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Fachartikel, 10.02.2009
Lohnpfändung
So machen Sie als Arbeitgeber alles richtig
Das Jahr 2009 wird voraussichtlich einen Rekord an Privatinsolvenzen mit sich bringen. Die traurige Folge für viele Arbeitgeber: Die Zahl der Lohnpfändungen wird sprunghaft steigen. Eine Lohnpfändung ist für Arbeitgeber jedoch immer eine heikle Situation, die schnelles und vorschriftsmäßiges Handeln erfordert.
Wenn Ihnen als Arbeitgeber ein Pfändungsbeschluss ins Haus flattert, müssen Sie umgehend reagieren. Machen Sie einen Fehler, geht dies nach der gängigen Rechtsprechung stets zu Ihren Lasten. Denn grundsätzlich gilt: Landet ein Pfändungsbeschluss bei Ihnen, sind Sie an den Beschluss gebunden.

Die Konsequenz: Ab der Zustellung des Pfändungsbeschlusses ist es Ihnen verboten, den gepfändeten Betrag des Arbeitseinkommens an Ihren Mitarbeiter auszuzahlen. Für den gepfändeten Lohnanteil ist nunmehr der Gläubiger der berechtigte Empfänger. Er kann Sie sogar verklagen, wenn Sie nicht freiwillig an ihn zahlen.

Mehr noch: Von Ihnen wird verlangt, dem Gläubiger Ihres Mitarbeiters Auskunft zu erteilen. Sie müssen den Gläubiger über alle bestehenden Ansprüche Ihres Mitarbeiters unterrichten (= Drittschuldnererklärung).

Ihre Auskunft muss dem Gläubiger Ihres Mitarbeiters innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zugehen. Dies ist eine lästige Aufgabe, die Ihrer Lohnbuchhaltung Zeit raubt. Aber: Entscheidend ist, dass Sie die zu pfändende Lohnsumme genau ermitteln. Dabei gehen Sie in 4 Schritten vor:

1. Schritt: Das pfändbare Arbeitseinkommen ermitteln

Im ersten Schritt müssen Sie das pfändbare Arbeitseinkommen Ihres Mitarbeiters ermitteln.  Zum Arbeitseinkommen gehören alle nach § 850 ZPO in Geld zahlbaren Lohnbestandteile, die Ihrem Mitarbeiter aus dem Arbeitsverhältnis zustehen. Zu den Lohnbestandteilen gehören beispielsweise

  • alle Einnahmen, deren Grundlage jetzige oder frühere Arbeitsleistungen waren,
  • Akkordlöhne,
  • Zeitlöhne,
  • Provisionen,
  • Gewinnbeteiligungen,
  • Gratifikationen,
  • Entgelt für Bereitschaftsdienste,
  • Entgelt für Rufbereitschaft,
  • Erfolgsbeteiligungen,
  • Prämien,
  • rückständiger Lohn,
  • Nachzahlungen auf Grund von Lohnerhöhungen,
  • Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall,
  • Sozialplanabfindungen und andere Abfindungen,
  • Übergangsgelder,
  • Urlaubsabgeltung wegen Ausscheidens aus dem Betrieb,
  • außertarifliche oder tarifliche Zulagen,
  • Zuschläge.

2. Schritt: Das Nettoarbeitseinkommen berechnen

Im 2. Schritt ist das Nettoarbeitsentgelt Ihres Mitarbeiters zu ermitteln. Das ist wichtig, weil nur das Nettoeinkommen pfändbar ist und nicht etwa bereits das Bruttoarbeitsentgelt. Hierbei sind zunächst die vermögenswirksamen Leistungen und etwaige Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung Ihres Mitarbeiters abzuziehen. Dabei ist wieder der Bruttoarbeitslohn die maßgebliche Größe, von der Sie diese vermögenswirksamen Leistungen abziehen müssen.

Völlig unpfändbar – und damit ebenfalls vom Bruttoarbeitsentgelt abzuziehen – sind folgende in § 850a ZPO aufgeführten Bezüge:

  • Lohn- und Kirchensteuer, § 850e Nr. 1 ZPO,
  • Solidaritätszuschlag, § 850e Nr. 1 ZPO,
  • Sozialversicherungsbeiträge Ihres Mitarbeiters, § 850 Absatz 2, Nr. 1 ZPO,
  • 50% der für die Leistung von Mehrarbeitsstunden gezahlten Teile des Arbeitseinkommens. Bei den Mehrarbeitsvergütungen ist nicht nur der Zuschlag, sondern der gesamte für die Überstunden gezahlte Lohn zur Hälfte unpfändbar, § 850a Nr. 1 ZPO,
  • Urlaubsgeld, also das für die Dauer eines Urlaubs über das Arbeitseinkommen hinaus gewährte Entgelt, Urlaubszuschuss, § 850a Nr. 2 ZPO,
  • Zuwendungen aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses (Betriebsjubiläum) und Treuegelder, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen, § 850a Nr. 2 ZPO,
  • Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und sonstige soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen, § 850a Nr. 3 ZPO,
  • das Entgelt für selbst gestelltes Arbeitsmaterial, Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen, § 850a Nr. 3 ZPO,
  • Tage- und Übernachtungsgelder in einer Höhe, wie sie die Lohnsteuer-Richtlinien als steuerfreie Pauschalbeträge anerkennen,
  • Weihnachtsvergütungen bis zum Betrag der Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, höchstens aber bis zum Betrag von 500 €, § 850a Nr. 4 ZPO,
  • Heirats- und Geburtsbeihilfen, sofern die Vollstreckung wegen anderer als der aus Anlass der Heirat oder der Geburt entstandenen Ansprüche betrieben  wird, § 850a Nr. 5 ZPO,
  • Erziehungsgelder, Studienbeihilfen und ähnliche Bezüge, § 850a Nr. 6 ZPO,
  • Sterbe- und Gnadenbezüge aus Arbeits- oder Dienstverhältnissen, § 850a Nr. 7 ZPO,
  • Blindenzulagen, § 850a Nr. 8 ZPO.

Unpfändbar sind auch

  • das Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) und
  • Beiträge, die Sie als Arbeitgeber zur betrieblichen Altersversorgung an eine Pensionskasse zahlen, § 850 Absatz 2 ZPO.

3. Schritt: Den pfändbaren Betrag ermitteln

Im 3. Schritt müssen Sie als Arbeitgeber den pfändungsfreien Betrag des Nettoeinkommens Ihres Mitarbeiters ermitteln. Jetzt kommen die amtlichen Lohnpfändungstabellen zum Zuge. Sie nennt Ihnen die pfändbaren Einkommensbeträge für einen Mitarbeiter mit und ohne gesetzliche Unterhaltspflichten. Die Pfändungsgrenzen sind in § 850c ZPO geregelt:

  • Pfändungsfrei ist zunächst ein Grundfreibetrag in Höhe von 989,99 € monatlich.
  • Dieser Betrag erhöht sich für jede Person, der Ihr Mitarbeiter kraft Gesetzes Unterhalt zu gewähren hat und gewährt.
  • Übersteigt das Arbeitseinkommen den Betrag, bis zu dessen Höhe es – gemessen an der Zahl der Personen, denen Ihr Mitarbeiter Unterhalt gewährt – nach den eben genannten Pfändungsgrenzen unpfändbar ist, so ist es hinsichtlich des überschießenden Betrags zu einem Teil unpfändbar. Der monatlich 3.020,06 € übersteigende Teil des Nettoeinkommens Ihres Mitarbeiters ist somit voll pfändbar.

4. Schritt: Den pfändbaren Betrag auszahlen

Wenn Sie den pfändbaren Teil des Nettoarbeitseinkommens Ihres Mitarbeiters ermittelt haben, müssen Sie den so ermittelten Betrag an den Gläubiger Ihres Mitarbeiters überweisen bzw. auszahlen. Ihr Mitarbeiter erhält nur noch den unpfändbaren Betrag seines Nettolohns ausgezahlt. Sie sehen, das Thema Lohnpfändung ist und bleibt spannend. Und es kommt eben entscheidend darauf an, dass Sie als Arbeitgeber alles richtig machen.

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