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Fachartikel, 27.11.2015
Cloud Computing in KMU
Potenziale der Cloud im Mittelstand
Im Zuge der Digitalisierung hat sich die Cloud in den letzten Jahren zu einem Commodity mit stetig sinkenden Preisen und wachsender Beliebtheit entwickelt. Dennoch möchten viele mittelständische Unternehmen, vor allem in produzierenden Industriesegmenten, Cloud-Services nach wie vor nicht für ihre Geschäftsprozesse einsetzen.
Cloud-Technologien haben sich gesellschaftlich längst etabliert, ob iCloud, Dropbox oder diverse Streamingdienste. Im Zuge der zunehmenden Digitalisierung hat sich die Cloud in den letzten Jahren zu einem Commodity mit stetig sinkenden Preisen entwickelt – auch dank des Aufbaus großer Datenzentren und der zunehmenden Standardisierung durch Anbieter wie Microsoft, Google, Amazon und eShelter. Der deutsche Mittelstand verhielt sich hier bislang zurückhaltender. Besonders das Thema Datensicherheit sorgt im Kontext von Industrie 4.0 bei vielen Verantwortlichen für Sorgenfalten. Der Trendreport „Elektro- und Informationstechnik“  des VDE zeigt, dass die Mehrheit der Unternehmen in der Cloud-Nutzung eine Gefahr für die Einhaltung ihrer Compliance-Anforderungen sieht. Weniger als zehn Prozent der befragten Cloud-Nutzer können jedoch tatsächlich Compliance-Vorfälle vorweisen, die im Zusammenhang mit der Cloud stehen.

Cloud ist nicht gleich Cloud


Für Verwirrung sorgt oftmals schon die korrekte Definition des Begriffs Cloud. Diese wird fälschlicher-weise mit der Public Cloud gleichgesetzt. Die Public Cloud bildet jedoch nur eine Variante der Tech-nologie. Hierbei werden Daten und Systeme an einem unbestimmten Ort gespeichert und sind über das öffentliche Internet abrufbar. Im Gegensatz hierzu stehen klassische unternehmensinterne Datencenter oder Server (sog. On-Premise-Installationen). Hier steht die Hardware auf dem Firmengelände – Hard- und Software werden vom Unternehmen selbst gewartet und kontrolliert. Zwischen diesen beiden Extremen existiert eine Reihe von „Mittellösungen“. Die Vor- und Nachteile der verschieden Modelle und Integrationsformen sind dabei unterschiedlich: Public Clouds bieten aufgrund der starken Volumenbündelung deutlich geringere Kosten – die Risiken in Bezug auf die IT-Sicherheit sind hingegen relativ hoch. Public-Cloud-Services sind daher überwiegend  Zielgruppen zu empfehlen, deren Anforderungen an Datensicherheit ein bestimmtes Sicherheitsniveau nicht überschreiten. Bei On-Premise-Lösungen ist das Gegenteil der Fall. Der Datenschutz steht hier eindeutig im Vordergrund. Somit können entsprechend hohe Sicherheitsstandards (z. B. in Bezug auf Personendaten oder strategisch kritische Informationen) realisiert werden, die durch eine Public-Cloud-Lösung nicht erreichbar wären.

Als Beispiel für ein Geschäftsmodell zwischen beiden Extremen sind Managed Data Centers zu nennen. Bei diesen werden die Daten und Systeme im Rechenzentrum eines Dienstleisters gebündelt,  der Kunde erhält dann physischen Zugriff auf seine Server und kann somit bereits von Skaleneffekten des Dienstleisters profitieren. Die Private Cloud hingegen bietet keine dedizierten Server. Daten und Systeme werden hier in großen Clustern verteilt, wobei der Betreiber garantiert, die Daten in festgelegten geografischen Grenzen zu verwalten und vor fremdem Zugriff zu schützen. Der Zugriff erfolgt über gesicherte Verbindungen (z. B. im eigenen Firmen-VPN).

Sicherheit nach Maß


Doch was können Unternehmen tun, wenn verschiedene Systeme und Daten unterschiedliche Anfor-derungen an Sicherheit und Kontrolle stellen? Hier wird die Hybrid Cloud relevant, indem sie unter-schiedliche „Cloud-Deployments“ bündelt und somit die Tür zu neuen Dimensionen der Cloud-Nutzung öffnet. Möchte ein Unternehmen Cloud-Services nutzen, so können Daten und Systeme in Risikoklassen eingeteilt und entsprechend ihrer Sensibilität über die jeweils am besten geeigneten technologischen Lösungen verwaltet werden. VPN-Technologien binden die unterschiedlichen Deployments zu einer logischen Cloud zusammen. So entsteht das Gefühl, lediglich an einem System zu arbeiten. Zusätzlich sichern Firewalls den Datenfluss zwischen den verschiedenen Ebenen und der Innen- und Außenwelt. Es empfiehlt sich so viel „Public“ wie möglich und so wenig „Private“ wie nötig zu nutzen. So profitiert man für alle unkritischen Daten von der Flexibilität und den Skaleneffekte der Public Cloud und geht erst mit zunehmender Sensibilität der Daten wieder in Richtung On-Premise-Lösungen. Die Herausforderung besteht hierbei in der richtigen Auslegung, um die Vorteile der Cloud-Technologie zu nutzen, ohne dabei das eigene Sicherheitsverständnis aufgeben zu müssen.

In Bezug auf dieses Verständnis treten auch länderspezifische Unterschiede auf: In Europa und vor allem in Deutschland  ist eine skeptische Haltung gegenüber Cloud Technologien zu beobachten. Dabei schafft  die rechtliche Lage in Europa eine der sichersten Rahmenbedingungen für IT überhaupt. Unternehmen in den USA sehen die Nutzung der Cloud hingegen eher als unkritisch an – hier ermöglicht der Patriot Act ohnehin die offensichtliche Transparenz vertraulicher Daten.

Das Rückgrat von Industrie 4.0


Ein bekanntes Anwendungsbeispiel für Cloud-Technologien ist Industrie 4.0 – die Zukunftsvision einer sich eigenständig optimierenden Fabrik, in der Fertigungssysteme miteinander kommunizieren und so schneller, effizienter und flexibler produzieren können. Im Fokus des Zukunftskonzepts steht eine auf den Kunden maßgeschneiderte Produktion mit verringerter Durchlaufzeit – die sogenannte Mass Customization. Allen Unkenrufen zum Trotz werden bei der Umsetzung dieser Vision schon in naher Zukunft neue Arbeitsplätze entstehen: Laut des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau allein 10.000 innerhalb der nächsten drei Jahre.

Die Cloud ist beim Thema Industrie 4.0 zentraler Bestandteil der technologischen Infrastruktur – den sogenannten Technology Stacks. Zusammen mit den physischen Produktionssys-temen (Hard- & Software) bildet sie das Rückgrat der Produktionskette. Sie enthält Produkt- und Produktionsdatenbanken, Analyseplattformen für die Auswertung der Produktionsprozesse sowie intelli-gente Produktanwendungen, um die laufenden Produktionsmaschinen automatisch steuern und opti-mieren zu können. Diese Datenbanken werden mit unternehmensinternen (z. B. ERP, CRM oder PLM Daten) sowie externen Daten (Rohstoff- und Energiepreise, Verkehrssituationen sowie Wetterdaten) ange-reichert.

Für mittelständische Unternehmen besteht der Vorteil von Cloud-Diensten gegenüber der klassischen In-House-IT in einer höheren Flexibilität, insbesondere im Hinblick auf die Skalierbarkeit der Systeme. Aber auch Kosteneinsparungen können aufgrund vereinfachter Verwaltungsprozesse realisiert werden, da der Cloud-Dienstleister Basisstrukturen wie Hardware, Betriebssystem und Netzwerk standardisiert zur Verfügung stellt. Unter Umständen werden sogar die Applikationen vom Dienstleister verwaltet – das ermöglicht dem Industrieunternehmen wiederum einen deutlich stärkeren Fokus auf seine Kernkompetenzen.

Von der Cloud profitieren


Auch in Bezug auf die IT-Sicherheit können große Anbieter durch zertifizierte Standards und breiteres Know-how, eine deutlich höhere Sicherheit bieten als unternehmensinterne IT Abteilungen – Industrie 4.0 stellt schließlich neue Anforderungen an das Thema Sicherheit. Mit Blick auf die massive Informa-tionsdichte und die informationstechnische Vernetzung rückt vermehrt der Schutz des unternehmens-eigenen Know-hows wie Produktinformationen und Maschinenkonfigurationen in den Fokus. Die Al-leinstellungsmerkmale zu schützen, ohne dabei Prozesse und Qualität zu beeinträchtigen, ist die zentrale Nutzungsbedingung von Cloud-Diensten in der Produktion. Hier schafft der Ansatz der Hybrid Cloud eine solide Basis. Die Hybrid Cloud ist in diesem Kontext als technologischer „Befähiger“ zu sehen, der Türen zu optimierten Geschäftsprozessen öffnen und sich den Anforderungen eines starken Sicherheitsmechanismus stellen kann.

Hauptaufgabe bleibt also, eine Cloud-Strategie zu entwickeln, die den Ansprüchen des individuellen Unternehmensumfelds gerecht wird und es ermöglicht, die Vorteile der Cloud ohne Bedenken zu nutzen. Diese Herausforderung ist ohne Frage nicht trivial. Sie kann jedoch mit den richtigen Mitteln und Erfahrungen definitiv bewältigt werden.

Die Unternehmensgröße ist dabei für die Nutzung der Cloud zunächst nicht ausschlaggebend. Ob Startup, KMU oder DAX-Konzern: Sie alle können von der Cloud profitieren. Je nach Größe, Datenbe-schaffenheit und IT-Situation des Unternehmens bieten sich allerdings unterschiedliche Optimie-rungshebel durch eine Cloud-Lösung an. Für KMUs ist die Cloud insbesondere aufgrund der Flexibilität und Skalierbarkeit interessant. Neue Systeme können in der Cloud schnell und kosteneffizient in Betrieb genommen werden. Bestehende, komplexe IT-Strukturen müssen hingegen oft aufwendig migriert werden. Dies übersteigt schnell die Möglichkeiten kleiner Unternehmen. Für KMUs ist es daher im Endeffekt eine Frage der Umstellungskosten. Für mittelgroße bis große Unternehmen ist der Business Case aufgrund des typischerweise größeren Datenvolumens oft einfacher. In der Praxis wird mit wachsender Unternehmensgröße stärker auf saubere IT-Architekturen und standardisierte Schnittstellen geachtet. Cloud-Services erleichtern diese deutlich und fördern somit Austausch- und Anbindungsmöglichkeiten zu externen Systemen.

Erfolgreicher Einstieg in die Cloud


Der erfolgreiche Einstieg in die Cloud erfordert etwas Vorarbeit. Diese besteht im Wesentlichen aus einer klaren Strategie, einer Bewertung der Möglichkeiten und einer Implementierungs-Roadmap. Greift man zu schnell nach der erstbesten Lösung, besteht schon früh die Gefahr eines „System-Chaos“. Die Strategie bannt diese Gefahr und stellt die Unternehmensvision in Richtung Cloud dar. Es sollte daher vorab festgelegt werden, welche Ziele erreicht (z. B. Kosteneinsparungsziele, System- und / oder Lieferantenanzahl) und welche Bereiche/Systeme von der neuen Technologie abgelöst werden sollen.

Ausgehend von dieser Vision sind Bewertungskriterien zu definieren, um zukünftige Umsetzungsoptionen bewerten zu können. Die Kriterien sollten zum einen aus globalen Rahmenbedingungen (z. B. Investitionsmittel, Umsetzungszeitraum, verfügbare Ressourcen) und zum anderen aus technischen Anforderungen an die Lösung bestehen (z. B. Sicherheitsanforderungen, Konfigurierbarkeit). Hat man eine fundierte Entscheidung für die bevorzugte Cloud-Option getroffen, zeigt die Implementierungs-Roadmap den Weg dorthin auf. Hier geht es jedoch nicht um eine rein technische Integration. Relevant ist vielmehr ein ganzheitliches Konzept zur Einführung der Cloud – Kommunikations- und Schu-lungsmaßnahmen sowie Anpassung bestehender Geschäftsprozesse eingeschlossen.

Es lohnt sich oftmals, externe Hilfe zu Rate zu ziehen, da ein geschultes Auge unbekannte Stolpersteine aufdecken kann. Wir haben bereits sehr gut aufgestellte IT-Abteilungen an der Migration zu einer Cloud-Lösung scheitern sehen.
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Über Fabian Dömer
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Fabian Dömer ist Partner und Leiter Technologie, Innovation und Information Management bei der Strategie- und Innovationsberatung Arthur D. Little. Arthur D. Little zählt seit 1886 zu den Innovationsführern in der Consultingbranche und ...
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