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Altersarmut ist weiblich – das gilt auch und gerade für mitarbeitende Ehefrauen - Schuld daran sind die Frauen vor allem selbst

(PM) , 14.07.2006 - Bonn/Rheinbach – Altersarmut hat ein Geschlecht – sie ist weiblich. Das gilt vor allem auch für mitarbeitende Frauen in Handwerksbetrieben. Doch schuld daran seien die Frauen selbst, schreibt die Finanzjournalistin Sabine Hildebrandt-Woeckel in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift Wirtschaftsbild www.wirtschaftsbild.de. NeueNachricht www.neue-nachricht.de veröffentlich den Artikel vorab. Es war am Rande irgendeines Kongresses. Und eigentlich ging es um Steuern. Aber dann sprach ein Referent das Thema Bürgschaft von mitarbeitenden Ehefrauen im Handwerk an – und die vielfältigen Folgen, die eine solche Mithaftung auch auf die Lebenssituation im Alter haben kann. Sie konnte spüren, erinnert sich Brigitte Kreisinger, Präsidentin, der baden-württembergischen Unternehmerfrauen im Handwerk (UFH) www.bv-ufh.de, wie die Frauen um sie herum, die Luft anhielten. „Wir haben uns angesehen und wussten sofort: Das Thema betrifft uns alle – aber wie genau, das hätte wohl keine in diesem Moment sagen können .“ Frauen und Geld - ein altes Thema, sagt Svea Kuschel, „und leider immer noch aktuell“. Vor 20 Jahren hat sich Kuschel in München als eine der ersten Finanzberaterinnen für Frauen niedergelassen, bis heute jedoch hat sich an ihrem Arbeitsalltag wenig geändert. „Die meisten Frauen, die zu mir kommen“, erzählt sie, „haben keine Vorstellung davon, wie viel Geld ihnen im Alter zur Verfügung steht“. Eine Erfahrung, die Kreisinger uneingeschränkt auch für das Handwerk bestätigt. Frauen, die im „eigenen“ Betrieb mitarbeiten, denken an die Kreditraten, die Mitarbeiter und im Zweifel an die Sicherung des Betriebes für die Kinder. „Das Thema eigene Altersvorsorge schieben sie vor sich her bis es zu spät ist.“ Im Handwerk stellt sich die Situation sogar oft noch schlechter dar als anderswo, betont Jörg Schorr, Leiter Vorsorge und Versicherungen bei der HypoVereinsbank www.hyypovereinsbank.de in München. Während er allgemein beobachtet hat, dass das Interesse von Frauen an einer eigenen Altersvorsorge in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist, „hat sich im Handwerk kaum etwas geändert.“ Altersvorsorge, so seine Erfahrung, wird dort in der Regel als Familienlösung betrachtet. Im Klartext: Der Mann ist abgesichert, die Frau nicht. Dabei ist gerade die Situation der mitarbeitenden Ehefrauen besonders problematisch, denn für sie gelten Bedingungen, die die Problematik noch verschärfen: Das fängt schon damit an, dass sich Privates und Geschäftliches nur schwer trennen lassen. Schließlich arbeitet sie im Betrieb des Ehemannes und damit sind seine Interessen auch ihre. Die Frau, wissen Experten, sieht sich als Teil eines gemeinsamen Ganzen, also des gemeinsamen Betriebes. Aber der Mann ist der Meister und damit das Fundament des Ganzen. Da ist es dann auf den ersten Blick ganz logisch, dass ihm der Betrieb ganz oder weitgehend gehört und Vorsorge und Absicherung an seiner Person festgemacht werden. Während der Mann dann mitunter sogar überversichert ist, bürgt sie für die Kredite und ist sogar damit einverstanden, dass ihr Gehalt bewusst klein gehalten wird. „In den meisten Fällen“, erläutert Schorr, „finanziert sich der Lebensstandard ja aus dem Gehalt des Mannes oder dem Gewinn des Unternehmens.“ Das mit dieser Lösung eine Menge Probleme verbunden sind, zeigt sich meist erst, wenn etwas schief geht. Oft ist nicht einmal ihre Berufsunfähigkeit abgesichert, weiß Finanzberaterin Kuschel aus ihrer Beratungspraxis, „obwohl hier schon 50 Euro im Monat ausreichen, um im Bedarfsfall 1000 Euro im Monat zu erzielen.“ Und bei Konkurs oder Scheidung, ist es ebenfalls die Frau, die durch alle Netze fällt. Sie verliert ihren Job, hat oft keine richtigen Referenzen. Und wenn sie überhaupt Arbeitslosenversicherung und später Rente bekommt, ist diese viel zu gering, um davon leben zu können. Genaue Zahlen gibt es zwar nicht und eine spezielle Erhebung zur Vorsorgeproblematik im Handwerk ist vom Bundesverband der Unternehmerfrauen erst für dieses Frühjahr geplant. Das Ergebnis, so die Bundesvorsitzende, Burgunde Plaggenmeier, aber wird wohl kaum überraschen. Denn dass Frauen so gut abgesichert sind wie sie selbst dürfte nicht nur für das Handwerk die Ausnahme sein. Die Mitinhaberin eines Malerbetriebes hat nicht nur mit Immobilien fürs Alter vorgesorgt. Sie hat auch eine eigene Direktversicherung und Ansprüche aus dem Versorgungswerk der Kreishandwerkerschaft und der Versorgungskasse des Maler- und Lackiererhandwerks. Frauen, das haben in der Vergangenheit zahlreiche Studien gezeigt, sind in der Frage der eigenen Altervorsorge Meister im Verdrängen. Im Jahr 2002 erhielten Plaggenmeiers Geschlechtsgenossenen im Schnitt 555 Euro aus der gesetzlichen Rente, (Männer 929 Euro), dennoch glaubten zum gleichen Zeitraum 60 Prozent der Frauen im Alter keine Abstriche machen zum müssen – so das Ergebnis einer in Zusammenarbeit mit Infratest durchgeführte Studie des Finanzdienstleisters Delta Lloyd www.deltalloyd.de. Gleichzeitig aber tun die selben Frauen wenig, um dieses Ziel auch zu erreichen. Während Männer im Schnitt zusätzlich zur gesetzlichen Rente monatlich 100 bis 200 Euro zurücklegen, sind es beim schwachen Geschlecht gerade einmal 50 bis 100 Euro. Zwar hat die Einführung der Riester-Rente auch im Handwerk etwas Bewegung gebracht, so die Beobachtung von Jörg Schorr. Und um die Zuschüsse des Staates kassieren zu können, zahlen viele mitarbeitende Ehefrauen zumindest den gesetzlichen Mindestbeitrag. Aber das sei nur kleiner ein Schritt in die richtige Richtung. Acht Prozent des Bruttoeinkommens oder Minimum 250 bis 300 Euro, so Schorr, wären notwendig, um den gewohnten Standard im Alter halten zu können. Hinzu kommt, dass viele mitarbeitenden Ehefrauen im Handwerk bis heute nicht wissen, dass ihr Status in der Sozialversicherung keineswegs sicher ist. Oft zahlen sie jahrelang Beiträge ein, weiß Brigitte Kreisinger aus ihrer UFH-Tätigkeit, um dann irgendwann zu erfahren, dass sie gar nicht sozialversicherungspflichtig sind. Die Konsequenz: Werden sie arbeitslos, beispielsweise nach einer Trennung oder weil der Betrieb in Schwierigkeiten gerät, haben sie keine Anspruch auf Arbeitslosengeld. Und schlimmer noch: Beiträge, die länger als vier Jahre zurückliegen, werden nicht einmal zurück erstattet. Das Problem: Sozialversicherungspflichtig ist nur, wer in einem sogenannten abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht. Genau dieses festzustellen, erläutert Alfred Steiner, Regierungsoberinspektor bei der Deutschen Rentenversicherung Oberbayern, ist aber gerade bei mitarbeitenden Ehefrauen und Familienangehörigen schwierig. Natürlich gibt es formale Kriterien wie beispielsweise ein angemessenes Arbeitsendgeld oder die sogenannte Weisungsgebundenheit, die der eines normalen Angestellten entsprechen muss. Ebenso muss der Nachweis erbracht werden, dass es überhaupt eine Notwendigkeit gibt, diese Position zu besetzen, sprich ansonsten eine externe Kraft eingestellt würde. Aber jeder Einzelfall ist anders. In der Vergangenheit oblag die Beurteilung der Versicherungspflicht zunächst allein dem Arbeitgeber, also dem Ehemann, der seine Frau einfach als Arbeitnehmerin bei der Krankenkasse anmeldete. Das böse Erwachen gab es dann entweder, wenn bei Arbeitslosigkeit Ansprüche gestellt wurden oder wenn im Rahmen einer Betriebsprüfung Zweifel aufkamen. Tatsächlich aber, gibt auch Steiner zu, sei eine solche Beurteilung extrem schwierig. Ganz kompliziert wird es beispielsweise, wenn die Ehefrau bei Krediten mithaftet oder Bürgschaften unterschreibt. Alleine reicht dies als Ausschluss zwar noch nicht, erhöht aber die Wahrscheinlichkeit erheblich. Hinzu kommt, dass Kleinigkeiten, die Situation verändern können. „Rechtssicherheit in diesem Bereich gibt es nicht, sagt Brigitte Kreisinger. Nun ist zwar zum 1.1.2006 auch auf Betreiben verschiedener Frauenverbände endlich eine Neuregelung in Kraft getreten, nach der bei Familienangehörigen bereits bei der Anmeldung zur Krankenkasse eine für beide Seiten verbindliche Prüfung stattfinden muss, für alle Altfälle aber besteht die Unsicherheit weiter. Allerdings ist das Risiko eines Kapitalverlustes in der Rentenversicherung nicht ganz so groß wie für die Arbeitslosenversicherung. Denn dort gibt es den sogenannten Beanstandungsschutz. Das heißt, wenn es bisher bei den alle vier Jahre stattfindenden Betriebsprüfungen keine Beanstandungen gab, besteht der Rentenanspruch zumindest immer bis zur letzten Betriebsprüfung. Die Frau dagegen kann bei Feststellung einer Nichtversicherungspflicht sofort aussteigen – und sich die eingezahlten Beiträge auszahlen lassen. Doch damit ist das Problem für die betroffene Frauen dann noch keineswegs gelöst, wie Brigitte Kreisinger betont. Denn nun muss sie von heute auf morgen eine weitreichende Entscheidung treffen. Und auch wenn sie sich das Geld auszahlen läßt, einen eigenen Anspruch hat sie nur auf den Arbeitnehmeranteil. Der Arbeitgeberanteil dagegen steht dem Arbeitgeber zu, im Falle einer Trennung keine wirklich Hilfe. Darüber hinaus muss sie nicht nur den gesamten Betrag nachversteuern sie bekommt auch keine Zinsen. Bleibt sie dagegen in der Rentenversicherung, ist auch das heutzutage mit Unsicherheiten verbunden. Burgunde Plaggenmeier, hat sich vor Jahren für diese Lösung entschieden und bedauert dies heute. Innerhalb von zwei Jahren erzählt, sei ihr Rentenanspruch von 1140 Euro mit 65 auf 906 Euro geschrumpft. Hätte ich das gewusst, hätte ich lieber gleich das gesamte Geld in die private Vorsorge investiert. Doch auch die Auszahlung ist gefährlich, warnt Plagenmeiers UFH-Kollegin Brigitte Kreisinger: „Denn im Klartext, bedeutet dies ja nur, dass die Frau zunächst einmal vollkommen ohne Alterversicherung dasteht“. Sinn macht eine solche Auszahlung nur dann, wenn Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil dann auch tatsächlich in die Altervorsorge der Frau investiert wird. Genau das aber, hat Kreisinger immer wieder erlebt, ist häufig nicht der Fall. Stattdessen bleibt das Geld zumeist im Betrieb. Nicht selten sogar auf Anraten des Steuerberaters, wie Kreisinger sich ärgert. „Eiserne Disziplin“ sei dann notwendig, um die Weichen in die richtige Richtung zu stellen. Genau die aber, weiß auch Finanzberaterin Kuschel, bringen viele Frauen einfach nicht auf. Das Ende vom Lied ist traurig: Ohne gesetzlichen Rentenanspruch und private Vorsorge bleibt im Falles eines Falles auch nach vielen Arbeitsjahren oft nur der Gang zum Sozialamt. Kontaktadressen: Unternehmerfrauen im Handwerk (UFH). Zusammenschluss von 7000 selbständigen Handwerkerinnen, mitarbeitenden Ehefrauen und Partnerinnen: www.ufh-bv.de UFH-Landesgruppe Baden-Württemberg: www.ufh-bv.de FinanzFachFrauen: Bundesweiter Zusammenschluss von Finanzdienstleiserinnen, die sich auf die Beratung von Frauen spezialisiert haben: www.finanzfachfrauen.de Svea Kuschel (selbständige Finanzberaterin): www.svea-kuschel.de Infos zur DeltaLloyd-Studie: www.deltalloyd.de Informationen rund um die Rente: www.rentenseiten.de oder über die Deutsche Rentenversicherung. www.deutsche-rentenversicherung.de
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