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Fachartikel, 27.08.2009
Arbeitgeber-FAQ
Vier wichtige Praxisfragen zu dem Thema Lohnpfändung
Unangenehm, aber wahr: Als Arbeitgeber sind Sie zur Mitwirkung verpflichtet, wenn einem Ihrer Mitarbeiter eine Lohnpfändung ins Haus steht. Und deren Anzahl wächst zurzeit rasant. Schließlich waren nie so viele Privathaushalte in Deutschland so hoch verschuldet wie 2009.

Eine Lohnpfändung kostet Arbeitgeber nicht nur Zeit und Mühe. Kommt es bei der Abrechnung des Lohns zu Fehlern oder Versäumnissen, droht dem Unternehmen Ärger: Während Ihre Mitarbeiter sich darüber beschweren, dass Sie ihnen zu wenig Lohn „gelassen“ haben, beschweren sich die Gläubiger der Mitarbeiter womöglich darüber, dass der pfändbare Betrag zu gering ausgefallen ist. Deshalb sollten Sie auf solche Fälle vorbereitet sind und die Interessen Ihres Unternehmens erfolgreich durchsetzen zu wissen. Nachfolgend die vier wichtigsten Praxisfragen in diesem Kontext und wie Sie jeweils vorgehen sollten, dass Sie immer auf der sicheren Seite sind.

1. Frage: Wie ermitteln Sie die zu berücksichtigenden Unterhaltsberechtigten?

Hier lauert eine der größten Haftungsfallen bei der Lohnpfändung überhaupt. Gehen Sie hier deshalb besonders sorgfältig vor. Verlassen Sie sich bei der Feststellung der unterhaltsberechtigten Personen nicht auf die Angaben in der Lohnsteuerkarte. Das gilt speziell für den Kinderfreibetrag 1,0. Ob dieser für ein Kind oder 2 Kinder steht – beides ist möglich –, ist aus der Lohnsteuerkarte nicht ersichtlich. Hinzu kommt: Kinder über 16 Jahren werden auf der Lohnsteuerkarte nur auf Antrag eingetragen.

Wichtig: Alleinig die Zahl der unterhaltsberechtigten Personen festzustellen, reicht nicht aus. Weitere Voraussetzung für deren Berücksichtigung bei der Ermittlung des pfändbaren Lohns ist, dass Ihr Mitarbeiter den betreffenden Personen auch tatsächlich Unterhalt zahlt. Von daher folgende Empfehlung:  Lassen Sie sich von Ihrem Mitarbeiter schriftlich bestätigen, welchen Personen gegenüber er unterhaltsverpflichtet ist und wem er auch tatsächlich Unterhalt leistet. Nehmen Sie die Erklärung mit zu Ihren Lohnunterlagen.

2. Frage: Der Ehepartner arbeitet auch für Sie – dürfen Sie die Einkommen zusammenrechnen?


Die Antwort: Nein, auf keinen Fall. Selbst wenn bei beiden Ehegatten Lohnpfändungen laufen, ermitteln Sie die Pfändungsfreigrenze bei beiden Mitarbeitern gesondert. So ist die Lage bei Ehepartnern:

•    Beide Mitarbeiter haben Anspruch auf den vollen pfändungsfreien Betrag.
•    Außerdem müssen Sie beiden Ehegatten den jeweils anderen als Unterhaltsberechtigte Person anrechnen.

Das bedeutet, dass der Gläubiger eigentlich schlechter gestellt ist als sonst. Deshalb kann er bei dem Gericht, dass den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen hat, beantragen, das der jeweils andere Ehegatte nicht als unterhaltsberechtigte Person gilt. Das müssen Sie aber erst berücksichtigen, wenn Ihnen der Gerichtsbeschluss vorliegt.

3. Frage: Was, wenn sich mehrere Gläubiger über den pfändbaren Lohnanteil streiten?

Hier gilt der Grundsatz der Priorität. Und der besagt: Wer zuerst kommt, wird auch als Erstes „bedient“. Kein Problem ist das, wenn Ihnen die Gerichtsbeschlüsse an unterschiedlichen Tagen zugestellt werden. Doch kommt es immer wieder  vor, dass ein Gerichtsvollzieher mehrere Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse zustellt, die ein und denselben Mitarbeiter betreffen. Zwar vergehen hier zwischen den einzelnen Zustellungen immer ein paar Minuten. Das reicht aber nicht, um den bereits übergebenen Gerichtsbeschluss dem jeweils nächsten vorzuziehen. Alle Gerichtsbeschlüsse müssen mit demselben Zustellungszeitpunkt (Tag, Stunde, Minute) versehen werden und erhalten den gleichen Rang.

Streiten sich mehrere Gläubiger (z. B. die Bank, das Versandunternehmen und der Vermieter) darüber, an wen der von ihnen gepfändete Lohn auszuzahlen ist, können Sie Ihr Risiko, an den falschen Gläubiger zu zahlen, mit einem eleganten Rechtsdreh ganz legal auf null reduzieren: Hinterlegen Sie den Teil des Lohns, der der Pfändung unterliegt, einfach beim zuständigen Gericht – das ist das, das den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen hat. Besonders erfreulich: Die Hinterlegung ist für Sie kostenfrei.  Die Hinterlegung bietet sich auch dann an, wenn über die Höhe des pfändbaren Lohns Streit besteht.

4. Frage: Welche Besonderheit gilt, wenn mehrere Unterhaltsberechtigte den Lohn pfänden?

Pfändungen wegen Unterhaltsschulden nehmen ebenfalls stark zu. Auch hier gilt der Grundsatz der Priorität – und zwar unabhängig von den vier Rangklassen:

  • 1. Rang: z. B. minderjährige unverheiratete Kinder, Ehegatten (auch bei Getrenntleben und nach Scheidung)
  • 2. Rang: Lebenspartner, früherer Lebenspartner
  • 3. Rang: z. B. volljährige Kinder
  • 4. Rang: z. B. Eltern, Großeltern


Wichtige Ausnahme: Ein rangbesserer Unterhaltsberechtigter kann verlangen, dass er gegenüber einem nachrangigen Unterhaltsberechtigten bevorzugt wird, auch wenn der andere schneller war. Vorausgesetzt, er setzt das bei Gericht durch. Hierzu ein Beispiel: Die frühere Lebenspartnerin Ihres Mitarbeiters lässt dessen Gehalt pfänden. Rund einen Monat später geht Ihnen ein weiterer Gerichtsbeschluss zu, mit dem der Unterhalt des minderjährigen Kindes gepfändet wird. Hier dürfen Sie nur dann an das Kind zahlen, wenn das Gericht beschlossen hat, dass es auf die erste Stelle „hochgestuft“ wird.

Wichtiger Zusatzhinweis

Diese Bezüge können nicht gepfändet werden:

  • Zur Hälfte der für die Leistung von Mehrarbeitsstunden gezahlte Teil des Arbeitseinkommens
  • Die für die Dauer des Urlaubs zusätzlich gewährten Bezüge
  • Zuwendungen aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses
  • Treuegelder
  • Aufwandsentschädigungen
  • Soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen
  • Entgelt für selbstgestelltes Arbeitsmaterial
  • Schmutz- und Erschwerniszulagen
  • Weihnachtsvergütung bis zum Betrag der Hälfte des monatlichen Einkommens, höchstens aber bis zu 500 €
  • Heirats- und Geburtsbeihilfen, sofern die Pfändung wegen anderer als der aus Anlass der Heirat oder der Geburt entstandenen Ansprüche betrieben wird.


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