Unternehmen, die beim Thema Künstlersozialversicherung nicht aufpassen, droht spätestens bei einer Betriebsprüfung durch die Sozialversicherungsträger ein böses Erwachen. Nahezu fast jedes Unternehmen ist davon betroffen.
Bei jedem der "Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für Dritte" macht, entfällt auf das Leistungsentgelt eine Künstlersozialabgabe an.
Wie ernst zu nehmen das Thema Künstlersozialabgabe ist, zeigt aktuell das Beispiel des Fernsehsenders RTL, der jetzt zu einer Nachzahlung von weit über 170.000 Euro verdonnert wurde, weil die Tätigkeit von Dieter Bohlen und seinen Juroren bei „Deutschland sucht den Superstar“ als „künstlerisch“ eingestuft wurde.
Ein Beispiel: Wenn Ihr Unternehmen eine von einer Agentur betreute Internetseite hat, oder regelmäßig Werbebroschüren und Flyer erstellen lässt, sind Sie abgabepflichtig. Denn diese Abgabe wird bei allen Unternehmen, die Werke und Leistungen selbstständiger Künstler und Publizisten in Anspruch nehmen. Dazu zählen auch Fotografen, Werbetexter, Webdesigner oder freie Journalisten und PR-Berater.
Viele Unternehmer glaubten bislang, dass nur Verlage, Theater, Orchester, Chöre, Galerien und Rundfunk- sowie Fernsehanbieter diese Abgabe zahlen müssen. Doch weit gefehlt: Zahlen muss nämlich auch, wer „Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für Dritte“ macht. Selbst wenn das Unternehmen „nur“ Imagebroschüren erstellen lässt, hält jetzt die Künstlersozialversicherung die Hand auf. Deshalb hierzu nachfolgend fünf wichtige Tipps:
Tipp 1: Wann Ihr Unternehmen abgabenpflichtig ist
Damit ein Unternehmen abgabepflichtig wird, ist Voraussetzung, dass es „nicht nur gelegentlich“ Aufträge an selbstständige Künstler und Publizisten erteilt. Achtung: Der Betriebsprüfer kann immer dann eine „Regelmäßigkeit“ – und damit Abgabepflicht unterstellen, wenn diese Aufträge
- wiederholend,
- zu bestimmten Anlässen,
- zu bestimmten Zeitpunkten oder
- in bestimmten Intervallen (mindestens einmal jährlich)
erteilt werden. Bei „mehr als einmal im Jahr“ gilt im Allgemeinen das Kriterium der „Regelmäßigkeit“ erfüllt.
Tipp 2: Ungerechtfertige Abgabenforderung Wie bekannt geworden ist, schießen derzeit einige Betriebsprüfer über das Ziel hinaus; sie fordern auch dann eine Abgabe, wenn diese gar nicht fällig ist. Das liegt an einer wichtigen Unterscheidung: Voraussetzung für die Pflicht zur Zahlung der Künstlersozialbgabe ist, dass das Unternehmen eine „natürliche Person“ beauftragt hat. Also einen freischaffenden Texter, Fotografen oder Web-Designer. Das gilt auch, wenn die Leistung von einer Personengruppe (zum Beispiel Gesellschaft Bürgerlichen Rechts, KG oder oHG erbracht wurde.
Das gilt aber nicht, wenn die Auftragsvergabe an eine „juristische Person“, also beispielsweise eine GmbH erfolgt ist. In diesem Fall ist zwar die GmbH abgabepflichtig, nicht aber Ihr Unternehmen. Lassen Sie sich deshalb von den Werbe- und PR-Verantwortlichen genau mitteilen, an wen die Aufträge gegangen sind.
So wird die Abgabe berechnet: Bei der Ermittlung der Künstlersozialabgabe werden sämtliche Entgelte berücksichtigt, die Ihr Unternehmen im Lauf eines Kalenderjahres an selbstständige Künstler und Publizisten für deren Leistungen erteilt hat. Ob die Künstler selber Mitglied in der Künstlersozialversicherung sind, spielt dabei keine Rolle.
Tipp 3: Frühzeitig die Abgabensumme ermittelnErmitteln Sie schon vor der kommenden Prüfung durch den Rentenversicherungsträger die Summe, die im Laufe der letzten fünf Kalenderjahre gezahlt worden sind. Der Betriebsprüfer wird Sie so oder so dazu auffordern. In der Hektik der Prüfung brauchen Sie sich dann um diese lästige Zusatzaufgabe nicht mehr zu kümmern.
Wichtig: „Entgelt“ im Sinne der Künstlersozialversicherung ist alles, was der Abgabepflichtige aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen (§ 25 Abs. 2 Künstlersozialversicherungsgesetz). Ob die erbrachte Leistung dabei „Gage, Tantieme, Honorar oder Stipendium“ heißt, spielt keine Rolle. Die Umsatzsteuer zählt dabei nicht mit.
Tipp 4: Auslagen und Nebenkosten des Künstlers berücksichtigenAuch die Auslagen und Nebenkosten, die einem Künstler oder Publizisten erstattet wurden (Material, Transport oder nicht-künstlerische Nebenleistungen wie z.B. Beratung) müssen Sie dem abgabepflichtigen Entgelt hinzurechnen. Steuerfreie Aufwandsentschädigungen wie Reise- oder Fahrtkosten, Verpflegungsmehraufwendungen usw. können Sie aber außen vor lassen.
Die Abgabesätze werden vom Bundesministerium für Arbeit bestimmt. Sie betragen bzw. betrugen:
- 2004: 4,3 %
- 2005: 5,8 %
- 2006: 5,5 %
- 2007: 5,1 %
- 2008: 4,9 %
- 2009: 4,4 %
- 2010: 3,9 %
Viele Betroffene stellen sich die Frage, ob es sinnvoll ist, sich jetzt von sich aus zu melden, wenn Nachzahlungen zu erwarten sind oder wenn das Unternehmen erstmals die Leistungen von „Künstlern“ in Anspruch nimmt. Die Antwort liefert ein Blick in den Bestimmungen zur Künstlersozialversicherung: Danach müssen abgabepflichtige Unternehmen bis zum 31. März des Folgejahres die Höhe aller an selbstständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte ermitteln. Anhand dieser gemeldeten Entgelte ermittelt die Künstlersozialkassen die Zahlung für das zurückliegende Jahr – und die Vorauszahlungen für das laufende Jahr. Eine Meldung für 2009 bis zum 31.3.2010 ist deshalb auf jeden Fall sinnvoll.
Wichtig: Natürlich wird der Betriebsprüfer auch prüfen, ob die von Ihnen in der Jahresmeldung genannten Summen richtig sind. Deshalb verlangt der Gesetzgeber von Ihnen entsprechende Aufzeichnungen über alle an Künstler und Publizisten gezahlte Entgelte.
Tipp 5: Aufbewahrungsfrist
Vereinbaren Sie mit der Geschäftsleitung und den betreffenden Stellen im Unternehmen, dass Sie automatisch Rechnungskopien und ähnliches erhalten, wenn Zahlungen an Künstler und Publizisten erfolgen. Achten Sie auch auf die Aufbewahrungsfrist: Die Aufzeichnungen müssen Sie fünf Jahre lang nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Entgelte fällig geworden sind, aufbewahren. Die Unterlagen 2009 müssen Sie dementsprechend bis Ende 2015 aufbewahren.