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Fachartikel, 21.02.2007
Führung
Werte und ihre Bedeutung im Management und Unternehmen – Teil 1
Ob in Form gesetzlicher Vorschriften, gesellschaftlicher Normen oder auch Traditionen - Werte bilden die Grundlage einer jeden sozialen Gemeinschaft und prägen die Kultur des Miteinanders. Während der weit reichende Einfluss der jeweiligen Wertekultur im Allgemeinen unbestritten ist, wird deren Bedeutung in Unternehmen oft unterschätzt. Zweiteiliger Beitrag über die Grundlagen, Potenziale und Instrumente einer werteorientierten Management- und Unternehmenskultur.
Es gibt kaum ein Buch über moderne Führung in Unternehmen, das nicht die Bedeutung von Werten betonen würde. Andererseits gibt es wenig, das so schnell beiseite geschoben wird wie die Werte (und die damit zusammenhängende Unternehmenskultur), wenn es um die „Fakten” geht. Manche orientieren sich von vornherein nur an den Hard Facts. Die Preisfrage ist: Braucht man so etwas wie Werteorientierung überhaupt in einem Unternehmen?

Nun, stellen Sie sich vor, Sie würden zum Trainer einer Fußballmannschaft ernannt werden. Dabei werden Ihnen 3 Teams vorgestellt. Im ersten Team haben alle Spieler nur ein einziges Ziel: Sie wollen die Meisterschaft gewinnen. Spitzenleistung geht ihnen über alles. Im zweiten Team habe alle Spieler ebenfalls nur ein Ziel: Sie wollen Spaß miteinander haben und Freude am Spiel empfinden. Spaß und Freude geht Ihnen über alles. In der dritten Mannschaft hingegen haben Sie einen Stürmer, der Zauberfußball spielt, einen Mittelfeldspieler, der sich auf den Umtrunk danach freut, einen Torwart, der ein bisschen Ausgleich nach der Arbeit sucht und einen Abwehrspieler, der unbedingt in der Bundesliga spielen will.

Ich schätze mal, ich weiß bereits, welches Team Sie keinesfalls trainieren wollen. Das erste Team kann die Meisterschaft gewinnen (oder auch nicht), im zweiten Team kann das Spiel Spaß machen (oder auch nicht). Im dritten wird mit hundertprozentiger Sicherheit keiner zufrieden sein und keiner seine Ziele erreichen. Selbst wenn die Spieler anfangs technisch besser gewesen sein sollten als die der anderen Teams, wird das dritte Team nach kurzer Zeit das Schlusslicht bilden oder ganz auseinander fallen.

Was haben unterschiedliche Ziele mit Werten zu tun? Ganz einfach: Werte geben den Zielen ihre Bedeutung. Und Werte bestimmen, wie man die Ziele erreicht. Dabei geht es nur zum kleinen Teil um Uniformität. Dem einen Spieler des ersten Teams ist vielleicht seine Familie wichtig, der andere bildet sich im Abendstudium weiter und der dritte ist politisch aktiv. Die Individualität bleibt erhalten, aber beim gemeinsamen Spiel wird der Wert der Spitzenleistung von allen am höchsten gewichtet.

Gemeinsame Werte sind auch die Basis für die Anziehungskraft nach innen wie nach außen. Nach innen ist dies entscheidend, weil das dritte Team kaum in der Lage sein wird, Krisen durchzustehen. Im ersten und zweiten Team ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass das Gemeinsame in den Vordergrund rückt. Nach außen ist das entscheidend, weil dem dritten Team kaum jemand beim Spiel zusehen will. Können Sie sich das bei Ihren Kunden leisten, wenn Sie dort wie das dritte Team auflaufen? Wenn der Vertriebsmitarbeiter zackig Umsatz machen möchte, die Mitarbeiterin an der Hotline irgendwie eine gute Beziehung mit dem Kunden aufbauen will, die Produktion das Allheilmittel für den Kunden im unverständlichen Tech-Talk sieht und im Hintergrund Investoren nur nach der Rendite schielen?

Was sind Werte überhaupt?

Über Werte wird viel geschrieben. Dabei gehen die Ansätze ziemlich wild durcheinander und jeder meint etwas Anderes. Grob lassen sich drei Richtungen unterscheiden. Erstens gibt es eine starke christliche Fraktion. Diese wird gespeist von diversen christlichen Unternehmervereinigungen und einigen bekannten mehr oder weniger offensiv christlichen Unternehmensberatern. Hintergrund ist dabei das christliche Werteverständnis. Es gibt einige christliche Grundwerte, die normativen Charakter haben und an die man sich halten sollte. Dabei geht es im Wesentlichen um Grundregeln des Zusammenlebens. Es kommt nicht darauf an, diese Werte erst allein oder gemeinsam neu zu entwickeln, sondern darum, diese für sich und sein Unternehmen als bedeutend anzuerkennen und danach zu leben und zu handeln.

Die zweite starke Richtung ist vom neurolinguistischen Programmieren NLP geprägt. Dies ist der Hintergrund der meisten Erfolgsratgeber, die sich eigentlich durchgängig (zum Teil ohne dass dies den Autoren bewusst wäre) auf Anthony Robbins beziehen. Nach Anthony Robbins sind Werte die persönlichen Überzeugungen, was Sie für besonders wichtig halten. Werte und Überzeugungen ändern sich im Verlauf des Lebens und lassen sich auch bewusst ändern. Ändert man seine Werte, so ändert sich fast automatisch auch das Verhalten.

Die dritte Richtung ist noch unbekannter und kommt aus dem Bereich der neueren neurologischen Forschungen. Als bekanntesten Vertreter kann man hier Häusel nennen, der einen menschlichen Werte- und Motivraum beschreibt. Diese Werte sind weitestgehend emotionale Vorlieben, die sich weitestgehend unbewusst durchsetzen. Sie verändern sich zwar im Lauf des Lebens, sind aber nicht bewusst beeinflussbar. Sie sind auch nicht normativ, da das Konzept der Normativität davon ausgeht, dass das Bewusstsein sozusagen oben sitzt und das Handeln bestimmt – aktuelle neurologische Forschungen kommen jedoch zu dem Resultat, dass das Handeln emotional ist und das Bewusstsein nachträglich informiert wird.

Das heißt, dass sich die Grundverständnisse von Werten in der Führungsliteratur nach mindestens drei entscheidenden Kriterien drastisch unterscheiden. Erstens: Sind Werte bewusst oder unbewusst? Sind also die wertebasierten Handlungen bewusst oder unbewusst? Zweitens: Sind die Werte veränderbar oder gar bewusst veränderbar und soll man sie überhaupt ändern? Drittens: Soll oder kann man sich normativ nach Werten verhalten oder sind Werte das, nach dem man sich sowieso verhält?

Da diese Unterschiede normalerweise nicht benannt werden, gehen diese drei Grundrichtungen wild durcheinander. Abhängig von den Antworten erfolgt ein völlig anderer Umgang mit den Werten. Will man eine einheitliche Wertegrundlage im Unternehmen, so werden die Vertreter der ersten Richtung das überzeugende Gespräch wählen, die Vertreter der zweiten Richtung die Persönlichkeitsentwicklung fördern, die Vertreter der dritten Richtung die Personalpolitik bemühen (und sich ggf. einfach vom Mitarbeiter trennen).

Im Weiteren gehe ich von nachfolgendem Wertemodell aus. Nach meiner Überzeugung sind Werte bewusst veränderbar. Es ist sogar entscheidend, sie so zu ändern, dass sie zur heutigen Zeit und zur persönlichen Berufung passen. Dabei kann und sollte man nicht von null anfangen, sondern die teilweise Jahrtausende alten Wertekonzepte verschiedener Religionen oder Philosophien bewusst einbeziehen. Man kann sich Werte also selbst setzen – die meisten Handlungen erfolgen dann aber unbewusst auf Basis dieser veränderbaren Werte. Somit erfolgt zwar die einzelne Handlung in aller Regel unbewusst, der Wertesetzungsprozess kann hingegen bewusst ablaufen.

Geht es um die Frage, wann die Werteorientierung ihren Anfang nehmen sollte, ist die Antwort schnell gegeben: Am besten vor Gründung des eigenen Unternehmens, spätestens bei der Einstellung des ersten Mitarbeiters, allerspätestens jetzt. Warum? Stellen Sie sich nochmals die Fußball-Teams vor und beantworten ernsthaft die Frage, was Sie bei dem dritten Team machen müssten oder könnten, um ein daraus ein wirkliches Team zu machen. Da gibt es folgende Ansätze: Sie könnten versuchen, sich auf gemeinsame Werte zu einigen. Aller Voraussicht nach wird das nicht funktionieren. Dann könnten Sie versuchen, eine genügend große Gruppe zu finden, die sich auf gemeinsame Werte einigt. Das hat zwei mögliche Ergebnisse: Entweder ist die Gruppe sehr klein oder die Wertedefinition ist sehr verwaschen. In jedem Fall werden die übrigen opponieren und ein Teil wird, wenn Sie es ernst meinen, das Team verlassen. Zu allem Überfluss werden sich auch noch die Fans (falls Sie überhaupt welche hatten) einschalten und ebenfalls in unterschiedliche Richtungen zerren. Mit anderen Worten: Wenn Sie erst zu einem Zeitpunkt beginnen, Ihr Unternehmen an Werten auszurichten, an dem es bereits gefestigte Strukturen und Kundenbeziehungen gibt, dann werden Sie es sehr, sehr schwer haben.

Diese unterschiedlichen Werte sind wie Krebs, Unternehmenskrebs. Sie werden sie nur noch mit ziemlich üblen Mitteln, wenn überhaupt, wieder los. Diese Energie könnten Sie bei Unternehmensgründung und beim Wachstum jedoch für andere Dinge gebrauchen.

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Lesen Sie im zweiten Teil, wie Unternehmen mit Werten arbeiten können und welche Voraussetzungen es zu erfüllen gilt, dass diese ihre wertschöpfende Wirkung entfalten können. Um zum zweiten Teil zu gelangen, klicken Sie bitte auf den nachfolgenden Hyperlink "weitere Infos"
ZUM AUTOR
Über Stefan Merath
Unternehmercoach GmbH
Stefan Merath leitet seit 1997 eigene Unternehmen mit bis zu 30 Mitarbeitern. 2004 startete er dann zusätzlich seine Laufbahn als Coach und verkaufte schließlich sein Software-Unternehmen im Jahr 2007, um sich ganz dieser Berufung zu ...
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