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Fachartikel, 24.05.2006
Gewerberecht
Rücktritt und Kündigung von Werkverträgen
Kann ein Werkvertrag durch Kündigung oder Rücktritt vorzeitig beendet werden und wie sind die Auswirkungen auf bereits erbrachte Leistungen?
Es handelt sich bei den aufgeworfenen Fragen um wesentliche Elemente des Werkvertragsrechts, denen aus praktischer Sicht hohe Bedeutung beizumessen ist und mit denen sich die Zivilgerichte sehr häufig auseinander setzen müssen.

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Ein Kündigungsrecht steht zunächst grundsätzlich beiden Vertragsparteien, d. h. sowohl dem Besteller als auch dem Unternehmer, zu.

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Das Kündigungsrecht des Bestellers ist im Vergleich zu dem des Unternehmers aber wesentlich weiter gefasst und unterliegt keinerlei Einschränkungen. Der Besteller kann ab Vertragsschluss jederzeit, ohne Fristsetzung und ohne Angaben von Gründen, bis zur Vollendung des Werkes den Vertrag kündigen. Dies gilt sogar dann, wenn nur noch die Beseitigung behebbarer Mängel ausstehen. Der Besteller muss auch grundsätzlich keine Kündigungsfristen einhalten, es sei denn, es handelt sich um fortlaufende Werkleistungen.

Kündigungsmöglichkeiten des Unternehmers sehr eingeschränkt

Kommt der Besteller beispielsweise seinen Mitwirkungspflichten nicht oder nicht ausreichend nach, so kann der Unternehmer dem Besteller zur Nachholung der Handlung eine angemessene Frist mit der Erklärung aufgeben, dass er den Vertrag kündige, sofern die Handlung nicht bis zum Ablauf der Frist vorgenommen wird. Wird die Mitwirkungshandlung nicht innerhalb der Frist nachgeholt, so gilt der Vertrag ohne weitere Erklärung als aufgelöst. Dies stellt kein allgemeines Recht des Unternehmers zur fristlosen Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund dar. Das Gesetz gewährt dem Unternehmer aber zumindest die Möglichkeit, eine Vertragsbeendigung zu erreichen.

Ein weiteres Auflösungsrecht für den Unternehmer kann aus der Störung bzw. dem Wegfall der Geschäftsgrundlage erfolgen, sofern dem Unternehmer die weitere Erfüllung unzumutbar ist. Ein Kündigungsrecht ergibt sich bei Unzumutbarkeit der Fortsetzung nur, sofern es sich bei dem Vertrag um ein Dauerschuldverhältnis handelt, was bei einem längerfristigen Wartungsvertrag oder ähnlichem anzunehmen ist. Bei längerfristiger Zusammenarbeit zwischen Besteller und Unternehmer besteht sogar ein Kündigungsrecht des Unternehmers aus wichtigem Grund, sofern die Vertragsfortsetzung dem Unternehmer nicht zuzumuten ist.

Der Grund für die unterschiedlich stark ausgestalteten Kündigungsmöglichkeiten der beiden Vertragsparteien liegt darin, dass die Interessen des Bestellers anders sind, als die des Unternehmers.

Der Besteller hat großes Interesse an der Herstellung des Werkes, während der Unternehmer an der Vergütung interessiert ist und nicht so sehr an der Herstellung des Werkes. Die Kündigung des Bestellers schädigt daher den Unternehmer nicht, da er die vereinbarte Vergütung nach Ausspruch der Kündigung verlangen kann und somit nicht schlechter steht.

Der Vergütungsanspruch des Unternehmers ist nach der Kündigung des Vertrages durch den Besteller auf die Differenz zwischen der vereinbarten Vergütung und den, infolge der Vertragsaufhebung ersparten, Aufwendungen bzw. durch anderweitigen Ersatz der Arbeitskraft erzielten und der böswillig nicht erzielten Erlöse gerichtet.

Es sind also die erbrachten und nicht erbrachten Leistungen des Unternehmers voneinander abzugrenzen und getrennt abzurechnen.

Die erbrachten Leistungen sind ganz regulär in Ansatz zu bringen, da der Unternehmer seine Pflichten dahingehend erfüllt hat und die Kündigung des Bestellers den Vertrag nur für die Zukunft aufhebt, ihn aber als Rechtsgrund für in der Vergangenheit erbrachte Leistungen bestehen lässt. Soweit die erbrachten Leistungen des Unternehmers mangelhaft sind, stehen dem Besteller im Umkehrschluss auch die allgemeinen Gewährleistungsrechte zu. Die bis zur Kündigung noch nicht erbrachten Leistungen sind, nach Abzug der ersparten Aufwendungen und des anderweitigen Erwerbs, abzurechnen.

Ersparte Aufwendungen sind solche, die der Unternehmer bei Ausführung des Vertrages hätte machen müssen, wegen der Kündigung aber nicht mehr macht. Diese ergeben sich aus den Vertragsunterlagen unter Berücksichtigung der Kalkulation. Es handelt sich dabei etwa um projektbezogene Herstellungs- und variable Gemeinkosten, auch ein Risikozuschlag ist dazu zu zählen, wenn sich das Risiko nicht verwirklicht. Als anderweitige Verwendung der Arbeitskraft sind später anfallende Arbeiten anzusehen, wenn infolge der Kündigung bereits vorhandene Aufträge vorgezogen wurden. Für die böswillige Unterlassung anderweitigen Erwerbs genügt es, dass der Unternehmer einen zumutbaren Ersatzauftrag ausschlägt. Den Ersatzauftrag kann auch der kündigende Besteller nachweisen.

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Der Besteller kann unter Umständen auch vom Vertrag durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer zurücktreten.

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Bei dem Rücktrittsrecht des Bestellers handelt es sich um ein werkvertragliches Gewährleistungsrecht. Dies setzt voraus, dass das Werk mit einem Sach- bzw. einem Rechtsmangel behaftet ist und der Besteller dem Unternehmer zunächst eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzt. Dieser so genannte Nacherfüllungsanspruch ist daher grundsätzlich vorrangig. Es bedarf einer solchen Fristsetzung nur in Ausnahmefällen nicht, etwa wenn der Unternehmer die Nacherfüllung verweigert, sie fehlgeschlagen ist oder dem Besteller eine solche nicht zuzumuten ist. Die Unzumutbarkeit der Nacherfüllung liegt insbesondere dann vor, wenn aus Sicht des Bestellers, aufgrund objektiver Umstände, das Vertrauen auf ordnungsgemäße Durchführung der Mängelbeseitigung erschüttert ist. Der erklärte Rücktritt ist unwiderruflich. Er schließt aber nicht aus, parallel auch einen Schadenersatzanspruch geltend zu machen. Diese beiden Gewährleistungsrechte stehen also nebeneinander.

Die Erklärung des Rücktritts gestaltet das Vertragsverhältnis in ein Abwicklungsschuldverhältnis um, weshalb man beim Rücktrittsrecht von Gestaltungsrecht spricht. Er erstreckt sich auf den Vertrag im ganzen und befreit sowohl den Besteller als auch den Unternehmer von der Leistungspflicht. Die Leistungen sind dem jeweiligen Vertragspartner zurück zu gewähren. Sie schulden sich also aus dem Rückgewährschuldverhältnis die jeweils empfangenen Leistungen. Soweit der Besteller (wie zumeist) das Werk nicht zurückgeben kann, was beispielsweise bei Reparaturarbeiten an einem Haus der Fall ist, hat er zwar an sich Wertersatz zu leisten, er haftet jedoch nur insoweit, als er objektiv bereichert ist. Dies gilt insbesondere, wenn Verschlechterung oder Untergang des Teilwerkes auf dem Mangel beruhen, weswegen er den Rücktritt überhaupt erst erklärt hat. Auch sind die tatsächlich gezogenen Nutzungen herauszugeben. Nutzungen sind Früchte, Gebrauchsvorteile und die durch Geldleistung des anderen Teils ersparten Schuldzinsen. Der Unternehmer hat dem Besteller nach erklärtem Rücktritt die vom Besteller bereits geleisteten Anzahlungen zurück zu gewähren. Der Besteller hat demnach einen Anspruch auf Rückzahlung des kompletten Werklohns.

Abschließend stellt man bei der Gegenüberstellung des Rücktrittsrechts auf der einen und des Kündigungsrechts auf der anderen Seite fest, dass beide Tatbestände zu einer Beendigung des Werkvertrages führen, zumindest werden die Vertragsparteien von ihrer Leistungspflicht befreit. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass es sich beim Rücktrittsrecht des Bestellers um ein Gewährleistungsrecht handelt, welches die Mangelhaftigkeit der erbrachten Werkleistung voraussetzt, mithin muss eine Pflichtverletzung des Unternehmers vorliegen. Dieser darf seine Leistung nicht in einwandfreiem Zustand erbracht haben.

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Das Kündigungsrecht des Bestellers ist an solche Voraussetzungen nicht geknüpft.

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Es kann ohne weiteres erklärt werden. Dieser wesentliche Unterschied wird dann auch bei der Auseinandersetzung der Vertragsparteien berücksichtigt. Bei der Kündigung muss der Besteller die Vergütung zahlen. Es sind nur ersparte Aufwendungen abzurechnen. Beim Rücktritt vom Vertrag sind die empfangenen Leistungen vollständig zurück zu gewähren. Die Vergütung verbleibt also nicht beim Unternehmer. Dies wäre auch ungerecht, da der Unternehmer ein mangelhaftes Werk (Teilwerk) errichtet hat und somit seiner vertraglichen Verpflichtung nicht nachgekommen ist.

Im Falle der Kündigung hat er dagegen seine Pflichten nicht verletzt. Es bleibt festzuhalten, dass die Umstände des Einzelfalles von entscheidender Bedeutung sind und insbesondere der Besteller aber auch der Unternehmer sich genau überlegen sollten, wie und was sie aufgrund welcher Umstände erklären, da die gestaltende Wirkung nicht mehr umkehrbar ist und dies ggfs. dazu führt, dass einem Rechte verwehrt werden.

Stand: 09.02.2006
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