Tatsache ist: Die Arbeits- und Versorgungsstrukturen müssen angesichts der demografischen Herausforderungen völlig neu organisiert werden. Nicht nur das: Es geht grundsätzlich um eine Neudefinition des Umgangs mit dem Alter. Wo stehen wir heute in diesem Prozess? Wie sieht die gesellschaftliche Realität der privaten Altersvorsorge tatsächlich aus? Aus volkswirtschaftlicher Sicht betrachtet lässt sich in jedem Falle feststellen: Der private Altersvorsorgemarkt ist ein Scheinmarkt – weil er letztlich nur auf Basis staatlicher Subventionspolitik funktioniert und subventionierte Märkte aus einem künstlich hergestellten Potenzial entstehen statt aus Eigeninitiative.
Umfragen zum Thema Altersvorsorge belegen immer wieder, dass in der Öffentlichkeit die Notwendigkeit für eine private Alterssicherung zwar gesehen, aber nicht in langfristiges Sparverhalten umgesetzt wird. Erst mit der Einführung staatlicher Vergünstigungen (Riester- und Rürup-Programme) kam der Markt eigentlich in Bewegung. Und bleibt leider hinter seinen Möglichkeiten zurück, meine ich. Meine Begründung: Weil es kein positives Altersvorsorgebewusstsein gibt. Handeln auf Anreiz von Subventionen oder unter dem Druck von Zwängen halte ich weder für engagiertes noch für nachhaltiges Handeln. Würde die staatliche Subvention wegfallen, bräche der Markt wohl zusammen - trotz der offensichtlichen Notwendigkeit einer privaten Altersvorsorge.
Woher kommt die zögerliche Haltung in der Öffentlichkeit gegenüber der privaten Altersvorsorge? Verantwortlich hierfür sind insbesondere folgenden Faktoren und Entwicklungen:
Diese Indikatoren spiegeln auch die innere Realität des Marktes wider. Deshalb braucht es ein neues, positiv belegtes, ganzheitliches und kreatives Vorsorgemarketing. Denn Gründe für ein persönliches Vorsorgeengagement gibt es reichlich. Doch die alten Negativargumente ziehen nicht mehr. Zudem verschärft sich der Wettbewerb – einerseits im Vorsorgegeschäft selbst durch die konjunkturelle Verengung des Marktes und nicht zuletzt durch die Zunahme an unüberschaubaren Produktangeboten. Schon heute können Kunden weder Finanzprodukte noch die einzelnen Unternehmensprofile unterscheiden, wie Befragungen ganz klar belegen. Andererseits drängen auch Bildungs-, Wellness-, Life-Style- und Konsumanbieter mit eigenen Produkten in den Vorsorgemarkt. Eine Konkurrenzsituation: Die dort getätigten Ausgaben gehen zu Lasten von Spar- und Vorsorgeinvestments.
Hinzu kommt noch ein wesentlicher Effekt, den man wie folgt beschreiben könnte: Richtig ist, dass die meisten Menschen nach Orientierung und Sicherheit suchen. Kein Wunder also, dass Anbieter von Finanzprodukten genau auf diese Attribute setzen. Aber: Je mehr Sicherheitsbekundungen und Seriositätsbelege die Unternehmen vorlegen, desto misstrauischer werden die Kunden. Warum ist das so? Tatsache ist, dass Sicherheit sich nicht beweisen muss. Wer es dennoch tut, erreicht das Gegenteil. Ein Trend, auf den sich die Finanzbranche einstellen muss, gerade unter dem Einfluss der Krise. In diesem Kontext gilt es, neue Synonyme für die Begriffe von Sicherheit und Glaubwürdigkeit zu entwickeln und die bisherige Vermarktungskultur von Finanz- und Altersvorsorgeprodukten innovativ zu erneuern. Worum es geht ist die Entwicklung eines produktiven Zukunftsbewusstseins sowie den Erhalt und Ausbau der Gestaltungsfähigkeit im Alter. Vorsorge ist daher kein final ausgerichtetes Thema, im Gegenteil: Zukunftssicherung ist ein lebenslanger, aktiver Prozess. Deshalb gilt es, die private Altersvorsorge umzuwandeln – und zwar in ein aktives Biografie-Management. Denn eine finanziell erfolgreich gemanagte Biografie ist die beste Zukunftssicherung. Die individuelle Biografie des Menschen ist zudem ein wundervolles Marketingthema für Banken – wollen sie doch den Kunden persönlich, lebenslang und intensiv betreuen.