Der angestrebte Idealzustand wurde wie folgt beschrieben:
732 (Lean-)Manager befragt
An der Befragung nahmen branchenübergreifend 732 Führungskräfte und Projektmanager aus Deutschland, Österreich und der Schweiz teil. Von ihnen beurteilten die meisten das gesamte Unternehmen (33 %) oder einen Standort von ihm (34 %). Der Rest betrachtete einen Bereich. Von den betrachteten Unternehmen und Unternehmenseinheiten hatten knapp 40 Prozent 200 bis 999, 20 Prozent 1000 bis 4999 und 7 Prozent sogar mehr als 5000 Mitarbeiter. Die meisten Unternehmen waren bereits recht „lean-erfahren“. 30 Prozent von ihnen sind seit 2 bis 4 Jahren im Lean-Bereich aktiv; 32 Prozent sogar seit 5 bis 9 Jahren.
Die Studienergebnisse im Detail
Ebene 1: Vision, Strategie, Ziele, Kundenfokus
Die Befragungsergebnisse zeigen: Vielen Unternehmen fällt es bereits schwer, eine Vision in ihrer Organisation zu etablieren, „auf die alle Ziele und das gesamte Handeln ausgerichtet sind“. Über die Hälfte gibt an, diesbezüglich gebe es in ihrer Organisation „einige ernste“ (30 %) oder gar „größere Lücken“ (21 %). Und 6 Prozent bewerten die Lücke sogar als „kritisch“. Das heißt, in den betreffenden Unternehmen existieren weder eine Vision, noch hieraus abgeleitete Ziele.
Ein zentrales Manko scheint zu sein, dass die Strategie oft nicht konsequent verfolgt und weiterentwickelt wird; außerdem, dass die langfristigen Ziele im Tagesgeschäft in Vergessenheit geraten. Dies legt der Befund nah, dass fast zwei Drittel der Unternehmen diesbezüglich über das Vorhandensein „einiger ernster“ (40 %) oder „größerer Lücken“ (22 %) klagen. 9 Prozent der Unternehmen erachten diese Lücke gar als „kritisch“.
Ein weiteres Problemfeld ist, dass die Unternehmensziele zu selten durchgängig top-down über alle Ebenen heruntergebrochen und bereichsübergreifend (cross-funktional) abgestimmt sind. Hier gibt es in 33 Prozent der Unternehmen „einige ernste“ und in 29 Prozent gar „größere Lücken. Defizite gibt es auch bei der Ausrichtung auf die Kunden. Fast zwei Drittel der Studienteilnehmer sehen diesbezüglich in ihrer Organisation „einige ernste“ (41 %) oder gar „größere Lücken“ (24 %).
Ebene 2: Prozesse und kontinuierliche Verbesserung
Viele Unternehmen haben massive Probleme beim Verankern einer Lean-Kultur in ihrer Organisation. Das zeigt sich unter anderem beim Beantworten der Frage, inwieweit alle nicht wert-schöpfenden Tätigkeiten unmittelbar erkannt und abgeschafft werden. Über zwei Drittel der Unternehmen sehen hier „einige ernste“ (24 %) oder gar „größere Lücken (43 %) Und erstaunliche 16 Prozent erachten die Lücke gar als „kritisch“.
Eine Ursache hierfür ist, dass in vielen Unternehmen erkannte Abweichungen und Probleme nicht priorisiert und auf der Basis des PDCA-Zyklus bearbeitet werden; außerdem erfolgt kein konsequentes, fortwährendes Lernen auf allen Ebenen, das zu einer kontinuierlichen Verbesserung führt. Dass in diesem Bereich „einige ernste“ oder gar „größere Lücken“ bestehen, betonen 63 Prozent der Unternehmen. Und weitere 17 Prozent erachten die Lücke gar als „kritisch“.
Ebene 3: Leadership und Problemlösung
Beim Etablieren einer Lean-Kultur in Unternehmen spielen die Führungskräfte eine Schlüsselrolle, denn sie prägen die Arbeitsstrukturen in ihren Bereichen und sind Vorbilder für ihre Mitarbeiter. Damit die Führungskräfte diese Funktion adäquat erfüllen können, müssen sie die Unternehmenswerte in ihre Führungspraktiken übertragen. Außerdem müssen sie ihr Führungsverhalten reflektieren und weiter entwickeln, so dass auch ihre Coaching-Kompetenzen steigen. In diesem Bereich konstatieren fast zwei Drittel der Unternehmen noch „einige ernste“ (35 %) oder gar „größere Lücken“ (30 %). Das heißt, es existieren zwar erste Ansätze von Lean Leadership jedoch meist nur auf den oberen Ebenen. Zudem agieren die Führungskräfte noch zu wenig als Coach ihrer Mitarbeiter.
Eine Ursache hierfür dürfte sein: Die Führungskräfte sind oft nicht ausreichend in der Anwendung des PDCA-Zyklus geschult sind und beherrschen die disziplinierte Problemlösung (z.B. auf Basis des A3-Reports) nicht. Ein weiterer Schwachpunkt sind die Kriterien, nach denen die Auswahl der Führungs(nachwuchs)kräfte erfolgt. Häufig korrespondieren diese nicht mit den Eigenschaften und Verhaltensweisen, die das Einführen und Verankern einer Lean Kultur von den Führungskräften erfordern. Zumindest betonen 59 Prozent der Unternehmen, in ihrer Organisation gebe es noch „ernste“ oder „größere“ Lücken, wenn es darum gehe, die angestrebte Entwicklung einer Lean Leadership-Kultur mit der Nachfolgeplanung und Personalauswahl zu verknüpfen. 20 Prozent der Unternehmen sehen hier gar eine „kritische“ Lücke.
Der Lean-Reifegrad der Unternehmen
Aufgrund der Selbstbeurteilung der Unternehmen wurde in der Studie auch ihr Lean-Reifegrad ermittelt. Hierfür wurden ihnen abhängig von ihren Antworten auf die einzelnen Fragen jeweils 1 bis 5 Punkte gegeben („kritische Lücke“ = 1 Punkt, „größere Lücke“ = 2 Punkte, ….., „angekommen“ = 5 Punkte). Aufgrund der Gesamtzahl der Punkte erfolgte dann eine Zuordnung zu folgenden fünf Reifegrad-Stufen:
Die Einstufung ergab: Circa 38 Prozent der Unternehmen befinden sich, wenn es um den Aufbau einer Lean-Kultur geht, noch weitgehend am Beginn der Entwicklung. Sie haben entweder den Reifegrad 1 oder 2 (es dominieren noch die „kritischen“ oder „größeren Lücken“). Etwa 57 Prozent haben bezogen auf den angestrebten Kulturwandel bereits eine beachtliche Wegstrecke zurückgelegt. Sie haben entweder den Reifegrad 3 oder 4 (dominierende Antworten: „einige ernste“ oder „kleinere Lücken“). Nur fünf Prozent sind bereits am Entwicklungsziel angekommen, Reifegrad 5, und können als Best-Practices beim Aufbau und Etablieren einer Lean-Kultur in Unternehmen gelten.