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Fachartikel, 19.08.2008
Ausbildung
Als Arbeitgeber den Berufseinstieg erleichtern
Mit dem Start ihrer Ausbildung beginnt für die meisten Jugendlichen ein neuer Lebensabschnitt. Entsprechend unsicher sind die Berufseinsteiger und Azubis. Denn sie kennen weder ihren neuen Arbeitgeber, noch ihre neuen Kollegen. Außerdem müssen sie sich in ein neues Umfeld einfinden, in dem zum Teil andere Verhaltensregeln als im Privatleben gelten. Dem sollten Arbeitgeber Rechnung tragen.
Mit Grauen erinnert sich Sven Ritter an den ersten Tag seiner Ausbildung zum Bürokaufmann. Wie im Schreiben seines Arbeitsgebers gewünscht, klopfte der damals 17-Jährige morgens Punkt 8.30 Uhr an die Tür zum Sekretariat des Inhabers eines Computergroßhandels. Doch als er der Sekretärin sagte, wer er sei und was er wolle, antwortete diese: „Der Chef ist nicht da. Der hat einen Termin außer Haus.“ Dann bat sie ihn auf einem Stuhl im Flur Platz zu nehmen.

Nach zwei Stunden rauschte endlich der Chef durch die Eingangstür herein. Für mehr als einen Händedruck hatte er keine Zeit. „Kümmern Sie sich um den jungen Mann“, sagte er zur seiner Sekretärin. Dann war er wieder verschwunden. Und Ritter? Der saß nun nicht mehr verloren im Flur, sondern beschäftigungslos neben der Sekretärin.

Ähnlich verstrichen die nächsten Tage. „Bis mein Chef für mich Zeit hatte, verging fast eine Woche“, erzählt Ritter. Motivierend wirkte dies auf den angehenden Bürokaufmann nicht. Noch tiefer sackte dessen Motivation, als ihm sein Chef im ersten Gespräch in epischer Breite erklärte, wie teuer das Ausbilden sei und dass er nur „aus sozialen Gründen“ ausbilde. „Spätestens da hätte ich am liebsten meine Sachen gepackt“, berichtet Ritter. Er tat es aber nicht. Er hielt durch und beendete im Frühjahr seine Ausbildung.

Das Ankommen erleichtern

Ähnlich unstrukturiert verlaufen oft die ersten Arbeitstage von frischgebackenen Azubis – speziell in Kleinbetrieben. „Viele junge Männer und Frauen machen die Erfahrung, dass ihr Arbeitgeber auf ihr Kommen nicht vorbereitet ist“, berichtet Personal- und Karriereberater Frank Adensam, Ludwigshafen. „Manchmal sollen die Berufseinsteiger gleich wie ‚alte Hasen’ mitarbeiten.“ Das führt oft dazu, dass sie sich vom ersten Tag an überfordert fühlen. „Und manchmal stehen sie nur nutzlos in der Ecke, was bei ihnen das Gefühl erzeugt: Ich werde nicht gebraucht.“

Häufig steckt dahinter, erläutert Berater Hans-Jürgen Wittig aus Pfungstadt, „keine böse Absicht. Die Verantwortlichen in den Betrieben versetzen sich einfach zu wenig in die Lage der jungen Leute.“ Für sie beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Entsprechend angespannt sind sie. Hunderte von Gedanken rasen ihnen durch den Kopf: Wie sind meine künftigen Kollegen? Werde ich akzeptiert? Kann ich die Aufgaben erfüllen? Hoffentlich mache ich keine Fehler. „Deshalb ist es wichtig“, so Wittig, der lange Gewerkschaftssekretär war, „den jungen Leuten eine gute Ankunft zu ermöglichen“ – auch aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen. „Denn vom ersten Eindruck hängt stark ab, wie sehr sich die jungen Leute mit ihrem Job und Arbeitgeber identifizieren.“

In Großunternehmen gibt es Einführungsprogramme

Das haben die meisten großen Unternehmen erkannt. Deshalb gibt es bei ihnen in der Regel spezielle Einführungsprogramme. In ihnen stellen sich die Unternehmen ihren neuen Mitarbeitern vor. Den Berufseinsteigern wird auch erläutert, wie solche Dinge wie die Zeiterfassung funktionieren. Und das Beantragen von Urlaub. Und wo man einen Schreibblock bekommt, wenn man einen braucht. Lauter Kleinigkeiten, die für altgediente Mitarbeiter selbstverständlich sind – für die Neuen nicht.

Erläutert wird den Berufseinsteigern zumeist auch, was ihrem Arbeitgeber bei der (Zusammen-)Arbeit warum wichtig ist. Zum Beispiel Genauigkeit und Zuverlässigkeit. Oder Eigenverantwortlichkeit. „Denn woher sollen die jungen Leute das wissen, wenn es ihnen keiner sagt?“, fragt Stefan Bald, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal.

Bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall zum Beispiel dauert die Einführungsphase für die jährlich rund 100 Auszubildenden zwei Wochen. Begrüßt werden die Azubis vom Personal- oder Vertriebsvorstand. Dann folgen drei Tage, die primär dem Kennenlernen des Unternehmens und des Arbeitsplatzes sowie der allgemeinen Information dienen. Danach nehmen die Azubis an einem zweitägigen Outdoortraining teil. Der Grund, so Ausbildungsleiter Oliver Niemeyer: „Unsere Azubis sollen sich und ihre Ausbilder intensiver kennen lernen, damit sie auch emotional bei Schwäbisch Hall ankommen.“ Das fördert die Identifikation mit dem Unternehmen.

In der zweiten Woche werden die angehenden Bankkaufleute im Ausbildungsbüro in die Software-Programme der Bausparkasse eingeführt. Auch ein Telefontraining steht nun auf dem Programm. Schließlich gehen bei Schwäbisch Hall täglich rund 14.000 Kundenanrufe ein. Ein weiterer Baustein der Einführung ist ein halbtägiger Benimm-Kurs. „Dabei geht es“, erklärt Niemeyer, „auch um scheinbar banale Dinge: Wie kleide ich mich angemessen? Wie verhalte ich mich, wenn ich von einem Kollegen etwas brauche? Wie und wann grüße ich Kollegen?“ Lauter Kleinigkeiten, die für berufserfahrene Mitarbeiter weitgehend selbstverständlich sind. „Berufseinsteiger“, so Niemeyer, „wissen aber vielfach noch nicht, dass in einem Unternehmen andere Verhaltensregeln als im privaten Umfeld gelten.“ Also sollte man es ihnen sagen. Viele Patzer oder Reibereien mit älteren Kollegen und Vorgesetzten können so vermieden werden.

In Kleinbetrieben ist die Begrüßung Chefsache

So aufwendige Einführungsprogramme wie Schwäbisch Hall und die meisten anderen Großunternehmen können Klein- und Mittelbetriebe nicht organisieren. „Das ist auch nicht nötig.“ Davon ist Betriebsberater Wittig überzeugt. „Kleinere und mittlere Betriebe haben nicht so komplexe Strukturen, und hier sind die persönlichen Kontakte zumeist direkter.“ Trotzdem sollten sich auch ihre Personalverantwortlichen überlegen: Was müssen wir tun, damit die jungen Leute sich nicht gleich am ersten Tag fragen: Wo bin ich hier gelandet?

Selbstverständlich sollte sein, dass der Chef den neuen Mitarbeiter begrüßt und willkommen heißt; des Weiteren, dass er oder ein von ihm beauftragter Mitarbeiter sich mindestens zwei, drei Stunden dafür Zeit nimmt, den Neuankömmling in den Betrieb einzuführen. Er sollte ihm das Unternehmen zeigen, die wichtigsten Abläufe erläutern und ihn den für ihn wichtigsten Personen vorstellen. Auch ganz praktische Dinge sollten besprochen werden. Zum Beispiel: Ist es im Betrieb üblich, dass Neue einen Einstand geben? Wie sind die Mittagspausen geregelt?

Mit viel mehr Informationen sollten Betriebe die Azubis am ersten Tag nicht belasten. Sinnvoller ist es, für den Folgetag ein weiteres Gespräch zu vereinbaren. Dann kann dem Azubi der Verlauf der Ausbildung im Betrieb erklärt werden und was das Unternehmen vom Azubi erwartet – „nicht nur in fachlicher Hinsicht, sondern auch bezüglich seines Arbeitsverhaltens und im Umgang mit Kollegen und Kunden“. Letzteres wird in Unternehmen oft nicht ausreichend getan, kritisiert Berater Bald . Die Folge: Die jungen Kollegen tappen ungewollt in Fettnäpfchen.

Informationen wohl dosieren

Klar sollte den Personalverantwortlichen sein: Die Neuen können sich die vielen Informationen, die in den ersten Tagen auf sie einprasseln, gar nicht merken. Deshalb empfiehlt Bald, die wichtigsten Dinge zu verschriftlichen und in einem Handbuch zusammenzutragen. Darin kann zum Beispiel stehen: Wie und wann ist Urlaub zu beantragen? Wie werden Informationen und Dokumente archiviert? Worauf ist beim Schreiben von Briefen zu achten? Ein solches Handbuch erspart Zeit, weil die Azubis seltener bei Kollegen nachfragen müssen. Es verhindert auch, dass bei ihnen der Eindruck entsteht: „Der Neue ist ein bisschen blöd. Jetzt habe ich ihm schon zig mal erklärt wie ... und er weiß es immer noch nicht.“

Bald empfiehlt auch einen Zeitplan zu erstellen, wer wann in den ersten Wochen dem Auszubildenden solche Dinge, wie die wichtigsten PC-Programme und das Ablagesystem erklärt. Dies stellt sicher, dass nichts vergessen wird und die nötigen Informationen in verdaubaren Happen serviert werden.

Einen weiteren Tipp hat Frank Adensam: Der Chef oder Ausbilder sollte sich in den ersten Monaten regelmäßig mit dem Azubi zusammensetzen und ihn fragen: „Was empfanden Sie bisher bei Ihrer Einarbeitung gut und was haben Sie vermisst?“ Anhand dieser Informationen können das Einarbeitungshandbuch und der Einarbeitungsplan ergänzt und optimiert werden, so dass die Einarbeitung beim nächsten Azubi noch besser gelingt.

Ähnlich wie beim Einarbeiten der Azubis sollten Unternehmen, so das Credo von Adensam, bei allen neuen Mitarbeitern verfahren. „Denn berufserfahrene Mitarbeiter brauchen zwar weniger Informationen, aber auch für sie beginnt ein neuer Lebensabschnitt.“

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