Mittelständische Unternehmen erleben derzeit immer häufiger die Situation, dass die Erfolgsfaktoren der Vergangenheit nicht einfach in die Zukunft fortgeschrieben werden können. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn diese Erfolgsfaktoren den Unternehmern nicht bewusst sind und die Geschäftsführung eigentlich nur nach Gefühl „betrieben“ wurde. Veränderte Rahmenbedingungen und eine konjunkturelle Schwäche verkleinern jedoch den Spielraum, in dem Unentschlossenheit und Fehlentscheidungen noch toleriert werden können und zwingt Unternehmer zum Umdenken und zu Veränderungen. In solchen Unternehmenskrisen und den notwendigen Veränderungsprozessen wird gerne nach Erfolgsrezepten gesucht und immer neue Management-Theorien geben sich die Hand. Oft sind es vergangene Modetrends der industriellen Unternehmensberatung, die - nach ihrem Scheitern - nun auf den Mittelstand übertragen werden sollen. Meist sind diese Theorien auch nur alter Wein in neuen Schläuchen.

Derzeit hält der Begriff „Unternehmenswert“ und damit verbundene Managementmodelle Einzug in den Mittelstand. Dieser Trend begründet sich unter anderem durch das drängende Nachfolgeproblem vieler Unternehmen, sowie dem aktuell radikalen Wandel in der Finanzierung des Mittelstandes. Jedes Unternehmen hat einen Wert, der sich aus vielen Faktoren zusammensetzt. Somit ist die erweiterte Sicht auf ein Unternehmen sehr zu begrüßen. Wichtig ist dabei aber, dass der Mittelstand vor den unsinnigen Auswüchsen einer reinen „shareholder-value“-Betrachtung und vor komplexen industriellen Modellen bewahrt wird.

Wir befragen Dr. Cay von Fournier, Inhaber und Geschäftsführer des SchmidtCollegs in Stockheim, seit 20 Jahren erfolgreichen Managementschmiede für den Mittelstand, zu den notwendigen Rahmenbedingungen einer Erfolg versprechenden Unternehmensführung.

Frage: Was machen Unternehmen denn in Zeiten einer Krise falsch?

Dr. Cay von Fournier: Unternehmen begehen - gerade in Krisenzeiten - oft den Fehler, Dinge komplizierter zu machen, als sie sind. Controlling als Steuerung verkommt z.B. zu einem komplexen Kontrollsystem. Somit wird viel Energie verschwendet, indem ein Unternehmen mehr mit sich selbst, als mit dem Nutzen für seine Kunden beschäftigt ist. Dies ist ein häufiger und sicherer Weg in die Krise. Somit ist die Aufhebung unnötiger Bürokratie ein einfacher und guter Weg aus der Krise. Komplexe Lösungen sind immer ein Teil des Problems, Transparenz hingegen ist ein Teil der Lösung.

Frage: Gibt es neben diesem Weg der Einfachheit weitere Werte, die in Zeiten der Krise vielleicht sogar eine Art Auferstehung erleben?

Dr. Cay von Fournier: Gerade in Krisenzeiten, wie wir sie im Moment ohne Zweifel haben, bewährt sich eine gute Unternehmensführung. Sie basiert auf vier grundsätzlichen Werten, über die es immer wieder nachzudenken gilt: Die systematische Organisation, die Anständigkeit, das Vertrauen und eben die Einfachheit.

Frage: Wie sieht es in der Realität denn mit der Organisation der Unternehmen aus?

Dr. Cay von Fournier: Sowohl der Erfolg als auch der Misserfolg von Unternehmen hat seine Gründe, die allerdings den Beteiligten meist nicht bekannt sind. Es ist gefährlich, wenn ein erfolgreiches Unternehmen nicht die Faktoren kennt, auf denen sein Erfolg basiert. Wer seine Erfolgsfaktoren nicht kennt, erkennt häufig auch nicht die Probleme in Krisenzeiten. Kleine Unternehmen haben in der Regel eine intensive Kundenorientierung und –bindung, die bei starkem Wachstum, ohne Aufbau einer systematischen Organisation, häufig verloren geht.

Frage: Der Wert Anständigkeit klingt in modernen Zeiten doch schon etwas antiquiert - oder?

Dr. Cay von Fournier: Ganz im Gegenteil! Jeder langfristige Unternehmenserfolg beruht auf einer soliden Unternehmensethik (Ethik-Kodex). Leider tauschen Unternehmen viel zu oft langfristige Strategien gegen kurzfristige ein. Dies ist ein wesentlicher Grund, warum so viele an Börsen notierte Unternehmen Probleme haben und zum Teil scheitern. Sie werden jedes Quartal an kurzfristigen Erfolgen gemessen und tauschen daher den langfristigen visionären Erfolg gegen den kurzfristigen monetären. Wie in der Natur gesundes Wachstum (Gedeihen) auch mal Stillstand oder gar Verkleinerung bedeutet, so müssen sich auch Unternehmen manchmal verkleinern, um groß werden zu können. Pflanzen besinnen sich in solchen Zeiten auf ihre Wurzeln, so wie Unternehmen gut daran täten, sich von Zeit zu Zeit auf ihre Grundwerte zu besinnen. Nur durch die Besinnung auf Werte und ethische Grundsätze entsteht langfristiger und krisensicherer Erfolg.

Frage: Sie fordern ja auch Vertrauen. Viele Menschen wurden in der Vergangenheit vielleicht enttäuscht. Wie kann es gelingen, hier ein Grundvertrauen aufzubauen?

Dr. Cay von Fournier: Vertrauen im Umgang mit Menschen ist ein entscheidender, oft fehlender und noch öfters fehlinterpretierter Wert. Vertrauen ist die Fähigkeit, gewöhnliche Menschen in einem Geist zu verbinden und gemeinsam außergewöhnliche Ergebnisse zu erreichen. Für Vertrauen ist die Vertrauenswürdigkeit und der Einklang mit der Firmenphilosophie eines jeden einzelnen Menschen im Team eine notwendige Voraussetzung. Viele Unternehmen begehen den Fehler, Menschen nach ihren Fähigkeiten und Fachwissen auszuwählen und nicht nach ihrer persönlichen Einstellung, die zu der Unternehmenskultur passen muss. Fähigkeiten können trainiert werden, Einstellungen nicht. Daher sind in einem Management-System gute Einstellungsfilter wichtig. Erfolgreiche Firmen wählen Menschen aus, die zur Kultur passen und vertrauenswürdig sind, so dass Vertrauen gelebt werden kann und Kontrolle in den Hintergrund treten kann. Dies ist ein großer Motivationsfaktor und eine hohe Attraktivität eines Unternehmens. Langfristig sind Talente und Stimmung für ein Unternehmen wichtiger, als Finanzen und Kennzahlen.

Frage: Werte sind ja gut und schön, wo aber bleibt die konkrete Umsetzbarkeit für Unternehmen, die ja nach Lösungsstrategien suchen.

Dr. Cay von Fournier: Werte sind die Grundlage. In der mittel-ständischen Unternehmensführung braucht es jedoch keine komplexen Theorien oder schwer anwendbare Managementmodelle. Es besteht in Krisenzeiten selten ein „Wissens-Problem“, sondern in der Regel ein Umsetzungsproblem (dies gilt im Übrigen nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Staats- und Landesregierungen). Daher ist die praktische und einfache Anwendbarkeit eines Managementmodells entscheidend für dessen Erfolg und vor allem für den Erfolg des anwendenden Unternehmens. Die genannten vier Grundwerte werden im Management-System „Unternehmer-Energie“ durch praktische Werkzeuge und die vier Hauptaufgaben eines Unternehmers ergänzt und bilden somit auch die Grundlage eines guten Qualitätsmanagements.

Frage: Verraten Sie uns abschließend noch die vier Hauptaufgaben eines Unternehmers?

Dr. Cay von Fournier: Gerne. Das ist erstens das Finden und Beschreiben der lang-, mittel- und kurzfristigen Unternehmensziele. Denn nur, wer weiß, was er wirklich will, kann auch seine gesamte Kraft darauf ausrichten. Die 2. Hauptaufgabe ist die ökonomische Führung des Unternehmens. Wenn wir unsere Unternehmen so organisieren, dass wir 80% unserer Zeit auf unsere eigentlichen Aufgaben konzentrieren, dann kann auch in Krisenzeiten nichts schief gehen. Die 3. Hauptaufgabe ist die Auswahl und Führung unserer Mitarbeiter. Und last but not least, die 4. Hauptaufgabe, das Controlling. Gerade in stürmischen Zeiten ist es wichtig, das Ruder Ihres Segelbootes fest im Griff zu behalten. Sie müssen wissen, wo Sie sich befinden, wo Riffe und Untiefen sind, damit Sie stets Wasser unter Ihrem Kiel behalten. Dieses Wasser ist im Alltag unsere Liquidität und das Steuern zeigt sich in einem effektiven Controlling. Und, um den Bogen zum Anfang zu spannen, einem Controlling, das sich nicht durch Komplexität, sondern durch Transparenz und entsprechender Effizienz auszeichnet.