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Fachartikel, 29.09.2011
Innovationsmanagement
Unternehmenskulturen oft innovationsfeindlich
Ideen und Innovationen sind der stärkste Treiber für den Markterfolg von Unternehmen. Wie die Studie „Erfolgsfaktor Innovationskultur“ jedoch belegt, werden Innovationsprozesse und die Kreativität von Mitarbeitern nach wie vor in vielen Organisationen durch die Unternehmenskultur und starre Strukturen ausgebremst.

Was ist Wahnsinn? Der ehemalige US-Präsident Benjamin Franklin drückte es so aus: „Immer wieder das selbe tun und dabei auf andere Ergebnisse hoffen.“ Genau das tut ein Großteil der Unternehmen im deutschsprachigen Raum, wenn es um das Thema Innovation geht. Sie setzen dabei primär auf die in der Vergangenheit „bewährten“ Prozesse. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Ideeologen Gesellschaft für neue Ideen mbH zum Thema Innovationskultur in Unternehmen, für die 194 Verantwortliche in den Bereichen Business Development sowie Vorstände und Geschäftsführer befragt wurden.

Ein ernüchternder Befund! Denn spätestens seit Mitte der 90er Jahre ist bekannt: Mit den klassischen, schwerfälligen Innovationsprozessen – mit definierten Verantwortlichkeiten und Schnittstellen sowie einer Vielzahl von Vorschriften – lassen sich nur inkrementelle Verbesserungen erzielen, die (weitgehend) das Bestehende optimieren. „Echte“ Innovationen hingegen erfordern andere Managementkonzepte und Innovationsmodelle – zum Beispiel solche, wie sie die Forscher Teresa Amabile (Harvard Universität) sowie Alan G. Robinson und Sam Stern von den Universitäten Massachusetts und Oregon beschrieben haben. Sie beruhen meist auf der Idee kleiner Start-up-Teams im Unternehmen, die eigenverantwortlich handeln und schnell und flexibel Hürden überwinden.

Innovation mit Vollkasko-Schutz

Von solchen „Strukturen“ sind die meisten Unternehmen im deutschsprachigen Raum noch weit entfernt. Zumeist lassen sich die Rahmenbedingungen für Innovation in ihnen mit folgenden Worten umreißen: viele Vorschriften und wenig Kreativität. In vier von fünf Unternehmen ist ein Regelbruch sogar „in begründeten Ausnahmefällen“ nur „sehr eingeschränkt“ möglich – selbst in den für „Innovation“ zuständigen Abteilungen. Und in 35 Prozent der Unternehmen dominieren die Regeln so sehr, dass man ihr Streben nach Innovation als „Kreativität nach Vorschrift“ bezeichnen kann. Eine Ursache hierfür ist: Kreatives Denken und Handeln ist nach Aussagen der Befragten nur in 28 Prozent der Unternehmen hoch angesehen. Und „Querdenker“ werden schnell als „Querulanten“ angesehen.

Angst vor Kontrollverlust

Warum halten so viele Unternehmen an ihren tradierten schwerfälligen Innovationsprozessen fest? Unter anderem aufgrund des Bedürfnisses nach Absicherung seitens des Managements. Geordnete Prozesse täuschen ihm Sicherheit vor. Dem Denken vieler Manager ist der Gedanke fremd: „Lasst’ uns das doch einfach mal ausprobieren. Und wenn die ersten Versuche scheitern? Dann lernen wir daraus.“

Ein solches Managementdenken eignet sich nicht für Zeiten des schnellen Wandels. Heute gilt für hochinnovative Unternehmen: Sie haben in ihrer Organisation eine Kultur des Experimentierens etabliert. Amazon-Gründer Jeff Bezos ist zum Beispiel überzeugt: „Man muss ein Unternehmen so organisieren, dass die Struktur eine möglichst hohe Zahl von Experimenten zur gleichen Zeit zulässt.“

Genau damit tun sich Unternehmen im deutschsprachigen Raum schwer. Innovation, gerne – aber bitte kein Risiko. Nur knapp jedes fünfte Unternehmen fördert aktiv „Experimente“, die nicht von Studien und Analysen abgesichert sind. Und nur 12 Prozent akzeptieren „schlechte“ Ideen als Teil des kreativen Prozesses. Das steht in Widerspruch zu hochinnovativen Unternehmen wie Research in Motion. Die Philosophie von dessen Gründer Mike Lazaridis lautet: „Neun schlechte Ideen helfen, die zehnte gute zu entwickeln.“

Neue Wege gehen – doch kein Neuland betreten

Die Forderung, neue Wege zu denken, gehört heute zum festen Repertoire der Innovationsrhetorik. Die Befragungsergebnisse zeigen aber, dass im Arbeitsalltag der meisten Unternehmen noch die Einstellung dominiert: Die Innovation soll im Rahmen des Bestehenden erfolgen. Deshalb würden sich zum Beispiel nur 24 Prozent der befragten „Innovationsmanager“ trauen, einen echten Querdenker in ihr Team zu holen. Und nicht einmal jedes vierte Unternehmen sorgt dafür, dass die eigenen Denkwege regelmäßig von außen in Frage gestellt werden.

Hier ist eine Denkschranke am Werk: Wenn Manager über „das Unternehmen“ sprechen, dann haben sie meist die Gebäude und die Mitarbeiter im Kopf. Ausgeblendet wird dass zum „System Unternehmen“ auch dessen Kunden, Partner, Zulieferer und Dienstleister gehören – ja sogar die Freiwilligen im Internet, die zum Beispiel Apps für neue Handy-Betriebssysteme programmieren. Diese gedankliche Reduktion der Unternehmen ist eine Ursache dafür, dass die meisten Firmen nicht offen für frischen Wind von außen sind.

Passive Innovationen dominieren

In der Studie „Erfolgsfaktor Innovationskultur“, die auf der Befragung basiert, werden vier Innovationskulturen in Unternehmen unterscheiden: die proaktiven Innovatoren und die passiven Innovatoren, die reaktiven Innovatoren und die Zufallsinnovatoren. Sie unterscheiden sich unter anderem dadurch, wie (pro-)aktiv das Thema Innovation angegangen wird. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist: Mal umfasst das Streben nach Innovation die gesamte Organisation und mal nur einzelne Bereiche oder Mitarbeiter(-gruppen).

Proaktive Innovatoren

Knapp 20 Prozent aller Unternehmen konnten aufgrund der Befragung als „proaktive Innovatoren“ eingestuft werden. Sie haben ambitionierte strategische Ziele, arbeiten mit Hochdruck an neuen Ideen und setzen Regeln außer Kraft, die dem Erfolg im Weg stehen. Zudem haben sie in ihrer Organisation eine kreative Kultur geschaffen, die sich mit „Fun & Focus“ beschreiben lässt.

Eine proaktive Innovationskultur ist offen für Veränderungen und neue Managementkonzepte; Mitarbeiter initiieren eigene Innovationsprojekte und treiben diese voran. Sie zeichnet sich zudem dadurch aus, dass ein absoluter Wille zu Spitzenleistungen besteht und alle Bereiche „unter Volldampf“ an Innovationen arbeiten. Als „Lohn“ erhalten diese Unternehmen eine Innovationsfähigkeit und -kraft, die es ihnen nicht nur erlaubt, auf Marktbedürfnisse schnell zu reagieren, sondern auch Märkte zu gestalten – etwas, was den passiven Innovatoren schwer fällt.

Passive Innovatoren


36 Prozent der Unternehmen zählen hierzu. Sie stellen weniger Ressourcen als die proaktiven Innovatoren für Innovationen bereit und haben in ihrer Organisation Prozesse etabliert, mit denen sie Ideen ohne ambitionierte Ziele vorschriftsgemäß vorantreiben. In diesen Unternehmen existiert weder eine ausgeprägte Kultur der Leidenschaft noch eine Führungskultur, die Ideen und Innovationen fördert.

Dieser Typ Innovationskultur eignet sich dafür, langsam und stetig Produkte und Dienstleistungen zu verbessern, so dass zum Beispiel jedes Jahr eine verbesserte Modellreihe präsentiert werden kann. Solange keine Wettbewerber in den Markt eindringen, kann diese Kultur auf Jahre eine solide „Qualität“ sicherstellen. Große Sprünge hingegen sind schwer.

Neben diesen „ganzheitlichen“ Innovationskulturen, die (weitgehend) die gesamte Organisation umfassen, existieren zwei weitere Kulturen, die sich meist nur auf einzelne Bereiche oder Hierarchieebenen beziehen: die reaktive und die zufällige Innovationskultur.

Reaktive Innovatoren

Rund ein Viertel der Unternehmen gehören hierzu. Sie verfolgen ambitionierte strategische Ziele, doch die Kultur ist nur darauf ausgerichtet, zu reagieren: entweder auf Marktanforderungen oder Anordnungen der Geschäftsleitung.

Unternehmen mit einer solchen Innovationskultur sind, wenn sie handeln, sehr effektiv – doch es dauert lange, bis sie handeln. Eine solche Kultur lässt sich gut mit einer Fast-Follower-Strategie vereinbaren – dem Ansatz, erst einmal abzuwarten, welche Innovationen auf dem Markt Erfolg haben, um sie dann zu kopieren. Doch diese Strategie birgt Risiken: Gerade in Branchen, in denen Geschwindigkeit wichtig ist, werden Fast-Follower schnell von innovativeren Mitbewerbern abgehängt.

Zufalls-Innovatoren

16 Prozent der Unternehmen zählen zu dieser Gruppe. Für sie gilt: Es gibt zwar (einzelne) Mitarbeiter und Teams die Ideen entwickeln – meist in ihrem Wirkungsbereich; auch die Prozesse stehen. Doch es fehlen die strategischen Vorgaben aus der Chefetage.

Dieser Innovationstyp schöpft das kreative Potenzial der Organisation nicht aus, weil die Kreativität nicht in die richtigen Bahnen gelenkt wird. Die Prozesse stehen den Mitarbeitern eher im Weg, als dass sie Innovation fördern. Anreize zum kreativen Denken sind nicht gegeben. Innovation geschieht in diesen Unternehmen nicht auf Grund, sondern trotz der Kultur. Neue, gute Ideen entstehen oft (scheinbar) zufällig – als Resultat des Engagements von Einzelnen.

In Unternehmen mit einer solchen Kultur können einzelne Teams Großes bewirken. Häufig erlahmt der Wille zur Innovation bei den Mitarbeitern aber mit der Zeit, weil ihre Ideen im Unternehmen nicht aufgegriffen und weiter verfolgt werden.

Die richtige Innovationskultur etablieren

In vielen Unternehmen wird darüber diskutiert: Wie wichtig ist die Kultur für die Innovationskraft einer Organisation? Auf diese Frage gibt die Studie „Erfolgsfaktor Innovationskultur“ eine klare Antwort: Innovation wird von Menschen gemacht, nicht von Prozessen. Das heißt: Die Kultur ist entscheidend für die Innovationsfähigkeit und -kraft eines Unternehmens. Also sollte das Management darauf hinarbeiten, die Kultur in die gewünschte Richtung zu entwickeln.

QUERVERWEIS
Publikation
Studie: Erfolgsfaktor Innovationskultur - Das Innovationsmanagement der Zukunft
Die Studie „Erfolgsfaktor Innovationskultur“ zeigt auf Basis wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse, wie das Innovationsmanagement der Zukunft aussehen muss: Weg von lähmenden Prozessen, hin zu einem Fokus auf die Innovationskultur des ...
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ZUM AUTOR
Über Jens-Uwe Meyer
Die Ideeologen - Gesellschaft für neue Ideen mbH
Jens-Uwe Meyer kombiniert das Know-how seines MBA-Studiums mit kreativem Denken - als Trainer für Kreativität in Unternehmen, Ideen-Workshops und Innovationsprozessen, als motivierender Redner auf Kongressen und Veranstaltungen sowie als ...
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