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Fachartikel, 17.09.2009
Biografie-Management
Die Zukunft der privaten Altersvorsorge
Zukunftssicherung ist eines der wesentlichen Stichworte in der Lebensgestaltung, zweifellos. Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung gilt dies noch mehr – ebenso wie die Notwendigkeit, ergänzend zur der staatlichen und gegebenenfalls betrieblichen Rente eine private Altersvorsorge zu betreiben. Doch ist diese Botschaft in der Bevölkerung tatsächlich angekommen? Und wenn ja, wie soll man sich am besten auf sein Alter vorbereiten? Geht es dabei doch nicht mehr nur um die Überbrückung von einigen wenigen Jahren, sondern um das Management eines sich massiv ausdehnenden Lebensabschnitts.

Tatsache ist: Die Arbeits- und Versorgungsstrukturen müssen angesichts der demografischen Herausforderungen völlig neu organisiert werden. Nicht nur das: Es geht grundsätzlich um eine Neudefinition des Umgangs mit dem Alter. Wo stehen wir heute in diesem Prozess? Wie sieht die gesellschaftliche Realität der privaten Altersvorsorge tatsächlich aus? Aus volkswirtschaftlicher Sicht betrachtet lässt sich in jedem Falle feststellen: Der private Altersvorsorgemarkt ist ein Scheinmarkt – weil er letztlich nur auf Basis staatlicher Subventionspolitik funktioniert und subventionierte Märkte aus einem künstlich hergestellten Potenzial entstehen statt aus Eigeninitiative.

Umfragen zum Thema Altersvorsorge belegen immer wieder, dass in der Öffentlichkeit die Notwendigkeit für eine private Alterssicherung zwar gesehen, aber nicht in langfristiges Sparverhalten umgesetzt wird. Erst mit der Einführung staatlicher Vergünstigungen (Riester- und Rürup-Programme) kam der Markt eigentlich in Bewegung. Und bleibt leider hinter seinen Möglichkeiten zurück, meine ich. Meine Begründung: Weil es kein positives Altersvorsorgebewusstsein gibt. Handeln auf Anreiz von Subventionen oder unter dem Druck von Zwängen halte ich weder für engagiertes noch für nachhaltiges Handeln. Würde die staatliche Subvention wegfallen, bräche der Markt wohl zusammen - trotz der offensichtlichen Notwendigkeit einer privaten Altersvorsorge.

Woher kommt die zögerliche Haltung in der Öffentlichkeit gegenüber der privaten Altersvorsorge? Verantwortlich hierfür sind insbesondere folgenden Faktoren und Entwicklungen:

  • Lange Zeiträume sind in einer dynamischen Welt nicht mehr überschaubar: Es geht den Menschen um Unmittelbarkeit, Flexibilität und finanzielle Kontinuität, nicht um die Finalität eines langfristigen Sparplans. Das ist auch der Grund, weshalb viele Lebensversicherungskunden vor dem Ende der vereinbarten Laufzeit aus dem Vertrag aussteigen. Dieser Verhaltenstrend verursacht eine „Kette aus punktuellen Finanzaktivitäten“ - die meisten Sparer legen ihr Geld kurzfristig an, tun dies aber langfristig. Zudem zeigt sich, dass oftmals ohne Konzept investiert bzw. gespart wird: Produkte werden nach wie vor isoliert behandelt, statt sie im Kontext eines ganzheitlichen Vermögensmanagements zu sehen. 
  • Niemand will sich mit dem Alter beschäftigen: Alleine der Begriff ist schon negativ belegt. Das zeigt u.a. die ausgeprägte Anti-Aging-Bewegung, die überall zu beobachten ist. Zudem werden Altersvorsorgeprodukte nach wie vor über die Negativrhetorik von Rentendesaster und drohender Altersarmut verkauft. Wie soll da eine positive Einstellung zur Altersvorsorge entstehen?
  • Beständig und kontinuierlich verlaufende Arbeitsbiografien gibt es nicht mehr: Der unberechenbare Verlauf der Wirtschaft- und Arbeitswelt führt dazu, dass Karrieren immer mehr Brüche und unkalkulierbare Veränderungen aufweisen. Diese Entwicklung erfordert eine neue und äußerst flexible Planungs- und Budgetintelligenz im privaten Haushalt.  
  • Der Erbschaftstrichter verengt sich durch die schrumpfende Bevölkerungsentwicklung: Aufgrund der rückläufigen Geburtenquote seit den 1970er Jahren verteilen sich vor allem die aktuell disponierten Vermögen, die aus der historisch erfolgreichen Mittelschicht des vergangenen Jahrhunderts stammen, auf immer weniger Erben. Viele der heute möglichen Alterssicherungssparer sehen folglich keine Notwendigkeit zur Vorsorge. Diese Entwicklung setzt sich auch in Zukunft fort.
  • Die finanzielle Spaltung der Gesellschaft verstärkt sich: Aufgrund der strukturellen, konjunkturellen und qualifikationsbedingten Spaltung von Vermögen und Einkommen steigt die Anzahl von Personen, die nicht mehr sparen können. Auf der anderen Seite der Bevölkerungsbilanz schrumpft zwar die Zahl der potenziellen Klientel, gleichzeitig steigt deren Pro-Kopf-Investitionskraft. In diesem Segment kommt es zu einem rigorosen Verdrängungswettbewerb.

Diese Indikatoren spiegeln auch die innere Realität des Marktes wider. Deshalb braucht es ein neues, positiv belegtes, ganzheitliches und kreatives Vorsorgemarketing. Denn Gründe für ein persönliches Vorsorgeengagement gibt es reichlich. Doch die alten Negativargumente ziehen nicht mehr. Zudem verschärft sich der Wettbewerb – einerseits im Vorsorgegeschäft selbst durch die konjunkturelle Verengung des Marktes und nicht zuletzt durch die Zunahme an unüberschaubaren Produktangeboten. Schon heute können Kunden weder Finanzprodukte noch die einzelnen Unternehmensprofile unterscheiden, wie Befragungen ganz klar belegen. Andererseits drängen auch Bildungs-, Wellness-, Life-Style- und Konsumanbieter mit eigenen Produkten in den Vorsorgemarkt. Eine Konkurrenzsituation: Die dort getätigten Ausgaben gehen zu Lasten von Spar- und Vorsorgeinvestments.

Hinzu kommt noch ein wesentlicher Effekt, den man wie folgt beschreiben könnte: Richtig ist, dass die meisten Menschen nach Orientierung und Sicherheit suchen. Kein Wunder also, dass Anbieter von Finanzprodukten genau auf diese Attribute setzen. Aber: Je mehr Sicherheitsbekundungen und Seriositätsbelege die Unternehmen vorlegen, desto misstrauischer werden die Kunden. Warum ist das so? Tatsache ist, dass Sicherheit sich nicht beweisen muss. Wer es dennoch tut, erreicht das Gegenteil. Ein Trend, auf den sich die Finanzbranche einstellen muss, gerade unter dem Einfluss der Krise. In diesem Kontext gilt es, neue Synonyme für die Begriffe von Sicherheit und Glaubwürdigkeit zu entwickeln und die bisherige Vermarktungskultur von Finanz- und Altersvorsorgeprodukten innovativ zu erneuern. Worum es geht ist die Entwicklung eines produktiven Zukunftsbewusstseins sowie den Erhalt und Ausbau der Gestaltungsfähigkeit im Alter. Vorsorge ist daher kein final ausgerichtetes Thema, im Gegenteil: Zukunftssicherung ist ein lebenslanger, aktiver Prozess. Deshalb gilt es, die private Altersvorsorge umzuwandeln – und zwar in ein aktives Biografie-Management. Denn eine finanziell erfolgreich gemanagte Biografie ist die beste Zukunftssicherung. Die individuelle Biografie des Menschen ist zudem ein wundervolles Marketingthema für Banken – wollen sie doch den Kunden persönlich, lebenslang und intensiv betreuen.

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Über Oliver W. Schwarzmann
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Oliver W. Schwarzmann ist ehemaliger Banker und widmet sich als Vordenker und Publizist seit über 15 Jahren ökonomischen Zukunftsthemen. Als Gründer des Instituts für Zukunftskonditionierung und Initiator der Future Business ...
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