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Fachartikel, 24.05.2006
Spotlight-Analyse
Die interaktive Medienwelt – ist sie endlich da?
Zur WM-Übertragung kommt die Frage wieder auf: TV on-Demand übers Internet – ist es endlich soweit? Dabei las man doch 2001 bereits viele Schlagzeilen wie: „Digitales Fernsehen steht kurz vor dem Durchbruch”.
Endlich sollten die Zuschauer selbst bestimmen, was sie wann, wie und wo sehen oder hören wollten. Seitdem sind fünf Jahre vergangen und die Mehrheit der Deutschen schaut immer noch „in die Röhre”, maximal auf den Flachbildschirm. Aber interaktives Fernsehen übers Internet? Video und Audio on-Demand? Woran liegt es, dass die Realität weit von dem entfernt ist, was die Presse oft suggeriert?

Für den Erfolg interaktiver Unterhaltungsinhalte in hoher Darstellungsqualität spielen mehrere Faktoren eine Rolle: Zum einen müssen Infrastruktur wie Breitband-Internet sowie erschwingliche und bedienungsfreundliche Endgeräte vorhanden sein. Weiterhin sollte bei den Konsumenten natürlich Nachfrage nach mehr Flexibilität und Interaktivität bestehen. Und schließlich müssen die Angebote auf eben diese Wünsche zugeschnitten sein. Ein näherer Blick zeigt, welcher dieser Faktoren der Verbreitung interaktiver digitaler Dienste möglicherweise im Weg steht.

In weiten Teilen Europas ist die Internet-Infrastruktur für On-Demand-Dienste zu einem großen Teil vorhanden. Mangelnde Verfügbarkeit von wichtigen Elementen der erforderlichen Infrastruktur wie DSL und Endgeräte können immer weniger als Problem gelten. So hatten laut Eurostat im Jahr 2005 bereits 23 Prozent aller Haushalte in den 25 EU-Mitgliedstaaten Zugang zu Breitband-Internet, über das Unterhaltungsinhalte verbreitet werden können. Allein im Vergleich zum Vorjahr sind das mehr als 50 Prozent Wachstum. Auch erlauben digitale Videorecorder den Zuschauern, Fernsehsendungen digital aufzunehmen und wiederzugeben – und sich damit von den Zwängen fixer Sendepläne zu befreien.

Der Wunsch nach Flexibilität ist bei den Konsumenten durchaus vorhanden. Dies unterstützen die Ergebnisse einer Umfrage, die Berlecon im Rahmen des INDICARE-Projekts Ende 2005 unter 2731 Internet-Nutzern in Europa durchgeführt hat. So steht für mehr als zwei Drittel der Befragten die Möglichkeit, digitale Videoinhalte jederzeit schauen zu können (sog. Time-Shifting), ganz oben auf der Wunschliste.

Für diese Freiheit sind viele Konsumenten bereit zu bezahlen. So zeigt die Studie, dass 38 Prozent der befragten Nutzer digitaler Videoinhalte mehr zahlen würden, um erworbene Filme und andere Inhalte auf CD oder DVD brennen zu können. Auch das Recht, Inhalte jederzeit schauen zu können, ist 38 Prozent der Befragten bares Geld wert. Mangelnde (potenzielle) Nachfrage kann also kaum als Hemmschuh für die Entwicklung flexibler digitaler Angebote gelten.

Vielmehr zeigt ein Blick auf die vorhandenen kommerziellen Angebote, dass sie an eben diesen Wünschen der Konsumenten zu großen Teilen vorbeigehen. Deutliche Beispiele hierfür sind zwei Download-Portale, die von den großen Filmstudios betrieben werden. So können beispielsweise bei CinemaNow heruntergeladene Hollywood-Filme nur auf dem zum Download genutzten Computer angeschaut werden. Der Konkurrent Movielink erlaubt seinen Kunden zwar, den Film auf DVD zu brennen und auf bis zu zwei weiteren Rechnern zu schauen – der DVD-Player im Wohnzimmer ist allerdings tabu.

Für die Masse der Kunden ist es sicherlich nicht besonders attraktiv, den neuesten Blockbuster auf ihrem 12-Zoll Laptop schauen zu müssen, wenn die Heimkinoanlage direkt daneben steht. Hinzu kommt, dass die Bildqualität geringer ist als bei herkömmlichen DVDs. Auch fehlen übliche Extras wie beispielsweise Features oder Interviews mit den Darstellern. Das alles wäre akzeptabel, wenn die Filme entsprechend günstiger angeboten würden. Ganz im Gegenteil sind die Downloads jedoch teurer als Kauf-DVDs im Laden. Somit ist mit breiter Nachfrage kaum zu rechnen.

Aber man sollte den Grund für den Mangel an attraktiven Diensten nicht nur bei den Anbietern suchen. Auch rechtliche Unsicherheiten spielen eine Rolle. Verursacht wird dies durch die fortschreitende Konvergenz digitaler Plattformen, Formate und Technologien, mit der die Gesetzgebung oft nicht Schritt hält und keine klaren Spielregeln schafft. Für Inhalte-Anbieter und Hersteller von Unterhaltungselektronik ist dadurch nicht immer klar, ob sie mit Klagen oder weiteren Lizenzforderungen seitens der Rechteinhaber rechnen müssen. Dies hält Anbieter möglicherweise von notwendigen Investitionen in attraktive und innovative Angebote und Geräte ab. Ein aktueller Fall aus den USA verdeutlicht dies: XM – ein Anbieter von digitalem Satelliten-Radio – bietet seinen Abonnenten eine große Vielfalt an Sendern. Gegen eine monatliche Gebühr können die Kunden die Sendungen nicht nur anhören, sondern seit einiger Zeit auch aufnehmen. Zusammen mit Geräteherstellern wie Pioneer bietet XM portable Geräte an, die bis zu 50 Stunden des Programms speichern und wiedergeben können. Brennen und Weitergabe der Inhalte ist allerdings nicht möglich.

Die amerikanische Plattenindustrie argumentiert trotzdem, dass damit aus dem Radiosender eine Musik-Downloadplattform geworden ist – ähnlich wie Napster oder Yahoo Music Unlimited. Entsprechend soll XM nun höhere Lizenzgebühren zahlen und muss sich in einer durch die Musiklabels angestrengten Klage verteidigen. Damit liegt das Angebot zumindest für die Dauer des Prozesses auf Eis.

Während Technologie und Nachfrage für die Verbreitung von On-Demand-Diensten bereit sind, können unattraktive Angebote sowie rechtliche Unsicherheiten sehr wohl innovative Dienste ausbremsen. Wie steht es also mit dem seit Jahren angeblich bevorstehenden Durchbruch der interaktiven Medienwelt? Vielleicht ist er ja 2006 tatsächlich fällig. Wenn nicht, dann 2010 in Südafrika?
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