Die meisten Steuerzahler sind einfach nur froh, wenn sie ihre Steuererklärung vom Tisch haben. Kommt der Steuerbescheid vom Finanzamt zurück, heften ihn viele unkontrolliert zu den Akten – und verschenken so womöglich Geld. Denn häufig werden im Bescheid Steuererstattungen zu niedrig oder Nachzahlungen zu hoch ausgewiesen. Das heißt für Sie: Ohne Prüfung geht es nicht. Denn es gibt gleich drei Fehlerquellen:
So prüfen Sie Ihren Steuerbescheid
Schritt 1: Vergleichen Sie den Bescheid mit Ihren Zahlen
Haben Sie Ihre Steuererklärung mithilfe einer Software erstellt, drucken Sie sich den Muster-Steuerbescheid aus, den die Software automatisch erstellt. Damit können Sie die Angaben einfach vergleichen. Denn der Bescheid ist genauso aufgebaut wie der vom Finanzamt.
Prüfpunkt 1 ist dann ganz einfach: Sie vergleichen Ihre Zahlen, die Sie mithilfe der Steuersoftware ermittelt haben, mit den Zahlen des Bescheids. Gibt es hier keine Abweichungen, können Sie erst einmal aufatmen – wahrscheinlich ist Ihr Bescheid in Ordnung.
Schritt 2: Studieren Sie die Erläuterungen
Der Steuerbescheid hat 3 Teile:
Weicht der Bescheid von Ihrer Steuererklärung ab, schauen Sie sich zunächst den Erläuterungsteil am Schluss des Bescheids an. Hier sollte stehen, in welchen Punkten das Finanzamt anderer Meinung ist als Sie. Die Betonung liegt auf „sollte“. Denn das Finanzamt ist nicht dazu verpflichtet, genau zu erklären, warum der Bescheid von Ihrer Steuererklärung abweicht. Da die Finanzbeamten aber (nach § 91 Abgabenordnung) zumindest darauf hinweisen müssen, in welchem Umfang der Bescheid von Ihrer Steuererklärung abweicht, stehen die Chancen gut, dass Sie bei den Erläuterungen den oder die Knackpunkte finden.
Finden Sie in den Erläuterungen allerdings keine Begründung für die Abweichung, machen Sie mit Schritt 3 weiter.
Schritt 3: Gehen Sie die Berechnung durch
In diesem Schritt gehen Sie den Berechnungsteil des Steuerbescheids durch: Sie prüfen also, ob die einzelnen Einkünfte, Ausgaben, Freibeträge etc. mit Ihren Zahlen aus dem Muster-Steuerbescheid Ihres Steuerprogramms übereinstimmen. Finden Sie hier Abweichungen, können 2 Fälle vorliegen:
Fall 1: Der Sachbearbeiter hat versehentlich eine falsche Zahl übernommen oder hat sich schlicht vertippt. Das kann – sogar bei elektronischer Übermittlung – häufiger vorkommen, als man meinen möchte. Denn es gibt zwar bereits seit 2005 „ELSTER“, die elektronische Steuererklärung. In den meisten Finanzämtern müssen die Sachbearbeiter jedoch immer noch die übermittelten Daten ausdrucken, an ihren Rechnern wieder eingeben, erneut ausdrucken und Änderungen auf Papier vornehmen. Da kommt es zwangsläufig immer wieder zu Tippfehlern.
Tipp: Stoßen Sie in Ihrem Steuerbescheid auf einen solchen offensichtlichen Fehler, sollten Sie nicht direkt wütend mit der großen Keule schwingen und Einspruch einlegen. Sie können den Fehler mit einer so genannten schlichten Änderung korrigieren lassen. Das heißt: Sie schreiben einen Brief, in dem Sie auf den Fehler hinweisen und darum bitten, den Bescheid entsprechend in diesem Punkt zu korrigieren. Das ist auch telefonisch möglich. Vorteil gegenüber einem Einspruch: Der Steuerbescheid wird nur in den Punkten überprüft, für die Sie Ihren Änderungsantrag stellen. Bei einem förmlichen Einspruch kann dagegen noch einmal der gesamte Bescheid unter die Lupe genommen werden. Dabei kann das Finanzamt auch für Sie positive Fehler entdecken und den Bescheid zu Ihrem Nachteil ändern.
Fall 2: Dies ist der ungemütlichere Fall – das Finanzamt setzt in der Berechnung andere Zahlen an, die offenbar nicht auf einen einfachen Tippfehler zurückgehen.
In den meisten Fällen gibt es eine Abweichung beim Gesamtbetrag der Einkünfte. Dieser Betrag setzt sich aus den einzelnen Einkunftspositionen zusammen. Vergleichen Sie die Zahlen im Steuerbescheid mit Ihren Eintragungen in den Anlagen zu Ihrer Steuererklärung (Anlage GSE – Einkünfte aus Gewerbebetrieb/ selbstständiger Arbeit, Anlage N – Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, Anlage KAP – Einkünfte aus Kapitalvermögen, Anlage V – Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung), um einzugrenzen, wo die Abweichung liegen könnte. Bei Selbstständigen ist der häufigste Fall, dass Betriebsausgaben nicht anerkannt werden. Nehmen Sie deshalb zunächst diese Anlage zur Hand:
Anlage GSE: Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Vorderseite) oder aus selbstständiger Arbeit (Rückseite). Prüfen Sie: Stimmt der von Ihnen erklärte Gewinn bzw. Verlust mit den Angaben im Steuerbescheid überein? Weichen die Zahlen ab, hat das Finanzamt also einen höheren Gewinn angesetzt, hat der Sachbearbeiter wahrscheinlich Betriebsausgaben, die Sie im Formular Einnahmen-Überschuss-Rechnung (Anlage EÜR) aufgeführt haben, nicht anerkannt.
Gehen Sie also das EÜR-Formular systematisch durch: Entspricht einer der dort als Betriebsausgabe geltend gemachten Posten dem Unterschiedsbetrag, dann haben Sie den Knackpunkt gefunden und Sie können sich auf eine Nachfrage beim Finanzamt oder einen Einspruch vorbereiten.
Wenn Sie aber mit diesen Schritten den Grund für den abweichenden Bescheid nicht finden, sollten Sie den zuständigen Sachbearbeiter anrufen. Möglicherweise können Sie so schon Unklarheiten aus der Welt schaffen. Den Namen und die Telefonnummer des Sachbearbeiters finden Sie auf Ihrem Steuerbescheid. Eventuell können Sie die Sache schon durch das Gespräch zeitsparend aus der Welt schaffen. Behalten Sie dabei aber im Auge, dass Sie die Fristen für einen Einspruch nicht verstreichen lassen: Sie können nur bis 1 Monat nach Erhalt des Steuerbescheids Einspruch einlegen.
Wann Sie gegen einen Steuerbescheid Einspruch einlegen sollten
Nicht immer werden Sie mit einem Telefonat mit dem Finanzamt Erfolg haben. Wenn Sie sich mit Ihrem Änderungswunsch dennoch im Recht fühlen, sollten Sie gegen den Steuerbescheid förmlich Einspruch einlegen. Sinnvoll ist das vor allem in folgenden Fällen:
Tipp: Sind Sie sicher, dass im Steuerbescheid ein Fehler steckt, haben Sie aber keine Zeit, sich darum zu kümmern, legen Sie innerhalb der Frist von 4 Wochen Einspruch ein und kündigen Sie die Begründung für einen späteren Termin an.