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Fachartikel, 05.09.2012
Die unterschätze Macht
60plus - nicht nur als Konsumenten von hohem Wert
Dass die 50- bzw. 60plus-Generation von Unternehmen als Konsumenten ernst genommen werden will, ist selbstverständlich und bekannt. Daneben gilt es aber mehr denn je, sie auch als „Lebenserfahrungsträger“ wertzuschätzen – sowohl in der Gesellschaft als auch in Unternehmen. Hier, im Bereich des Personalmanagements, liegt ein Schlüssel für die notwendige Wende im Verhältnis der Generationen zu einander.

Seit vielen Jahren sind die Generationen 50plus, 60plus, 70plus etc., ältere Menschen also, in der Defensive: Sie möchten doch bitteschön noch wahrgenommen werden von Medien und Marketing! Sie würden so gern noch ein wenig mitreden und kleinere Dienste erfüllen dürfen an (irgend)einem seniorengerechten Arbeitsplatz! Sie möchten zumindest noch am Rande stattfinden in Filmen, Features und Reportagen. Und sie würden gern etwas differenzierter gesehen werden in Statistiken, die meist die Gruppe ganz rechts einfach unter „50 bis tot“ subsummieren.

Wie konnte es zu dieser defensiven Position des „wir wollen noch ein wenig mitmachen dürfen“, dieser gesellschaftlichen underdog-Position der Senioren kommen? Sie ist absurd und widernatürlich. Die Ursachen für diese 180 Grad-Schieflage sind sicher vielfältig. Drei wesentliche Treiber sind

  • Werbung und Marketing: „Straffheit“, „Faltenfreiheit“, „Potenz“, „Fruchtbarkeit“ sind  Attribute, die kommunikativ hoch positiv aufgeladen sind in unserer Claim-dominierten Welt. Und die Sehnsucht nach diesen Qualitäten nimmt weiter zu. Gerade junge Frauen sehen ihre ideale Zeit der Familiengründung in Phasen der Ausbildungen und ersten Jobs nutzlos verstreichen. „Du bist nicht zu alt, um schwanger zu werden!“ und „Du bist noch genauso straff und knackig wie mit 25!“ ist immer noch der geheime Imperativ dieser engagierten und fast übermenschlich geforderten Frauen-Generation. Und ihre Partner müssen mitziehen, schon allein, um die nachwachsenden Jung-Rivalen zu verbeißen bzw. auf Distanz zu halten.
  • Personalmanagement: Mit jedem Beschäftigungs-Jahr wuchs das Gehalt, der Kostendruck im Unternehmen stieg, es gab genug junge, arbeitswillige Menschen am Markt – der Personalmanager, der daraus nicht den eindeutigen Schluss zog „Alte raus, Junge rein!“ war sein Geld nicht wert (und musste gegen einen jüngeren ersetzt werden). So konnte es kommen, dass eine Anti-Senioren-Personalpolitik Konjunktur bekam, die dann Regeln gebar wie: keine Beförderung über 55, wer es bis 50 nicht zum Partner geschafft hat, muss gehen, Vorruhestand ab 57. Hier wurden Zeichen gesetzt (gerade von Großunternehmen), die im Selbstbewusstsein mehrerer Generationen Narben hinterlassen haben.
  • Rente als Generationenvertrag: Immer mehr Senioren müssen von immer weniger Erwerbstätigen alimentiert werden. Das ist so in Deutschland für sehr viele Jahre. Kein Wunder, dass die „Zahler“ oder „Geber“ wenig Lust zu einer stetigen Erhöhung ihrer Last verspüren. Und ebenso kein Wunder, dass die „Nehmer“ sich bei alledem nicht wohl, sondern vielmehr als Bittgänger fühlen.

Dies und noch einige weitere Trends führten und führen zu einer allgemeinen gesellschaftlichen Sicht auf Senioren, die aus einer Mischung aus Mitleid und Verachtung besteht. Und verunsichert, wie sie nun einmal durch allgemeine Herabwürdigungen, persönliche Demütigungen und wachsende anonyme Abhängigkeit sind, nehmen die Senioren dies auch mehrheitlich an und sehen sich selbst schon halb als gesellschaftliche Last, sitzend im Warteraum zum Krematorium.

Doch wie berechtigt ist diese Position der Senioren eigentlich?

Die gesellschaftliche Sicht auf Senioren ist überholt bis absurd. Eine Senioren-Offensive ist überfällig! Die über 50-Jährigen stellen ab 2023 in Deutschland die Hälfte der Bevölkerung, schon jetzt sind es über 40 Prozent. Sie selbst sollten die gesellschaftliche Sicht auf die Senioren definieren, sie sind es doch mehrheitlich selbst, von denen die Rede ist! Statt sich einschüchtern zu lassen, müssen sie aktiv bis aggressiv den dominanten Platz in der Gesellschaft zurückfordern, der ihnen zusteht!

Junge sind mehrheitlich weniger effizient im Beruf

Abgesehen von einigen körperlich besonders geforderten Berufsgruppen (Bauarbeiter, Schornsteinfeger, Rettungsschwimmer) ist dies die Regelsituation:

  • Junge Arbeitnehmer haben weniger Fachwissen für ihren Job, denn sie haben weniger Erfahrungen gemacht. Ihnen muss man erst beibringen, was andere bereits wissen.
  • Für sie müssen komplizierte und teure Knowledge-Management-Systeme etabliert werden, damit sie den Job, den sie früh bekommen haben, zumindest teilweise erfüllen können.
  • Sie sind impulsiver und noch nicht an die Usancen und sozialen Regeln am Arbeitsplatz gewohnt. Sie irritieren so unbedacht leichter Kunden, Kollegen und Vorgesetzte. Direkter Kundenkontakt sollte erst spät zugelassen werden.
  • Sie halten den 8- bis 10-Stunden-Tag kaum durch ohne nennenswerte Ausfallzeiten der Konzentration.
  • Sie sind (hoffentlich und dankenswerter Weise) mit anderen sehr essentiellen Dingen (Familiengründung!) beschäftigt, die ihre Einsatzfähigkeit im Beruf nachhaltig einschränkt. Plötzlich müssen sie unerwartet den Arbeitsplatz verlassen, weil der Partner zum Kinderhüten ausfällt, weil im Kindergarten Masern-Epidemie ist oder weil eine Begleitung der Klassenreise dringend erforderlich ist. Wer immer die Elternteilzeit oder ähnliche „Kind-induzierte“ längere Pausen wahrnimmt: so erfreulich dies grundsätzlich ist – am Arbeitsplatz ist es ein substantieller Ausfall.
  • Jüngere Mitarbeiter brauchen für Standard-Tätigkeiten länger, denn die Einzelschritte wie auch der Gesamt-Prozess sind ihnen weniger vertraut.
  • Sie sind gerade in den ersten Berufsjahren wechselbereiter und erleben bei einer Verweildauer von etwa 3 Jahren häufig gar nicht mehr die Folgen ihres Handelns. Das erhöht die Gefahr einer latenten „nach-mir-die-Sintflut“-Haltung.
  • Sie können kaum Vergleiche über mehrere Jahre anstellen und so saisonale Muster oder gar einen 5- oder 10-Jahres-Zyklus erkennen.
  • Sie haben weniger Judgement, denn sie wissen weder vom Unternehmen noch von der Welt draußen so viel, wie ein älterer Mitarbeiter.
  • Sie haben weniger Führungserfahrung und können mit Führungsfehlern dem Unternehmen eher Schaden zufügen. Im Zweifelsfall ist darum ein älterer Kandidat bei der Besetzung einer Führungsposition zu bevorzugen.

Alle die hier angesprochenen Tugenden wachsen kumulativ, die Mitarbeiter werden in diesen Disziplinen über die Jahre immer besser. Oder anders gesagt: Wann immer Fachwissen, Arbeitseffizienz, soziale Intelligenz, Urteilsvermögen, Kundenorientierung oder Führungsqualität gefordert ist – junge Mitarbeiter sind erst die zweite Wahl!

Die Generation 50plus ist hingegen gerade in diesen Disziplinen die wirtschaftlich leistungsfähigste, die Deutschland hat. Der kluge Personalmanager 2012 weiß, dass mit jeder Generation von Vorruheständlern mehr Wissen, Kompetenz und Robustheit aus dem Unternehmen abwandert, als er mit dem jugendlichen Eifer bis Übereifer der neu rekrutierten Nachwuchskräfte kompensieren kann.

„Jung sein“ ist kein herausragendes gesellschaftliches Vorbild

Abgesehen vom Jet-Set und den „beautiful people“ aus den Medien (dort wird dem Jungendwahn natürlich gefrönt) – was wissen und können junge Menschen denn wirklich besser? Verstehen sie mehr von Kindererziehung? Sind sie gebildeter? Haben sie bessere Umgangsformen? Fahren sie besser Auto? Kleiden sie sich besser? Ein mehrfaches Nein kann doch nur die Antwort sein – wie sollten sie denn auch!? Junge Menschen taugen gesellschaftlich nicht mehr, sondern weniger zum Vorbild als Senioren.

Human Ressources: Verjüngungs-Politik und Vorruhestand für Senioren sind Unsinn

Die qualitative Überlegenheit der Senioren in vielen Unternehmensbereichen ist bei nüchterner, vorurteilsfreier Sicht kaum bestreitbar. Noch immer ist der Meister dem Azubi fachlich wie von seinen Fertigkeiten her überlegen, das Urteil des Oberarztes mit 20 Jahren Berufserfahrung wird dem des engagierten jungen Stationsarztes von jedem Patienten vorgezogen, der Senior Consultant realisiert höhere Tagessätze als der Junior Consultant, nahezu alle Spitzen-Manager, -Richter, -Politiker, -Professoren etc. sind über 50 Jahre alt, sehr viele sind sogar in einer Altersgruppe, die am „normalen“ Arbeitsmarkt schon im Ruhestand wäre. All dies ist so aus gutem Grund – und jeder weiß es. Wem die qualitativen Argumente hier nicht genügen, dem zeigt ein Blick auf die Bevölkerungspyramide, dass die nachwachsende Ressource „Mensch“ eine anhaltende Personalpolitik der „Verjüngung“ ohnehin schnell ausbremsen wird – es gibt immer weniger junge Arbeitskräfte. Umso wichtiger, dass in den Unternehmen ein Wechsel eingeleitet wird, in den Karriere-Planungen, in der Beförderungspolitik, in den Ruhestands-Regelungen – aber auch und zu allererst im sogenannten „mind-set“, in den Köpfen und dem, was sie nach innen und außen so von sich geben.

Wir stehen, sei es nun aus Einsicht in das sachlich Gebotene oder unter dem Druck der Demografie, vor der Herausforderung, gesellschaftliche Sichtweisen zu ändern. Das ist die schwerste Aufgabe für eine Gesellschaft, aber es gibt keine Alternative!

Wir brauchen neue Leitbilder der Generationen, eine neue Wertschätzung dem Alter gegenüber, die Anerkennung von Erfahrung und mehr Respekt vor Lebenskompetenz. Wir müssen die absurde Situation beenden, dass der, der weniger weiß von der Welt und ihren Wechselfällen, darüber mehr zu sagen und zu entscheiden hat. So ein Zustand ist ineffizient, unklug und widernatürlich.

Diese Umkehr der Sichtweise, dieses bessere, weil ganzheitliche Senioren-Marketing, muss offensiv vorgetragen werden. Alle Bereiche des öffentlichen Lebens und besonders die Unternehmen sind zu unterstützen, diesen Weg zu gehen. Nur so werden Gesellschaft wie Wirtschaft die durch den Demografie-Wandel ausgelösten Herausforderungen meistern können. Für die Unternehmen wie für die deutsche Volkswirtschaft bedeutet dieser Weg Kompetenzerhalt und Investitionsschutz.

Dies ist kein Aufruf zur Senioren-Revolte! Denn schnell wird deutlich, dass von diesem Wandel jeder profitiert, dass dies kein Wir-oder-Ihr-Spiel ist, bei dem eine Seite auf Kosten der anderen gewinnt. „Win-Win“ nennt man das.

  • Die Senioren gewinnen, Anerkennung, Respekt und meist auch wirtschaftliche Vorteile, wenn ihre Kompetenz länger nachgefragt wird
  • Die Jungen gewinnen Spielraum bei den drückenden Sozialversicherungslasten
  • Die Unternehmen erhalten sich wertvolle Kapazitäten bei zunehmend flexibler Arbeitszeitgestaltung und sichern sich so ihre Kompetenzvorsprünge
  • Die Gesellschaft gewinnt einen Generationen-übergreifenden Konsens für die notwendige neue Last-Verteilung

Es wird nur Zeit, dass wir das alle erkennen und angemessen im Reden und Handeln abbilden. Notwendig sind Veränderungen in der Gesellschaft und besonders in den Unternehmen. Diese Veränderungen sind objektiv richtig wie wirtschaftlich opportun. Es gibt keinen Grund und es macht keinen Sinn, an alten Sichtweisen, am Jugendwahn, am Primat der Jugend festzuhalten. Diese überholte Sicht behindert die Menschen, die Unternehmen und das Gemeinwesen.

So eine Änderung der Sichtweise anzustreben bedeutet operativ, ein umfassendes Programm zu initiieren, zu allererst in den Unternehmen aber auch von offizieller staatlicher Seite (Stichwort: flexible Sozialversicherungs-Regelungen).
Prädestiniert für die unternehmerische Umsetzung solcher Programme ist der deutsche Mittelstand. Denn hier werden Maßnahmen für den Erhalt von Kompetenzen und Kapazitäten die größten Nutzen auslösen – wie auch die größte Gefahr bekämpfen oder zumindest lindern: den Schwund an Facharbeitern und qualifiziertem Mittelmanagement.

QUERVERWEIS
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Demografiemanagement in Form von VALUE Protection
VALUE Protection - ein Programm zum Erhalt und zur Weiterentwicklung des Human Capitals, das ein Unternehmen über die Jahre aufbaut - konzipiert in Kooperation mit "Das ReifeNetzwerk".
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ZUM AUTOR
Über Peter Apel
Vianova – Company GmbH
Peter Apel, Jahrgang 53, ist seit 15 Jahren Inhaber der Vianova-Company GmbH (www.vianova-company.de). „Der Name ist Programm“ sagt er, „wir gehen immer neue Wege!“ Denn nur so können neue Türen aufgestoßen, neue Einsichten gewonnen, ...
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