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Merkel führt die Bürger in den Garten der Gleichheit – Anspruch und Wirklichkeit einer Kanzlerin ohne Kompass

(PM) , 23.08.2006 - Bonn/Berlin - Die letzte Bundestagswahl ist noch nicht lange her, und schon ist die Sehnsucht spürbar, möglichst bald wieder zu wählen. Oder überhaupt nicht mehr zu wählen. Auch Nicht-Politikwissenschaftler stellen fest, diese Bundeskanzlerin hat nach der Wahl im Herbst des vergangenen Jahres so ziemlich das Gegenteil von dem gemacht, was sie zuvor versprochen hatte. Selbst überzeugte Unions-Wähler wenden sich mit Grauen ab. Einst wurde ihnen mehr Freiheit versprochen. Paul Kirchhof galt als Garant dieser Richtung. Wie Moses wollte er seine Schar ins gelobte Land führen, in den „Garten der Freiheit“. Gelandet sind nun alle im Garten des Kollektivismus, des Egalitarismus, der staatlichen Gängelung und des Schröpfens. Schwarz-Rot geht als die politische Konstellation in die Geschichtsbücher ein, welche die Bürger mal so richtig abkassiert. „Angie“ und die „bösen Sozen“ Natürlich werden nun wieder alle Politprofis argumentieren, so sei das nun einmal. „Angie“ könne halt nicht so, wie sie wolle. Überhaupt, diese Zwänge. Die bösen und reformfaulen „Sozen“ lassen halt nichts anderes zu. Wer sich für dumm verkaufen lassen will, mag diese Botschaft glauben. Warum aber hat die Kanzlerin im Duell mit Schröder die eiserne neoliberale Lady herausgekehrt, um anschließend als schlechte Kopie von Norbert Blüm Politik zu machen? Ein wenig mehr sozialer Schmuse-Sound, und die Union hätte ein deutlich besseres Wahlergebnis einfahren können. Das ganze Geschwätz der Kauders und Pofallas, dieser Ingenieure und Technokraten der Macht, hat den Menschen die Ohren verstopft. Sie müssen nun zum Hals-Nasen-Ohren-Arzt und sich erst mal wieder die Gehörgänge frei spülen lassen. Merkel und Rüttgers balgen sich darum, welchen „Lebenslügen“ die Union erlegen sei. Der NRW-Ministerpräsident gibt den Arbeiterführer, aber in der Realität hat er zumindest bei den Ladenöffnungszeiten für mehr Freiheit gesorgt. Seine angeblich so marktradikale Kanzlerin hat Kompromisse bei Themen wie Steuer und Gesundheit zu verantworten, die mit Ludwig Erhard überhaupt nichts mehr zu tun haben. Vielleicht ist das ja das Modell der „neuen sozialen Marktwirtschaft“. Vielleicht meint Merkel damit nur die Negation der Marktwirtschaft. Merken die Damen und Herren in Berlin gar nicht mehr, dass die Wähler kein Dauerlamento über Begriffe wie Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität hören wollen? Ein Mittelständler oder Konzernmanager könnte seinen Laden sofort dicht machen, wenn die Führungsetage die Debatte über die Unternehmensstrategie als Kerngeschäft betrachtet. Will man noch solche Sätze lesen? „Angela Merkel hat deutlich gemacht, dass die CDU die Volkspartei der Mitte ist. Die soziale Marktwirtschaft ist und bleibt unser Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell. Sie geht den einzig richtigen Weg: Wir müssen jetzt die soziale Marktwirtschaft fit für das 21. Jahrhundert machen. Das sehen alle in der Partei so.“ So CDU-„Generalsekretär“ Ronald Pofalla, der mehr als Sekretär seiner Kanzlerin als General seiner Partei auftritt. Der CDU-Generalsekretär agiert hier als ungekrönter König der Polit-Sprechblasen. Dabei galt Angela Merkel vor gar nicht allzu langer Zeit als Hoffnungsträgerin. Idealistische junge Menschen machten für sie Wahlkampf, wie jetzt in der Publikation „In der Mitte der Kampagne – Grassroots und Mobilisierung im Bundestagswahlkampf 2005“ nachzulesen ist. Die Verfasser dieses Sammelbandes haben an der ersten bundesweiten Grassroots-Kampagne mitgewirkt und als teAM Zukunft (schreckliche Wortschöpfung, die auf die Initialen der CDU-Vorsitzenden abzielt) für einen Sieg der Union gestritten. Der Wert des Buches liegt darin, dass alle Leser hier einen authentischen Einblick bekommen, wie ein neuartiges Wahlkampfinstrument, das aus den Vereinigten Staaten kommt, in der Praxis funktioniert. In der CDU-Parteizentrale wird man dieses Buch sicher aufmerksam und kritisch studieren. Dass es auch noch „Angela Merkel, der ersten deutschen Bundeskanzlerin“ gewidmet ist, wird ein dezenter Geschmack als des Guten zu viel empfinden. „Nur wer weiß, wofür, engagiert sich“ – Merkel und die enttäuschen jungen Idealisten Peter Radunski, alter Haudegen und Wahlkampfstratege der Union, hat das Vorwort beigesteuert. Der Profi attestiert dem teAM Zukunft, dass es in der Bundestagswahl 2005 ein neues Beispiel für Anhängermobilisierung gebeben habe. Radunski schreibt: „Nur wer weiß, wofür, engagiert sich.“ Das ist genau der Punkt. Müssen sich die ganzen jungen Idealisten, die sich im Umfeld der Union engagiert haben, nicht betrogen vorkommen? Sie haben sich für ein in ihren Augen überzeugendes Programm der marktwirtschaftlichen Erneuerung geworben. Bekommen haben sie dafür ein „Festival der Fragezeichen“ (Ansgar Graw) in der CDU, die in alle möglichen disparaten Flügel zu zerfasern scheint. Und als Sahnehäubchen gibt es eine sozialdemokratisch gefärbte Politik unter CDU-Label. Radunski ist der Meinung, Werte und nicht Programme bewegten Nationen. Wertediskussionen werde es immer wieder in drei Bereichen geben: 1. Kulturelle Emotionalisierungen zu Fragen wie Nation, Christentum und Islam, Europa und Türkei-Beitritt, sowie zur deutschen Leitkultur und der Ausländerintegration, 2. Familie, 3. Solidarität und soziale Gerechtigkeit. Vielleicht läuft es ja wirklich so. Erst bekommen wir ein paar Jahre schlechte Regierungspolitik serviert, um dann in der heißen Phase des Wahlkampfes die x-te verlogene Debatte über Patriotismus zu führen. Apropos: Geführt wird diese Debatte ja sowieso nie. Man kündigt sich immer mal wieder an. CDU-Politiker, die anno dazumal gern über die Leitkultur streiten wollen, sammeln heute eh lieber Aufsichtsratsposten. Stichwort Familie: Steuert die Union hier überhaupt noch einen klaren Kurs? Da sind auf der einen Seite die konservativen Hardliner und Moralapostel, die alle Menschen, die weniger als fünf Kinder haben, am liebsten ins Zeugungsertüchtigungslager schicken würden. Übersetzt heißt diese Philosophie „mehr Steuern für Singles“. Und auf der anderen Seite gibt es die smarten Hedonisten, deren Lebensweise Lichtjahre von der ihrer Stammwähler in Vechta oder Schmallenberg entfernt ist. Klar, über rein ökonomische Fragen kann man keine Wahlen entscheiden. Aber einen Krieg der Weltanschauungen kann man sich auch nicht wünschen, wenn man Otto Normalwähler für einigermaßen vernünftig und ideologieresistent hält. Wie sollen Kampagnen zukünftig aussehen? Zunächst einmal müssten würdigere Kandidaten zur Verfügung stehen, für die sich das Werben lohnt, könnte man spitz formulieren. Die große Koalition wird die Politikverdrossenheit noch vermehren, so viel lässt sich bereits jetzt vorhersagen. Doch auf Dauer führt Polit-Abstinenz ja zu nichts. Viele Menschen sind unterhalb der Schwelle eines Partei-Eintritts zu mobilisieren. Und diese gilt es zu gewinnen. Die Autoren raten dazu, bestehende Wahlkampfstrukturen besser in die Kampagne zu integrieren. Die Mobilisierungsarbeit in einem Wahlkampf müsse vor allem von der Jungen Union und auch von den Senioren ausgehen. Auch Networking steht auf der Agenda: Über die Parteigrenzen hinaus sollen solche Netzwerke geknüpft werden. Kampagnen sollten einen regionalen Bezug haben und sich stärker des Internet bedienen, so zwei weitere Empfehlungen. Doch ohne die richtigen Inhalte ist alles Murks. Die Union hat diese richtigen Inhalte gehabt – und vergessen. Jetzt klammert sie sich wie einst Schröder an die Macht. Hat sich das teAM Zukunft die Zukunft so vorgestellt? Florian Melchert/Fabian Magerl, Mario Voigt (Hrsg.): In der Mitte der Kampagne. Grassroots und Mobilisierung im Bundestagswahlkampf 2005. poli-c books – Berlin/München 2006, 249 Seiten, 24,80 Euro, ISBN –10: 3-9-3845607-8.
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