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Kolumne
Beraten und verkauft, 11.05.2010
Werteorientierung
Werte ja, doch bitte nicht auf Kosten des Gewinns
Werteorientierung – so heißt ein neues Zauberwort in der Beraterzunft. Ganze Heerscharen von Beratern stürzen sich aktuell auf dieses Thema, weil sie vermuten: Hier ist ein Markt. Allen voran in der Finanzwirtschaft.
Viele Banken und Versicherungen mussten in den vergangenen ein, zwei Jahren registrieren: Wir haben im Zuge der Finanzkrise das Vertrauen unserer Kunden verloren. Weil wir ihnen zuvor alle möglichen „Ramschprodukte“ aufschwatzten, die uns eine hohe Rendite brachten, glauben sie uns heute kein Wort mehr. Entsprechend brüchig sind unsere Kundenbeziehungen, und entsprechend schwer fällt uns das Verkaufen. Also suchten die Finanzdienstleistungsunternehmen nach einem Ausweg. Dabei entdeckten sie das Thema Werte als Instrument, um ihr angeknackstes Image aufzupolieren.

Entsprechend starteten viele Finanzdienstleister in den zurückliegenden ein, zwei Jahren Trainingsprogramme zum Thema „werteorientierter Verkauf“. In ihnen soll den Vertriebsmitarbeitern die Kompetenz vermittelt werden, in den Kundengesprächen zunächst zu ermitteln, welche Werte und Einstellungen die Kunden haben, um ihnen anschließend nur Produkte anzubieten, die ihrem Wertesystem entsprechen. Der Kunde als Mensch soll also im Zentrum des Beratungsgesprächs stehen – und nicht das Ansinnen, möglichst hohe Erträge zu erzielen. Soweit die Theorie – oder genauer gesagt: die Ideologie. Denn faktisch haben die Banken nach der Finanzkrise ihr Tun nicht hinterfragt. Sie veränderten nur ihre Verkaufsstrategie beziehungsweise -taktik. Und in ihren Trainings zum Thema „werteorientierter Verkauf“ geht es letztlich nur darum, dass ihre „Kundenbetreuer und -berater“ ihre Verkaufsgespräche anders aufbauen und ihre Verkaufsargumentation „individueller“ gestalten.

Das zeigt sich meist schnell, wenn man mit den Verantwortlichen bei den Finanzdienstleistern über die Trainingsprogramme spricht und nachfragt: Worin zeigt sich denn die Werteorientierung im Verkauf konkret? Darin, dass ihr Haus gewisse (komplexe) Finanzprodukte erst gar nicht mehr in sein Produktportofolio aufnimmt, weil die Kunden bei diesen unterm Strich eigentlich nur verlieren können? Oder darin, dass sie weniger Vertriebskampagnen fahren, in denen sie gezielt ein Produkt puschen und versuchen dieses – überspitzt formuliert – allen Kunden zu verkaufen? Oder darin, dass ihre Kundenbetreuer und -berater die Kunden in den Beratungsgesprächen eigeninitiativ darauf hinweisen, welche Provision ihr Unternehmen beim Verkauf gewisser Produkte erhält? Dann werden die (Personal- und Vertriebs-)Verantwortlichen meist recht still. Denn eine „Werteorientierung“ ist zwar schön und gut, aber man sollte es mit den Werten – solange sich diese nicht in Euro und Cent messen lassen – auch nicht übertreiben.

Den Widerspruch zwischen „verkündetem Anspruch“ und „konkretem Tun“ spüren neben den Mitarbeitern der Banken und Versicherungen auch deren Kunden. Deshalb ist die Prognose nicht gewagt: Die Trainingsprogramme zum Thema Werteorientierung werden eine so „nachhaltige Wirkung“ haben, wie die Trainingsprogramme, die in den Jahren zuvor zu den Themen „ganzheitliche Beratung“ und „Der Verkäufer als Beziehungsmanager“ stattfanden – nämlich keine. Denn faktisch interessieren sich die Banken und Versicherungen trotz all ihres „Geschwätzes“ über das Thema Werte nicht für ihre Kunden als Person. Was zählt ist „Cash“. Sie suchen nur einen Hebel, um das verlorene Vertrauen der Kunden wieder zu gewinnen und mit ihnen wieder höhere Erträge zu erzielen.
ZUM KOLUMNIST
Über Bernhard Kuntz
Bernhard Kuntz ist ein ausgewiesener Kenner des Bildungs- und Beratungsmarkts aufgrund seiner Tätigkeit als Redakteur des Fachmagazins 'management & seminar' (1989 bis 1992) und seiner über 15-jährigen Arbeit als Fachjournalist für Personal- und ... mehr
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