, Gemeinschaft.
6. Riskante, hochgesteckte Ziele
Nur wenige Unternehmen verwenden riskante und hochgesteckte Ziele zur Förderung der Weiterentwicklung des Unternehmens. Es werden eher anspruchsvolle Ziele gesetzt, die ausführlich durchgeplant sind.
7. Evolutionäre Weiterentwicklung
Die Unternehmen weisen ausgeprägte Ideenmanagementsysteme auf, streben aber nicht unbedingt eine möglichst große Variation der Produktpalette an, sondern setzten eher auf Stabilität und langfristige Produktplatzierung.
Es lohnt sich für Unternehmen durchaus, zu schauen, was andere, erfolgreiche Unternehmen tun. Zum eigenen Erfolg gehört es dann allerdings auch noch, diese Erfolgsfaktoren durchaus kritisch zu hinterfragen und auf die eigenen Bedürfnisse zuzuschneiden. Satt kopieren ist kapieren gefragt und statt nachmachen, besser weiterentwickeln, um so den individuellen Erfolgsweg zu gehen.