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Fachartikel, 06.07.2006
Unternehmensführung
Die 10 häufigsten Irrtümer über die Führung von Menschen und Unternehmen
Ein Unternehmen ist ein System, das sich aus vielen einzelnen Bestandteilen zusammensetzt. Dieses System können wir mit dem Organismus des menschlichen Körpers vergleichen.
Der Unterschied ist, dass der menschliche Körper ein natürliches und das Unternehmen ein virtuelles System ist. Bei natürlichen Systemen akzeptieren wir so genannte Naturgesetzmäßigkeiten, nach denen dieses natürliche System funktioniert. Wir kommen gar nicht auf die Idee, diese Gesetzmäßigkeiten zu brechen, weil wir wissen, was dann passiert. Bezogen auf unseren Körper, kämen wir nicht auf die Idee, ein Organ einfach so rauszuschmeißen oder „abzuteilen“. Großer Schaden oder gar der Tod wäre die Folge. Bei Unternehmen sprechen wir noch heute von so genannten „Abteilungen“...

Die Menge der Fehler, die in Unternehmen gemacht werden, ist wahrscheinlich endlos. Es liegt im Wesen eines Unternehmens, etwas zu unternehmen. Und, wo gehobelt wird, da fallen bekanntlich auch Späne. Fehler sind also etwas ganz Normales. Die Frage ist nur, ob Fehler nur einmal oder immer wieder gemacht werden, dann kann es schnell bedrohlich für das Unternehmen werden.

Folgende 10 Irrtümer über die Führung von Menschen und Unternehmen verleiten uns ebenso häufig dazu, Fehler zu machen.

Irrtum Nr. 1: „Es gibt keine natürlichen Gesetzmäßigkeiten der Führung”

Viele verstehen ein Unternehmen und den Umgang mit Menschen mit all seinen Gesetzmäßigkeiten leider nicht als natürliches System. Wie natürliche Gesetzmäßigkeiten, so existieren auch Grundgesetze für Unternehmen. Diese sind nicht offen-sichtlich und daher wird gegen sie auch immer wieder verstoßen. Dies wird „systemischer Fehler“ genannt, da er direkt das System betrifft. Systemische Fehler äußern sich oft unerwartet an Stellen, wo man sie nicht vermuten würde. Sie sind existenziell gefährdend und werden doch als selbstverständlich akzeptiert. Sie fallen im täglichen Handeln gar nicht mehr auf und man sieht lediglich die negativen Resultate und den Schaden. Am besten werden systemische Fehler deutlich, wenn man die Zahlen betrachtet. Sinkende Umsätze können ganz unterschiedliche Gründe haben. Der erste Reflex ist oft, sich auf den Vertrieb zu konzentrieren, der gut funktioniert und dabei außer Acht zu lassen, dass vielleicht die fehlende Innovation der Grund sein könnte. Oder wir sehen einen schwindenden Gewinn und stürzen uns sofort auf die Kosten, ohne die konkrete Ursache (fehlende Attraktivität) zu berücksichtigen.

Irrtum Nr. 2: „Das Ziel eines Unternehmens ist es, Gewinn zu machen”

„Nach der klassischen Unternehmenstheorie werden alle betrieblichen Aktivitäten zu einem Zweck geleitet: der unbedingten Maximierung des kurzfristigen Gewinns (...).“ (Gabler Wirtschaftslexikon). Dies lehrt die Betriebswirtschaft, und wahrscheinlich ist dies auch der Grund, warum es so viele gute Unternehmer gibt, die kein betriebswirtschaftliches Studium absolviert haben (und so wenige Wirtschaftsprofessoren, die erfolgreich ein Unternehmen aufgebaut haben). Wie können ganze Generationen von Betriebswirten sich mit einer solchen Definition zufrieden geben? Wie können Menschen diesem Unsinn Glauben schenken und dafür alles Wesentliche im Leben und auch in der Unternehmensführung unterordnen? Wenn dies die Wahrheit wäre, dann hätten wir heute nicht die Probleme, die wir haben. Große Unternehmen werden häufig nach dieser Maxime gemanagt (nicht geführt!). Manager optimieren den kurzfristigen Gewinn (vor allem ihren eigenen) und wundern sich, dass die Nachhaltigkeit ausbleibt und sowohl Vertrauen als auch Geld vernichtet werden. Würden sie sich Fragen stellen, wie

::: Warum sollte ein Kunde mein Produkt kaufen?
::: Warum sollten die besten Mitarbeiter bei mir arbeiten?
::: Wie mache ich mein Geschäft schneller und einfacher?

wären die eigentlichen Unternehmensziele klar. Der Gewinn ist nur eine Größe, welche die Erreichung dieser Ziele misst. Nicht der Wohlstand darf das Ziel sein, sondern es muss die Leistung sein, die zu Wohlstand führt. Das wahre Zielbündel der ganzheitlichen Unternehmensführung ist der Nutzen, den ein Unternehmen seinen Kunden anbietet sowie der Nutzen für die Mitarbeiter und die einfache Organisation. Dieses Zielbündel basiert auf nachhaltig ethischen und ökonomischen Gesetzmäßigkeiten.

Irrtum Nr. 3: „Wachstum, Wachstum über alles!”

Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht dieses allgegenwärtige Thema uns beherrscht. Deutschland braucht mehr Wachstum. Die Unternehmen brauchen mehr Wachstum. Aber Wachstum muss umsichtig geführt werden. Häufig bekommen Unternehmen gerade in Zeiten eines großen Wachstumsschubes riesige Probleme, denn sie kommen mit der Organisation, Finanzierung und Entwicklung der Mitarbeiter (vor allem der Führungskräfte) nicht nach und scheitern. Und dies, obwohl sie häufig gute Produkte aufweisen und einen langfristigen und nachhaltigen Erfolg aufbauen könnten. Warum orientieren sich Unternehmen nicht am Bambus, einer der am schnellsten wachsenden Pflanzen? Der Bambus kennt Phasen des Wachstums und Phasen der Ruhe, in denen die Wachstumsknoten (die sichtbaren Ringe) gebildet werden. Diese machen das Bambusrohr so stabil. Aber es gibt auch krankhaftes Wachstum, das wir in der Medizin Tumor oder Geschwür nennen. Dies ist eine Krankheit - oft eine tödliche! Wachstum kann also auch töten. Daran sollten wir denken, wenn wir die Mär vom ewigen Wachstum verbreiten. Gesundes Wachstum beinhaltet Phasen der Ruhe und Konsolidierung.

Irrtum Nr. 4: „Führung ist Management.”

Führung ist etwas ganz anderes als Management. Beide Worte werden leider viel zu häufig verwechselt, ebenso wie die Inhalte. Management ist eine Technik, sie basiert auf Zahlen und Messungen und beinhaltet viel Wissen. Management basiert auf Kompetenzen. Management ist ökonomisches Denken. Was dient dem finanziellen Wohlergehen des Unternehmens? Was dient meinem finanziellen Wohlergehen? Alles das sind gute und richtige Fragen. Viele Managementsysteme (und auch der größte Teil der Betriebswirtschaft) sind auf diese Fragen ausgerichtet. Dies ist auch nicht falsch, nur unvollständig. Es ist Management und keine Führung. Bei Führung geht es um die Frage der Gestaltung von Strategien und Prozessen mit anderen Menschen. Führung interessiert sich für Menschen. Führung fordert Leistung, bietet aber auch Sinn an. Führung basiert auf Charakter. Führung ist ethisches Denken. Was nützt den Menschen? Was ist sinnvoll? Was ist das richtige Maß? Das sind Fragen der Führung. Führung basiert auf Charakter. Management auf Kompetenz. Führung ist die ethische Kompetenz und trägt somit Verantwortung für Menschen.

Irrtum Nr. 5: „Es gibt den idealen Führungsstil und eine passende „Management by“-Technik.”

Es gibt keinen idealen Führungsstil. Dieser hängt sowohl von den Menschen als auch der Situation ab. Es wird zuviel gemanagt und viel zu wenig geführt! Wenn Führung und Management endlich auseinander gehalten würden, dann wird deutlich, dass in der Regel die Führung fehlt. Sie scheint in vielen Unternehmen nicht existent zu sein. Kein Wunder, dass in diesen Unternehmen kein Vertrauen herrscht. Gute Führung führt zu Vertrauen. Management ist eine ökonomische Technik und vermag dies gar nicht zu leisten. Ganz deutlich möchte ich hier machen, dass Führung und Management gleichwertig sind, sie stehen in ihrer Unterschiedlichkeit nebeneinander. Nur gemeinsam ergibt sich ein vollständiges Bild.

Irrtum Nr. 6: Betriebsamkeit ist ein Zeichen des Erfolges.

Einer der größten Fehler im Mittelstand ist das tägliche Durchwurschteln. Die meisten Mittelständler sind sehr fleißig, oftmals jedoch erfolglos. Fleiß allein führt nicht automatisch zum Erfolg. Dies mag früher der Fall oder in Zeiten der großen Konjunktur so gewesen sein. In schwierigen Zeiten reicht Fleiß allein nicht aus (er ist notwendig für den Erfolg, aber leider nicht hinreichend). Solch fleißig erfolglosen Unternehmer stürzen sich jeden Tag wieder aufs Neue in den Alltag und versuchen, der Flut an Arbeit Herr zu werden. Dabei werden unter Zeitdruck oder mit zu wenig Übersicht und oft aus dem Bauch heraus, Entscheidungen getroffen, die bei näherer Betrachtung nie hätten getroffen werden dürfen. So fällt der schwer erwirtschaftete Gewinn schnell diesen Fehlentscheidungen und somit der operativen Hektik zum Opfer. Aber es sind nicht nur die Fehlentscheidungen, die Probleme bereiten; oft auch werden Chancen und Veränderungen auf dem Markt nicht rechtzeitig wahrgenommen. Nicht zuletzt verhindert dieses Durchwurschteln, dass man sich Klarheit über anstehende wichtigere und wesentlichere Aufgaben und Entscheidungen verschafft. Ein guter Unternehmer zeichnet sich dadurch aus, dass er mehr am Unternehmen, als im Unternehmen arbeitet.

Irrtum Nr. 7: „Wir brauchen keine Strategie, wir legen einfach los.”

Wer nicht nachdenkt, kann auch keine Strategie entwickeln. Beides gehört zusammen. Zwar ist Strategie in der Managementliteratur ein sehr abgegriffenes Thema, doch ist sie so aktuell wie nie. Hermann Simon hat in seinem Buch „Strategie und Wettbewerb“ 50 handfeste Aussagen zu diesem Thema gemacht und darin festgestellt, dass gerade heute die Strategie eines Unternehmens ein entscheidender Wettbewerbsfaktor ist. Die wenigsten Mittelständler wissen aber über Strategie Bescheid, und noch weniger wenden sie an. Es ist an der Zeit, dass sich dies ändert. Hermann Simon fasst Strategie folgendermaßen zusammen:

::: Wissen, was man will.
::: Wissen, was man nicht will.
::: Etwas Neues schaffen.
::: Externe Chancen und interne Kompetenzen integrieren.
::: Durchhalten.

Welcher dieser Punkte ist in Ihrem Unternehmen klar definiert? Hierzu braucht es ein Leitbild, an dem sich alle im Unternehmen orientieren können, aber an dem sich auch unsere Kunden orientieren können. Aus dem Leitbild werden Ziele und Strategie abgeleitet. Eine durchdachte Strategie ist die Grundlage eines wettbewerbsfähigen Unternehmens.

Irrtum Nr. 8: „Ein Unternehmen ist kompliziert.”

Man glaubt ein Unternehmen sei kompliziert, undurchschaubar und es wird immer komplizierter gemacht, als es sein muss. Ein Unternehmen ist komplex, das heißt verschiedene dynamische Systeme interagieren miteinander. Komplexität zu beherrschen, ist eine der Aufgaben von Unternehmern und Führungskräften. Komplex heißt nicht kompliziert. Leider wird das häufig verwechselt. Kompliziert ist das Gegenteil von einfach, und so ist es eine der zentralen Aufgaben, die Dinge immer möglichst einfach zu gestalten. Die Führung hat auch die Aufgabe, auf das komplexe emotionale System Mensch und hier vor allem auf das System der Gruppe einzuwirken. Wirksame Führung kann aber nur in einem Umfeld der Einfachheit ihre ganze Kraft entfalten.

Irrtum Nr. 9: „Ein guter Unternehmer ergreift jede „günstige“ Gelegenheit.”

Eine der wesentlichen Eigenschaften eines Unternehmers ist die Bereitschaft „etwas zu unternehmen“ und in eine „günstige“ Gelegenheit zu investieren. Das ist seine Stärke! Jedoch kann es sich auch als Schwäche erweisen, wenn wir von einer „günstigen“ Gelegenheit zur nächsten springen und somit aus den „günstigen“ Gelegenheiten eine Serie von ungünstigen Arbeitsbedingungen schaffen. Wenn wir uns einmal für ein Ziel und eine klare Strategie entschieden haben, dann gilt es auch, dabei zu bleiben und die Energien zu bündeln. Gelegenheiten wird es immer geben, und häufig sind sie Ablenkungen vom eigentlichen Kerngeschäft, und um ehrlich zu sein, auch von der eigentlichen Kernkompetenz. Unternehmer greifen also günstige Gelegenheiten auf - prüfen diese sorgfältig - entscheiden sich und lassen sich dann nicht von anderen günstigen Gelegenheiten weiter ablenken. Sie setzen ihre Zielvorstellungen um. Heute gilt es günstige Gelegenheiten umzusetzen - jedoch diese vorher gründlich zu prüfen. Und dann schneller als andere zu sein.

Irrtum Nr.10: „Unser Unternehmen ist kundenorientiert genug.”

Kein Unternehmen ist hinreichend kundenorientiert! Fragen Sie Ihre Kunden. Und beweisen Sie mir, dass ich falsch liege. Leider ist Kundenorientierung ein viel gebrauchtes Wort und eine wenig vollzogene Tat. Es geht die Mär vom König Kunde durch unser Land. Es heißt, der Kunde stehe im Mittelpunkt! Dies gilt jedenfalls immer und überall für Firmenbroschüren und Hochglanzprospekte. In Wirklichkeit steht er als „Mittelpunkt“ stets im Weg. Dies wird uns spätestens bewusst, wenn wir auswärts essen gehen, in einem Hotel übernachten oder kurz vor Ladenschluss noch etwas kaufen wollen. Auch bei der Entwicklung von Dienstleistungen und Produkten wundern sich viele Unternehmer, dass der Kunde diese nicht will. Nicht der Chef entscheidet über den Erfolg von Produkten, sondern der Kunde.

Jede Menge Fehler

Es sind also eine Menge Fehler, die gemacht werden können, und häufig ist es nicht nur ein einzelner, sondern eine ganze Reihe von Fehlern. Falsche Annahmen, irrige Vorstellungen, die leider auch durch unkorrekte Fachliteratur verbreitet werden, tragen dazu bei. Gerade deshalb ist der Aspekt der Führung so bedeutungsvoll. Es ist unsere Aufgabe, zu lernen und uns beständig weiter zu entwickeln. Der rasche, stets anhaltende Wandel in unserer Zeit macht es notwendig, uns immer wieder in unserer eigenen Form zu überdenken, uns mit unserem Fachwissen aber auch mit unseren Werten zu beschäftigen. Die drängenden Probleme der heutigen Zeit lassen sich nur auf einer neuen Ebene des Bewusstseins lösen - und dazu braucht man eine kontinuierliche Weiterentwicklung.

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Dr. Dr. Cay von Fournier ist aus Überzeugung Arzt und Unternehmer. Zu seiner Vision gehören möglichst viele gesunde Menschen in gesunden Firmen. Der in Medizin und Wirtschaftswissenschaften promovierte Inhaber des vor 20 Jahren gegründeten SchmidtCollegs ist bekannt durch seine lebhaften und praxisrelevanten Vorträge und Seminare. SchmidtColleg ist unter seiner Leitung zu einer Unternehmensgruppe geworden, die sich der Vermittlung und Umsetzung einer menschlichen und dennoch (oder gerade trotzdem) erfolgreichen Unternehmensführung widmet.
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