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Fachartikel, 04.01.2007
Personalmanagement
Neues Elterngeld stellt Personalabteilungen vor neue Herausforderungen
Kulturwandel - die neue Elterngeldregelung bringt viele Herausforderungen für Unternehmen. Wer diese aber meistert, wird profitieren.
Am ersten Januar 2007 tritt das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) in Kraft. Das neue Elterngeld ersetzt das bisherige Erziehungsgeld und soll die Einkommenseinbußen, die Eltern im ersten Jahr nach der Geburt haben, ausgleichen. Im Gegensatz zum früheren Erziehungsgeld, das in Form eines monatlichen Pauschalbetrags gezahlt wurde, handelt es sich beim Elterngeld nun also um eine Lohnersatzleistung. Der betreuende Elternteil erhält künftig zwölf Monate lang 67 Prozent seines letzten Nettoeinkommens, maximal 1.800 Euro monatlich. Als Bonus können sich zwei „Partnermonate“ anschließen, wenn auch der jeweils andere Elternteil – in der Praxis meistens der Vater – seine Arbeitszeit zur Kinderbetreuung ganz oder teilweise reduziert.

Ziele des neuen Gesetzes

Die Bundesregierung setzt große Erwartungen in das Gesetz, das nach dem Vorbild skandinavischer Länder gestrickt wurde. Berufstätigen Frauen, besonders hoch qualifizierten Akademikerinnen, wird mit der neuen Elterngeldregelung – so hofft man – die Entscheidung für ein Kind leichter gemacht, wenn sich die finanziellen Nachteile direkt nach der Geburt in Grenzen halten. Außerdem fördert der begrenzte Bezugszeitraum des Elterngelds eine frühere Rückkehr in den Beruf, womit spätere Karrierenachteile als Folge langer Auszeiten verringert werden sollen. Der zweimonatige Elterngeldbonus für „Partnermonate“ soll für Väter einen Anreiz schaffen, auch eine Zeit lang beruflich kürzerzutreten und einen Teil der Kinderbetreuung zu übernehmen. Das Ziel ist mehr Gleichberechtigung: Berufliche Nachteile von Frauen sollen abgebaut werden, und zwar wiederum im Hinblick darauf, ihnen künftig die Entscheidung für ein Kind leichter zu machen. Langfristig soll damit die Geburtenrate in Deutschland wieder steigen und der demografische Wandel sowie der damit einhergehende Fachkräftemangel abgefedert werden.

Probleme für die betriebliche Praxis

Letzteres ist zwar ganz im Sinne der Unternehmen, doch rein betriebswirtschaftlich betrachtet ist eine Elternzeit zunächst einmal etwas Negatives: Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter fällt aus. Diese Auszeit muss überbrückt werden, eine Ersatzkraft neu eingearbeitet werden, beim Wiedereinstieg des „Elternzeitlers“ entstehen Kosten für Weiterbildung et cetera. Mit dem neuen Gesetz werden sich diese Herausforderungen noch verschärfen: Personaler sehen sich einer steigenden Komplexität in Organisation und Management gegenüber. Unternehmen werden künftig noch flexibler sein müssen als bisher. So ist das Ziel des neuen Elterngelds, die Dauer der Elternzeit insgesamt zu verkürzen, zwar für Unternehmen wünschenswert. Doch das bedeutet auch, dass Personaler Lösungen dafür finden müssen, vermehrt kürzere Auszeiten von Mitarbeitern zu überbrücken, für die sich eine befristete Neueinstellung nicht lohnt. Und sie müssen noch stärker als bisher die unterschiedlichen Teilzeitmodelle unter einen Hut bringen. In Zukunft werden auch vermehrt Führungskräfte und – nicht zuletzt wegen der im Gesetz vorgesehenen „Vätermonate“ – auch Männer vorübergehende Auszeiten nehmen oder Teilzeit arbeiten. Damit steht auch ein grundlegender Wandel in der Unternehmenskultur an, den es gilt, von der Personalabteilung aus zu steuern und voranzutreiben.

Deutsche hinken hinterher

Denn gerade auf diesem Gebiet hinken deutsche Unternehmen, vor allem im Vergleich mit unseren skandinavischen Nachbarn, hinterher. Vieles deutet darauf hin, dass es weniger finanzielle und nur zum Teil logistische Aspekte (mangelnde Betreuungsangebote) sind, die die Deutschen vom Kinderkriegen abhalten. In erster Linie stehen gesellschaftliche Wertvorstellungen und Rollenbilder im Weg. Nach wie vor ist bei uns das Bild des männlichen Alleinverdieners verankert, nicht zuletzt, weil unser Steuersystem dieses Modell fördert. „Hausmann“ ist hierzulande eher ein Euphemismus für „arbeitslos“ als eine ernst zu nehmende Aufgabe. Solche gesellschaftlichen Wertvorstellungen spiegeln sich auch in den Unternehmenskulturen deutscher Betriebe wider: Teilzeitarbeit gilt als „Frauen­arbeit“, und Teilzeitbeschäftigte gelten in den Augen vieler Vorgesetzten nicht als Leistungsträger.

Vätern fehlt der Mut zur Elternzeit

Tatsache ist jedenfalls: Teilzeitarbeit in Führungspositionen und Elternzeit für Väter sind in Deutschland nach wie vor absolut unüblich (siehe Studie Seite 26). Nur knapp fünf Prozent der Väter nehmen hierzulande Elternzeit in Anspruch. In Schweden – wo ein ähnliches Elterngeldmodell bereits vor mehr als 30 Jahren eingeführt wurde – sind es immerhin rund ein Drittel.

Dieser Status quo spiegelt sich auch in den Einstellungen von Personalverantwortlichen zum Elterngeld und zur Elternzeit wider: Laut einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und Roland Berger Strategy Consultants im Sommer 2006 erwartet fast die Hälfte (42 Prozent) der deutschen Personalverantwortlichen, dass kein (!) Mann aus der eigenen Belegschaft künftig die Arbeitszeit zugunsten der Familie reduzieren wird. Wohlgemerkt: Es ging nur um eine Reduzierung der Arbeitszeit, nicht um eine vorübergehende Komplett-Auszeit. 43 Prozent der befragten Personaler gaben außerdem zu, dass es sie in der betrieblichen Praxis vor spürbare Schwierigkeiten stellen würde, falls wider Erwarten doch mehr Väter ihr Recht auf Elternzeit in Anspruch nähmen.

Die Väter selbst hingegen wollen sich durchaus gern mehr für ihre Familie engagieren, trauen sich aber nicht, weil sie berufliche Nachteile dadurch befürchten. Das zeigen verschiedene Studien. So glauben laut einer Umfrage der IGS Organisationsberatung und von MWonline 64 Prozent der angestellten Väter, dass eine Inanspruchnahme der Elternzeit negative Auswirkungen für sie hätte.

Arbeit an der Unternehmenskultur

Eine Unternehmenskultur zu etablieren, in der auch Männer sich trauen, Elternzeitmodelle zu nutzen, lohnt sich also schon allein als Beitrag zur Mitarbeiterzufriedenheit. Männer würden sich weniger aufreiben im Konflikt zwischen gewolltem beruflichen und gewünschtem familiären Engagement – einen solchen Konflikt empfinden laut der oben genannten Umfrage 71 Prozent. Sie wären leistungsfähiger, wenn ihnen eine Balance ermöglicht würde.

Darüber hinaus gibt es aber noch weitere gute Gründe für Personaler, gezielt an einer elternzeitfreundlichen Unternehmenskultur zu arbeiten: Wenn im Alltag die verschiedenen Teilzeit- und Telearbeitsmodelle ineinandergreifen müssen, bedarf es konkreter Maßnahmen und Instrumente, um die betrieblichen Abläufe zu sichern.

Gezielte Maßnahmen sind notwendig

Das fängt an bei systematischer Ausstiegs-, Überbrückungs- und Wiedereinstiegsplanung, um entsprechende „Reibungsverluste“ zu vermeiden. Es geht weiter über aktive Konktaktpflege und Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung während der Elternzeit, damit Eltern möglichst bald an ihren Arbeitsplatz zurückkehren und in der Zwischenzeit nicht den Anschluss verpassen. Und es reicht bis hin zu einer neuen Kommunikationskultur bei der Abstimmung von Abwesenheits- und Erreichbarkeitszeiten innerhalb eines Teams mit mehreren Teilzeitmitarbeitern. Eine solche Kommunikationskultur erfordert nicht nur Disziplin des einzelnen Mitarbeiters, sondern auch entsprechende Rahmenbedingungen im Betrieb, die der Arbeitgeber schaffen muss.

Nicht zuletzt muss die Personalabteilung die Führungskräfte unterstützen: In ihrer Rolle als Vorbild und Multiplikator für eine Unternehmenskultur, die Teilzeitmitarbeiter ebenso wertschätzt wie Vollzeitkräfte. Und konkret in ihrer Rolle als Führende, denn es erfordert spezielle Führungskompetenzen, ein Team bestehend aus vielen Teilzeitmitarbeitern zu leiten. Darüber hinaus bedarf es der aktiven Arbeit am eigenen Rollenverständnis, falls die Führungskraft selbst ein Elternzeitmodell nutzen möchte: Eine solche Führungspersönlichkeit muss hohes Verantwortungsbewusstsein mitbringen und gleichzeitig fähig sein, viel zu delegieren. Und es braucht eine klare Vertretungsregelung.

Wenn Personalverantwortliche es also schaffen, die vielfältigen neuen Herausforderungen zu meistern, werden auch sie von dem neuen Elterngeld- und Elternzeitgesetz profitieren.

Weitere Informationen und Arbeitshilfen finden Sie im Dossier „Elterngeld und Elternzeit“ unter der Rubrik „Neu im Januar“.

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Was Personalabteilungen noch zu den neuen Regelungen wissen müssen, lesen Sie unter www. http://www.personal-magazin.de in folgenden Beiträgen »Elterngeld kommt – Elternzeit bleibt«, »Elternfreundliches Klima«, »Teilzeitarbeit ist ein Tabu«, sowie das Interview mit Xenia Mohr „In Schweden kein Problem“.

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Quelle / Urheber dieses Beitrages:
Melanie Rößler
Haufe Personalmagazin 01/07
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