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Fachartikel, 26.09.2011
Gesundes Selbstmanagement
Heute den Burnout von morgen vermeiden
Die Zahl der Erwerbstätigen mit psychosomatischen Erkrankungen steigt – auch weil es häufig an den nötigen Selbstmanagement-Kompetenzen zur Sicherstellung der Work-Life-Balance fehlt. Entsprechend schnell schlägt das „Gefordert-sein“ in ein „Überfordert-sein“ um, an dessen Ende immer öfter ein sogenannter Burnout steht.

Abschalten, einfach mal scheinbar nichts tun – das fällt vielen beruflich stark engagierten Frauen und Männern schwer. Unruhe packt sie, wenn plötzlich kein Handy mehr klingelt und zum Beispiel an Sonn- und Feiertagen solche Ablenkungen wie das Shoppen entfallen. Denn dann steigen in ihnen häufig –  ganz unverhofft – „seltsame“ Fragen empor. Fragen zum Beispiel wie:

  • Wofür schufte ich eigentlich tagein, tagaus?
  • Macht mir meine Arbeit Spaß?
  • Bin ich mit meiner Beziehung zufrieden?
  • Wer sind eigentlich meine Freunde?

Gefährliche Fragen! Denn wenn wir auf sie keine befriedigenden Antworten finden, gerät unser „seelisches“ Gleichgewicht schnell ins Wanken. Und sind diese Fragen erst einmal aufgetaucht, können wir sie nicht mehr abschütteln. Wir können sie bestenfalls für einige Zeit „betäuben“ – zum Beispiel mit Arbeit, Alkohol und hektischer Betriebsamkeit.

Deshalb versuchen viele Menschen, diese Fragen erst gar nicht in sich aufsteigen zu lassen. Sie verplanen ihre Freizeit wie ihre Arbeitszeit. Ein Termin jagt den anderen. Schnell wird so auch aus der Frei-Zeit ge-füllte Zeit.

Mehr Eigenverantwortung gefragt


Dabei werden Frei-Zeiten, auch Aus-Zeiten genannt, in unserem Leben immer wichtiger – zumindest wenn wir ein erfülltes statt gefülltes Leben führen möchten. Denn in unserer modernen Gesellschaft werden wir mit neuen Anforderungen konfrontiert: Wir sollen mobil und stets erreichbar sein. Wir sollen uns lebenslang weiterbilden, damit unsere Arbeitskraft gefragt bleibt. Und um unsere Alters- und Gesundheitsvorsorge? Auch um sie sollen wir uns stärker kümmern. Egal, wohin wir schauen: Überall wird von uns mehr Eigenverantwortung gefordert, und überall werden wir mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Herausforderungen, von denen wir oft noch nicht wissen, wie wir sie bewältigen sollen. Schließlich sind sie neu. Also brauchen wir Zeit, um neue Lösungswege zu entwerfen.

Hinzu kommt: Immer häufiger geraten wir in Situationen, in denen wir uns entscheiden müssen. Ziehe ich nach Hamburg um, weil ich Karriere machen möchte, oder sind mir meine Freunde wichtiger? Spare ich 200 Euro pro Monat fürs Alter oder fahre ich zwei Mal pro Jahr in die Karibik? Will ich mit meinem Partner Kinder kriegen oder ist mir meine Unabhängigkeit wichtiger?

Bei all diesen Fragen müssen wir uns in der Regel entscheiden, denn es ist eine Illusion anzunehmen: Alles ist zugleich möglich. Wenn ich heute in Frankfurt, morgen in London arbeite, während mein Partner in Shanghai an seiner Karriere bastelt, ist es schwer, zeitgleich gemeinsam eine stabile Liebesbeziehung und Familie aufzubauen. Also muss ich mich entscheiden.

Notwendigkeit, sich zu entscheiden


Solche Entscheidungen zu treffen, fällt vielen Menschen schwer, denn: Wenn wir uns für etwas entscheiden, müssen wir andere Möglichkeiten verwerfen. Wer „Ja“ sagen möchte, muss auch „Nein“ sagen können. Dies können wir aber nur, wenn wir wissen, was uns wichtig ist. Sonst fassen wir zwar viele Vorsätze, doch ein, zwei Tage später sind sie vergessen. Denn unsere Vorsätze sind nicht in einer Lebensvision verankert. Also werfen wir sie, wenn sich die ersten Widerstände beim Umsetzen zeigen, schnell wieder über Bord.

Hinzu kommt: Was in unserem Leben wirklich wichtig ist, ist nie dringend.

  • Es ist nie dringend, joggen zu gehen. Es wäre aber gut für unsere Gesundheit.
  • Es ist nie dringend, mit den Kindern zu spielen. Es wäre aber für sie wichtig.
  • Es ist nie dringend, sich Zeit für ein Gespräch mit dem Partner zu nehmen. Es wäre aber wichtig für die Beziehung.
  • Es ist nie dringend, sich zu fragen „Welche Ziele habe ich im Leben?“ Es wäre aber wichtig, damit wir nicht in eine Sinnkrise geraten.

Weil die wirklich wichtigen Dinge nie dringend sind, schieben wir sie oft vor uns her. Oder wir hegen die Illusion: Wenn ich alles schneller erledige, habe ich auch dafür Zeit. Das erweist sich meist als Trugschluss. Die einzige Konsequenz: Wir führen zunehmend ein Leben im High-Speed-Tempo. Und irgendwann stellen wir resigniert fest: Nun führe ich zwar ein (noch) gefüllteres Leben, aber kein erfülltes Leben.

Herausforderung: Die Balance im Leben wahren


Eine solche Schieflage ist kein Einzelschicksal. Immer mehr Menschen plagt das Gefühl: Mein Leben ist nicht im Lot. Eine Ursache hierfür ist: Bezogen auf ihre berufliche Laufbahn haben die meisten Menschen eine klare Perspektive – zum Beispiel: „Ich will Marketingleiter werden.“ Oder: „Ich will 80 000 Euro im Jahr verdienen.“. Anders sieht es in den drei Lebensbereichen „Sinn/Kultur/Stille“, „Körper/Gesundheit“ und „Soziales Leben“ aus. Hier fehlen uns häufig klare Ziele.

In der Alltagshektik übersehen wir zudem oft, dass die vier Lebensbereiche in einer Wechselbeziehung stehen. Deshalb verliert, wer zum Beispiel den Bereich „Berufliches Leben“ längerfristig überbetont, auf Dauer neben seiner Lebensfreude, auch seine Leistungskraft. Denn:

  • Wer krank ist, kann weder sein Leben in vollen Zügen genießen noch ist er voller Leistungskraft.
  • Wer einsam ist, ist weder „quietsch-vergnügt“ noch kann er seine volle Energie auf seinen Job verwenden.
  • Wer in einer Sinnkrise steckt, ist weder „lebensfroh“ noch sehr leistungsfähig. Denn hinter all seinem Tun steht die Frage „Was soll das Ganze?“.

Wenn wir ein erfülltes Leben führen möchten, müssen wir also für die rechte Balance zwischen den vier Lebensbereichen sorgen. Dies gelingt uns nur, wenn wir eine Vision von unserem künftigen Leben haben.

Ziel: physisch und psychisch gesund bleiben


Dass wir eine solche Lebensvision haben, wird zunehmend wichtig, wenn wir unsere (seelische) Gesundheit und somit unsere Leistungskraft und Lebensfreude bewahren möchten. Das erkannte vor fast 20 Jahren bereits der Zukunftsforscher Leo A. Nefiodow, der in seinem Buch „Der sechste Kondratieff“ unter anderem schrieb: Nach der Informationstechnologie wird in den kommenden 40 bis 60 Jahren das Thema Gesundheit nicht nur der Wachstumsmotor der Wirtschaft, sondern auch das zentrale gesellschaftliche Thema sein.

Dass dies zutrifft, zeigt sich unter anderem darin, dass in der medizinischen Forschung zunehmend das Thema Salutogenese an Bedeutung gewinnt: Also die Frage: Warum werden gewisse Menschen nicht krank – obwohl sie in ihrem Leben den selben gesundheitsbelastenden Faktoren ausgesetzt sind wie viele erkrankte Menschen? Und damit verbunden ist die Frage: Wie kann man die Widerstandskraft von Menschen so stärken, dass sie gesund bleiben, selbst wenn – sei es beruflich oder privat – großen Belastungen unterworfen sind?

Schlüsselkompetenz Gelassenheit und Zuversicht


Eine zentrale Erkenntnis dieser Forschung ist: Ob uns etwas krank macht, hängt auch davon ab, wie wir auf die Herausforderungen, vor die das Leben uns stellt, reagieren. Eher passiv, ängstlich mit der Grundhaltung „Das schaffe ich nicht“? Oder eher selbstbewusst und getragen von der Zuversicht: „Irgendwie schaffe ich das schon, denn in meinem Leben habe ich schon viele Herausforderungen gemeistert.“

Wie selbst-bewusst wir mit Herausforderungen umgehen, hängt auch davon ab, ob wir eine Vision von unserem künftigen Leben haben. Diese ist unter anderem wichtig, weil heute an uns immer mehr Anforderungen gestellt werden, die sich nur bedingt miteinander vereinbaren lassen. Dies werden die meisten berufstätigen Mütter sofort bestätigen. Denn in den meisten höher qualifizierten Jobs sind unregelmäßige Arbeitszeiten normal. Für berufstätige Mütter bedeutet dies: Sie können nicht mehr täglich beispielsweise Punkt 16 Uhr das Büro verlassen. Was sollen sie aber tun, wenn der Kindergarten um 16 Uhr schließt? Noch ein Beispiel: Vielen Vertriebsmitarbeitern von Unternehmen fällt es zunehmend schwer, regelmäßige private Termine wahrzunehmen. Denn immer wieder müssen kurzfristig Angebote für Kunden erstellt werden oder dauert ein Kundentermin länger als geplant. Entsprechendes gilt für viele Projektverantwortliche in Unternehmen. Also sind (Interessen-)Konflikte vorprogrammiert.

Für solche Konflikte bietet uns das klassische Zeit- und Selbstmanagement keine Lösung. Denn irgendwann ist unser Terminplan einfach voll. Und auch das empfohlene Delegieren von Aufgaben stößt an seine Grenzen – zum Beispiel, weil uns schlicht das Geld zum Beschäftigen einer Haushaltshilfe oder zum Einstellen eines weiteren Mitarbeiters fehlt.

Herausforderung: das eigene Leben managen


Hinzu kommt: Das klassische Zeit- und Selbstmanagement berücksichtigt nicht, dass unsere größten Konflikte meist daraus resultieren, dass wir in ein soziales Beziehungsnetz eingebunden sind. Hierfür zwei Beispiele: Ein Angestellter kann sich zwar vornehmen „Heute Abend, Punkt 18 Uhr, verlasse ich das Büro.“ Wenn sein Chef jedoch kurz vor 18 Uhr sagt „Dieses Angebot muss heute noch raus“, dann hat er ein Problem. Ebenso verhält es sich, wenn er sich vornimmt „Ich gehe abends regelmäßig joggen“, sein Lebenspartner aber sagt: „Wenn du schon so spät von der Arbeit kommst, könntest du wenigstens dann bei mir und den Kindern bleiben.“

Solche Konflikte berücksichtigt das klassische Zeit- und Selbstmanagement nicht. Es tut so, als würden wir als „lonely heroes“ durchs Leben gehen. Dies können wir zwar, aber ein erfülltes Leben führen wir so nicht, denn: Menschliches Leben ist Leben in Gemeinschaft. Hinzu kommt: Wenn unser Privat- und Berufsleben an uns Anforderungen stellt, die sich nur schwer miteinander vereinbaren lassen, dann können wir diese meist nur mit Hilfe anderer Menschen meistern. Zum Beispiel, indem wir mit Bekannten vereinbaren: „Montags und donnerstags holst du meine Kinder ab, damit ich länger arbeiten kann. Dafür nehme ich deine Kinder am Dienstag und Freitag mit.“

Hieraus resultiert eine weitere Anforderung: Wir müssen sozusagen „Manager“ unseres eigenen Lebens werden – also Personen, die durch ihr heutiges Handeln dafür sorgen, dass sie auch künftig ein glückliches und erfülltes Leben führen.

Eine Grundvoraussetzung hierfür ist: Wir müssen heute dafür (vor-)sorgen, dass wir auch künftig nicht unsere Lebensbalance verlieren. Zum Beispiel, weil

  • wir unseren Arbeitsplatz verlieren (Bereich „Berufliches Leben“),
  • uns unser Lebenspartner verlässt (Bereich „Soziales Leben“),
  • wir einen Herzinfarkt erleiden (Bereich „Körper/Gesundheit“) oder
  • uns das Burnout-Syndrom und damit die Sinnkrise packt (Bereich „Sinn/Kultur/Stille“).


Der erste Schritt hierzu besteht darin, dass wir eine Vision von unserem künftigen Leben entwickeln. Hierzu müssen wir uns bezogen auf die vier Lebensbereiche fragen:

  • Was ist mir wirklich wichtig?
  • Worin zeigt sich für mich ein erfülltes Leben?
  • Was muss ich tun, damit ich auch morgen ein glückliches und erfülltes Leben führe?

Pro-aktiv handeln statt re-agieren

Fragen sollten wir uns zudem regelmäßig: Gibt es in meinem Lebensumfeld oder in meiner aktuellen Lebenssituation Anzeichen dafür, dass künftig die Balance in meinem Leben bedroht sein könnte? Diese Signale können vielfältig sein. Zum Beispiel:

  • Zwischen Ihnen und Ihrem Lebenspartner herrscht zunehmend Schweigen. Auch wichtige Freunde melden sich nicht mehr (Bereich „Soziales Leben“).
  • In Ihrem Betrieb lautet die oberste Maxime plötzlich „Sparen“ (Bereich „Berufliches Leben“).
  • Sie fragen sich immer häufiger: Was soll das Ganze? (Bereich „Sinn/Kultur/Stille“).
  • Sie spüren ab und zu ein Stechen in Ihrer Herzgegend (Bereich „Körper/Gesundheit“).

Spätestens, wenn wir solche „Warnsignale“ registrieren, sollten wir aktiv werden. Denn dann können wir oft noch vermeiden, dass wir die Lebensbalance verlieren. Dann haben wir auch noch die Kraft, Weichen neu zu stellen. Wenn wir bereits in der Krise stecken, fehlt uns diese zumeist.

Wenn wir ein Bild von unserem künftigen Leben geistig vor Augen haben, können wir auch einen Maßnahmenplan entwerfen, um unsere Lebensziele zu erreichen. Doch Vorsicht! Sprechen Sie hierüber auch mit den Personen, die Ihnen wichtig sind – zum Beispiel Ihrem Lebenspartner. Denn nur dann können sie die Kompromisse und Übereinkünfte schließen, die nötig sind, damit sie beide die Dinge, die ihnen wichtig sind, erreichen. Sonst ist die Gefahr groß, dass Sie irgendwann beispielsweise mit Schrecken registrieren: „Verflixt, mein Karriereziel habe ich zwar erreicht. Doch auf dem Weg dorthin, habe ich leider meinen Lebenspartner verloren.“

ZUM AUTOR
Über Angela Kissel
Kissel Consulting
Angela Kissel ist Paar- und Familientherapeutin sowie Systemische Beraterin. Sie leitet den Geschäftsbereich „Balance für Lebens“ der Unternehmensberatung Kissel Consulting, Urbar (bei Koblenz), der Einzelpersonen beim Aufrechterhalten oder ...
Kissel Consulting
Klostergut Besselich
56182 Urbar

+49-261-9623112
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