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In Deutschland gilt der leitende Angestellte oder höhere Beamte mehr als der clevere Self-made man – „Entrepreneure sind schöpferische Zerstörer des Status quo“

(PM) , 03.07.2006 - Bonn/Berlin – Unternehmertum und Selbständigkeit genießen zurzeit in Deutschland das geringste Ansehen aller Zeiten. Dies sei die „Konsequenz der kollektiven Unselbständigkeit, die hierzulande tief im Bewusstsein der Gesellschaft verankert“ sei, schreibt die Journalistin und Filmemacherin Gundula Englisch in einem Essay für Change X www.changex.de. Dabei bedürfe das Land einer „Kultur der selbständigen, zuversichtlichen Kleinunternehmer“. Die Situation stellt sich widersprüchlich dar. In Deutschland gibt es allein 50 Lehrstühle für Gründungsforschung und unzählige Beratungs- und Förderangebote. In Lippenbekenntnissen bekräftigen fast alle relevanten gesellschaftlichen Gruppen, wie wichtig Gründergeist und Unternehmertum für das wirtschaftliche Wohlergehen seien. Doch der diesjährige Länderbericht „Global Entrepreneurship Monitors“ zeigt eine andere Realität: Auf den letzten Rängen liegt Deutschland bei den Gründungschancen, bei der gesellschaftlichen Wertschätzung des Unternehmertums und bei der gründungsbezogenen Ausbildung. Das internationale Forschungsprojekt vergleicht jedes Jahr 30 Länder hinsichtlich ihres Klimas für Unternehmertum und Selbständigkeit. „Obwohl das Land im internationalen Vergleich über eine sehr gute Förderinfrastruktur verfügt, geht die Kultur der Selbständigkeit in Deutschland derzeit gegen Null. Das will so gar nicht passen zu den ‚Es-geht-wieder-aufwärts-Parolen’, mit denen die Stimmungsmacher der Nation das Image des Landes polieren und das Konsumklima aufheitern wollen“, so Englisch. Nach der Ansicht der Change X-Autorin erzieht der deutsche Staat seine Bürger zu unselbständigen Wesen, damit sein Machtanspruch nicht gefährdet wird: „Die viel beklagte deutsche Angestelltenmentalität erklärt sich also nicht allein aus der Risikoscheu und der Bequemlichkeit der Bürger, sondern auch aus einem politischen und wirtschaftlichen System, dass seine Daseinsberechtigung aus eben dieser unselbständigen Haltung zieht. Und deshalb selbstredend kein echtes Interesse an einem Kultur- und Bewusstseinswandel hat.“ Der deutsche Bürger werde schon in der Schule zum „braven Angestellten“ abgerichtet. In den Bildungsanstalten werde das weisungsgetreue Abarbeiten von Aufgaben eher belohnt als Kreativität und Eigeninitiative. Englisch hält das, was in manchen Schulen passiert, für eine Art „subtiler Gehirnwäsche“. Die Pädagogen versäumten es, ihren Schülern marktwirtschaftliche Kenntnisse oder die Grundbegriffe Unternehmertum und Existenzgründung näher zu bringen. Die Folge: Erfolgreiche Unternehmer gelten als „Ausbeuter, Geizhals oder Emporkömmling“, und wenn jemand scheitert, ist er sogleich eine „verkrachte Existenz“: „Der leitende Angestellte oder Beamte im gehobenen Dienst genießt immer noch eine höhere Wertschätzung als der clevere Self-made man.“ Obwohl nur elf Prozent der Deutschen selbständig seien, leistete diese Minderheit Beachtliches. Ohne die zahlreichen Mini- oder Mikrounternehmen sei das Land nicht überlebensfähig. „Gerade die kleinsten dieser Unternehmen haben im vergangenen Jahrzehnt ein Viertel aller neuen Stellen geschaffen, während die Großkonzerne im gleichen Zeitraum 15 Prozent ihrer Arbeitsplätze abgebaut haben“, so die Autorin. Entrepreneure seien schöpferische Zerstörer des Status quo. Insbesondere die Bildungspolitik sei hier gefragt, meint der Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) www.bvmwonline.de, Mario Ohoven: „Doch viele Schulen und Universitäten bilden am Bedarf der mittelständisch geprägten Wirtschaft in Deutschland vorbei aus. Lehrern und Professoren fehlt oft der Einblick in die unternehmerische Praxis. Kein Wunder, dass ein Großteil der Schüler und Studenten von einer Karriere bei einem Großunternehmen oder im öffentlichen Dienst träumt. Dabei bietet der Mittelstand eine große Chance für diejenigen, die Führungsverantwortung übernehmen und nicht bloß Vorschriften umsetzen wollen. Ein Beispiel hierfür ist die Führungsnachfolge in Familienunternehmen, wo ja auch tüchtige Mitarbeiter die Chance haben, einmal an die Spitze eines solchen Unternehmens zu gelangen, wenn der Chef in den Ruhestand geht.“
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