Ein Kokon ist ein Gehäuse, das die Larven verschiedener Insekten anfertigen, um sich zu verpuppen. Die Trendforscherin Faith Popcorn hat daraus Mitte der 1980-Jahre den Begriff „Cocooning“ abgeleitet. Gemeint ist der Rückzug in die eigene Schutzhülle: Die Menschen ziehen sich aus der Gesellschaft zurück, bleiben lieber in ihrem Schutz bietenden Schneckenhaus, grenzen sich ab, spinnen sich in einem Kokon ein. Das Internet verleiht diesem Lebensgefühl auf geradezu geniale Art und Weise Ausdruck – und ermöglicht es zugleich. Der Mensch zieht sich in seine eigene Welt und die eigenen vier Wände zurück – und hat die Welt doch bei sich zu Hause im Wohnzimmer.
Kunden im Internet abholen
Das Internet hat sich zu einem quasi natürlichen Lebensraum des Menschen entwickelt. Es ist weniger Schutzhülle, sondern ein Raum, in dem sich Menschen informieren, verwirklichen, ja: in dem sie leben – und Kaufentscheidungen treffen.
Die KOKON-Strategie kommt dem menschlichen Bedürfnis entgegen, sich im Internet nicht nur zu informieren – und immer öfter auch zu kaufen. Doch das ist noch nicht in jedem Fall selbstverständlich: Viele Kunden erkundigen sich im weltweiten Netz nach einer Versicherung, recherchieren den nächsten Urlaubsort, halten Ausschau nach einer renditestarken Finanzanlage – und ziehen es gerade bei solch sensiblen Themen wie Versicherungen und Finanzfragen dann doch vor, in der realen Welt das Versicherungsbüro, den Finanzdienstleister oder das Reisebüro aufzusuchen und dort abzuschließen.
Brachliegende Umsatzpotenziale nutzen
Online informieren, offline kaufen – diese Hybridkäufe gehören (noch) zur Normalität. Nehmen wir das Beispiel „Versicherungen“: Im Jahr 2011 waren es nach dem Branchenbericht „Versicherungen“ der Arbeitsgemeinschaft Online Forschung (AGOF) fast 14 Millionen Menschen, die sich im Internet über Versicherungen informiert haben. Aber nur 4,12 Millionen Menschen suchen Informationen rund um Versicherungen online und kaufen dann auch die entsprechenden Produkte im Internet. Mit anderen Worten: Allein hier liegt ein Umsatzpotenzial von fast 10 Millionen Kunden brach.
Dieses Verhalten hat vor allem damit zu tun, dass der Kunde ein wenig paradox denkt: Er will die Distanz und in seinem Kokon sitzend Informationen sammeln. Zugleich wünscht er ab einem bestimmten Zeitpunkt zudem die Nähe zu einem Berater – ob dies nun der Versicherungsberater, der Reisebüromitarbeiter oder der Finanzberater ist –, weil er konkrete und komplexe Fragen hat und eine persönliche und individuelle Beratung von Mensch zu Mensch benötigt.
Internetseite mit Sogwirkung
Hier kommt die Online-Beratung ins Spiel: Der Kunde loggt sich über die Internetseite des Beraters auf dessen Bildschirm ein. Parallel dazu findet ein Telefonat statt – die Interaktion kann beginnen. Kunde und Berater kommunizieren miteinander in Echtzeit: per Bildschirm, Tastatur und Telefon.
Die Online-Beratung ist das Kernstück der KOKON-Strategie. Nachfolgend die Phasen kurz am Beispiel eines Immobilienberaters:
In der Phase 1 sitzt Martin Musterkunde in seinem Kokon und surft im Internet. Er stößt auf die Homepage des Beraters (oder des Unternehmens, für das dieser arbeitet) – dessen intelligentes Netzwerkmarketing hat dazu geführt, dass seine Website bei Google und anderen Suchmaschinen beim Suchwort „Unabhängige Immobilienfinanzierung“ ganz oben platziert ist.
Weil der Berater Herrn Musterkunde auf der Website mithilfe eines Podcasts über seine Dienstleistung informiert, bleibt dieser auf der Seite. Der Kunde ist begeistert davon, dass er über das Podcast und das PDF „Zehn Tipps für Ihren erfolgreichen Immobilienkauf“ kostenlos nutzenwerte Informationen erhält. Dafür ist er bereit, seine E-Mailadresse zu hinterlassen.
Die Folge: Jetzt kann ihm der Immobilienberater immer wieder hilfreiche Informationen zusenden. Die Internetseite des Beraters übt eine unwiderstehliche Sogwirkung auf den Kunden aus.
Online Termin vereinbaren
In Phase 2 kommt schließlich der große Moment: Über den Online-Terminkalender wird ein Beratungstermin vereinbart. Und natürlich bestätigt der Berater den Termin mit einer automatischen Antwortmail.
Das heißt: Immer noch ist es nicht zu einem persönlichen Kontakt zwischen Martin Musterkunde und dem Berater gekommen. Bisher kommunizieren lediglich der PC des Kunden und die Berater-Website miteinander. Aber die Marketingmühle des Immobilienberaters setzt sich immer rascher in Bewegung: Der Kunde erhält zum Beispiel – immer vorausgesetzt, er wünscht dies – in einem bestimmten zeitlichen Rhythmus einen Newsletter mit nutzenwerten Immobilien-Informationen oder einen Beratungsbrief. Wichtig ist, dass der Berater den Kontakt zu Martin Musterkunde nicht abreißen lässt und kontinuierlich neue Impulse setzt.
Persönliche Beratung von PC zu PC
Jetzt kann die Online-Beratung beginnen. Dem Immobilienberater muss es nun gelingen, trotz der Entfernung von PC zu PC ein persönliches und emotional positiv besetztes Vertrauensverhältnis zu Martin Musterkunde aufzubauen. Dazu stehen ihm onlinespezifische Beratungsinstrumente zur Verfügung: