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Pressemitteilung

Eine strafbare Untreue setzt einen besonderen Schaden voraus

(PM) Potsdam, 06.08.2013 - Das Oberlandesgericht Köln hat in einem prominenten Beschluss (III-2 Ws 254/13, 2 Ws 254/13) klargestellt, dass wenn ein ehrenamtlich tätiger Verbandsmitarbeiter ein Gehalt entgegennimmt, ohne dass die Verbandssatzung dies vorsieht, er sich nicht automatisch wegen Untreue gemäß dem § 266 StGB strafbar macht. Damit knüpft der 2. Strafsenat an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes an, wonach der Vermögensschaden, den die Untreue voraussetzt, strafrechtsspezifisch und unter Einbeziehung von normativen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu erfolgen hat. In der Verteidigung gegen Untreuevorwürfe wird diese Entscheidung künftig zu beachten sein. ilex Rechtsanwälte, die im Wirtschaftsstrafrecht tätig sind, erklären die Hintergründe.

1. Der Fall

Dem Fall lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Der beschuldigte Vorstandsvorsitzende eines großen Verbandes erhielt über einen erheblichen Zeitraum monatliche Zahlungen für seine Tätigkeit. Er erhielt diese Zahlungen, obwohl es bis zum 19. Juli 2011 in der Verbandssatzung keine Rechtsgrundlage für diese Zahlungen gab, die den zivilrechtlichen Erfordernissen, die der Bundesgerichtshof stellt, genügt. Nach dieser Rechtsprechung sind etwaige Gehaltszahlungen, die als Entschädigung für Arbeitszeit und Arbeitskraft dienen, dann - zivilrechtlich - satzungswidrig, wenn nach der Satzung des gemeinnützigen Vereins die Vorstandsmitglieder die Vorstandstätigkeit ehrenamtlich ausüben und die Satzung die Möglichkeit einer Vergütung nicht ausdrücklich vorsieht. Dies wusste der Beschuldigte und dennoch nahm er die Zahlungen entgegen. Dadurch sei dem Verband ein Schaden entstanden, der die Staatsanwaltschaft dazu bewegte, eine Anklage wegen des Vorwurfs der Untreue i.S.v. § 266 StGB zu formulieren.

Das Landgericht Bonn lehnte es allerdings ab, diese Anklage zuzulassen. Denn es bestünde kein hinreichender Tatverdacht bzgl. einer Untreue. Diese setze nämlich einen Vermögensnachteil voraus, der hier nicht gegeben sei. Ein Schaden sei nicht entstanden, da der beschuldigte Vorstandsvorsitzende unstreitig eine Vielzahl von Stunden an Arbeitsstunden geleistet habe, die die Zahlungen rechtfertigen. Eine unvergütete Tätigkeit hätte man von ihm in diesem Umfang nicht erwarten können. Im Übrigen sollten die Zahlungen auch Aufwendungen abgelten.

Hiergegen hatte die Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde eingelegt.

2. Die Entscheidung des OLG Köln

Der 2. Strafsenat des OLG Köln bestätigte diese Annahme. Es sei zwar denkbar, dass ein Verhalten, das zivilrechtlich verboten ist, zu einer Untreue führen kann. Dies sei aber nur der Fall, wenn das Verhalten in den strafrechtlichen Schutzbereich fällt. Weil der Straftatbestand der Untreue - § 266 StGB - ohnehin schon konturenlos sei, müsse die Feststellung eines Vermögensnachteils unter wertenden Gesichtspunkten eingeengt werden. Hierbei knüpft das OLG Köln an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an, wonach die Pflichtwidrigkeit nicht automatisch zum Schaden führt; dieser muss gesondert festgestellt werden. Dabei müssten auch wertende Gesichtspunkte eine Rolle spielen.

Wenn die Staatsanwaltschaft annimmt, so der 2. Strafsenat, dass allein die satzungswidrige Entgegennahme von Zahlungen einen Vermögensnachteil i.S.d. § 266 StGB darstellt, verkenne sie dieses Gebot der Gesamtabwägung. Die erheblichen Gegenleistungen des ehrenamtlich tätigen Vorstandsvorsitzenden müssten bei der strafrechtlichen Betrachtung Berücksichtigung finden. Im Hinblick auf die geringe Vergütung, bestehe auch kein Zweifel an der Straflosigkeit der Zahlungen der Höhe nach.

3. Fazit

Es scheint, als sei der Straftatbestand der Untreue derzeit ein Auffangtatbestand, ein Sammelbecken für zivilrechtlich ungewollte Vermögensverschiebungen. Es besteht mithin die Gefahr, sehr leicht in den Verdacht der Untreue zu geraten, auch wenn man selbst das Gefühl hat, nichts unrechtes getan zu haben. Daher ist es in der Verteidigung solcher Mandanten wichtig, genau zu prüfen, ob tatsächlich ein Schaden entstanden ist, der es wert ist, einen Strafvorwurf zu machen. Das OLG Köln verlangt hierfür eine wertende Gesamtbetrachtung.

Aus Sicht etwaiger Geschädigter einer Untreue kommt es nach diesem Urteil im Wesentlichen darauf an, noch genauer herauszuarbeiten, ob ein solcher Schaden vorliegt. Dann besteht die Möglichkeit einer Strafanzeige und Inhaftungsnahme der Täter.
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