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Fachartikel, 30.09.2009
Scheinselbstständigkeit
Das Risiko für Arbeitgeber wird immer größer
Die Gerichte ziehen beim Thema „Scheinselbstständigkeit“ und „Schwarzarbeit“ die Schlinge immer enger. So hat erst im letzten Jahr das Sozialgericht Dortmund entschieden: Wer als Unternehmer schwarzarbeiten lässt, geht ein sehr hohes Risiko ein: 30 Jahre lang müssen nämlich Arbeitgeber, die Schwarzarbeiter beschäftigen, für die geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge einstehen (Urteil des SG Dortmund vom 25.1.2008, Az. S 34 R 50/06).

Ende Dezember 2008 legte der Bundesgerichtshof nach: Schwarzarbeit, also die Beschäftigung von Arbeitnehmern, ohne Sozialversicherungsbeiträge abzuführen, gilt als Nettolohnabrede (§ 14 Abs. 2 SGB IV). Das heißt: Die nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträge werden dann vom ausgezahlten Lohn zuzüglich Lohnsteuer und Arbeitnehmeranteil am Sozialversicherungsbeitrag berechnet (BGH, 2.12.2008, 1 StR 416/08).

Und als sei dies noch nicht genug, legt das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz noch einen drauf: Denn die beiden oben genannten Urteile beziehen sich auf Fälle, in denen der Arbeitgeber wissentlich und vorsätzlich hat schwarzarbeiten lassen. Nun hat das LSG Rheinland-Pfalz entschieden: Ein illegales Beschäftigungsverhältnis setzt keinen diesbezüglichen Vorsatz des Arbeitgebers voraus (Urteil vom 29.07.09, Az. L 6 R 105/09).

Im Klartext: Selbst wenn Sie als Arbeitgeber fälschlicherweise, aber ohne Absicht, eine andere Person als nicht-sozialversicherungspflichtig eingestuft haben (z.B. Subunternehmer oder „freie Mitarbeiter“) haften Sie

a) für 30 Jahre zurück und
b) in Höhe der Nettogelt-Abrede, sprich: in der vollen Höhe des Auftragswerts.

Vorsätzliches Handeln braucht nicht vorzuliegen!

Zum Fall

Im konkreten Fall hatte der Inhaber eines Baggerbetriebs einen Mitarbeiter auf der Grundlage eines Subunternehmervertrags beschäftigt. Bei einer Betriebsprüfung durch die Rentenversicherung wurde dieser Arbeitnehmer aber als abhängig und sozialversicherungspflichtig Beschäftigter eingestuft. Entsprechend forderten die Sozialversicherungsträger Gesamtsozialversicherungsbeiträge (nebst Säumniszuschlägen und Umlagebeiträgen der Berufsgenossenschaft) in Höhe von über 10.000 Euro nach.  Dabei legte der Betriebsprüfer die Rechnungsbeträge des Subunternehmers zu Grunde.

Der Arbeitgeber wehrte sich erfolglos mit dem Argument, es läge gar kein Vorsatz vor. Er sei von einem Subunternehmensvertrag ausgegangen und habe den Vertrag auch entsprechend durchgeführt. Es half nichts: Nach Auffassung der Richter am LSG Rheinland-Pfalz liegt eine illegale Beschäftigung (§ 14 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) bereits dann vor, wenn ein Arbeitgeber „gegen für das Beschäftigungsverhältnis geltende gesetzliche Vorschriften verstößt“.

Sprich: Es genügt, wenn Sie als Arbeitgeber Ihrer Meldepflicht oder Ihrer Pflicht zur Abführung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge nicht nachgekommen sind. Ob Ihnen überhaupt bewusst war, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, spielt keine Rolle – und damit auch nicht die Frage, ob Ihnen überhaupt Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann.

Was dieses Urteil für Sie bedeutet


Das Urteil birgt hohe Risiken für Sie als Arbeitgeber, wenn Sie freie Mitarbeiter, Subunternehmer oder auch kurzfristig Beschäftigte beschäftigen oder beschäftigt haben. Denn letztendlich bedeutet dies: Jeder Fehler bei der Einstufung solcher Personen geht zu Ihren Lasten.

Deshalb der dringende Rat: Bei der Einstellung eines Mitarbeiters ist es Ihre Aufgabe, eine abhängige Beschäftigung von einer freien Mitarbeit zu unterscheiden. Diese Abgrenzung müssen Sie sofort vornehmen, denn: Bei einem abhängig beschäftigten Mitarbeiter sind Sie voll für die Ermittlung und das Abführen von Lohnsteuer sowie Sozialversicherungsbeiträgen verantwortlich. Rechtssicherheit erhalten Sie hier grundsätzlich nur durch das Statusfeststellungsverfahren. Handeln Sie nach dem eisernen Grundsatz: Nie ohne!

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