Oracle-Verfahren: Bundesgerichtshof begründet Anrufung des Europäischen Gerichtshofs/
deutliche Tendenz zugunsten des Software-Gebrauchthandels
(PM) Köln, 14.03.2011 - Im Oracle-Verfahren hat der Bundesgerichtshof nun auch die schriftliche Begründung seines Beschlusses vorgelegt (Az. I ZR 129/08). Darin lässt das oberste deutsche Zivilgericht klare Sympathie für den Software-Gebrauchthandel erkennen.
Im Mittelpunkt der Begründung steht die Frage, ob Software dem Erschöpfungsgrundsatz unterliegt, also weiterverkauft werden darf, obwohl die Verkaufsbedingungen des Herstellers dies verbieten. Zunächst verwirft der BGH die vorinstanzliche Entscheidung des OLG München, nach der man trotz Verbot zwar Datenträger gebraucht erwerben könne, diese aber nicht nutzen dürfe. Schließlich wäre, widerspricht der BGH, „die durch den Eintritt der Erschöpfung bewirkte Verkehrsfähigkeit des Vervielfältigungsstückes (…) weitgehend sinnlos, wenn der Erwerber (…) nicht das Recht zur Vervielfältigung (d.h. zur Nutzung der Software; Anm. usedSoft; …) hätte.“
Darauf aufbauend, stellt der BGH fest, dass dies auch für online übertragene Software gelten könnte, weil der Ersterwerber eine Kopie „durch Herunterladen des Programms aus dem Internet auf einen Datenträger angefertigt hat.“ Der BGH stellt lediglich das Vorgehen in Zweifel, dass sich Gebrauchtsoftware-Kunden die Software nicht vom Ersterwerber, sondern z.B. direkt vom Server des Herstellers beschaffen. Schließt sich der EuGH dieser Auffassung an, bedeutet dies, dass sich Unternehmen beim Software-Kauf lediglich einen Datenträger aushändigen lassen müssen, damit die Software problemlos gebraucht gehandelt werden kann.
Bereits in seiner Pressemitteilung vom 3. Februar 2011 hatte der BGH erklärt: „Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG bedarf die Vervielfältigung eines Computerprogramms durch den rechtmäßigen Erwerber – solange nichts anderes vereinbart ist – nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers.“ Ähnlich hatte sich Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger im vergangenen Herbst in einem Brief an den früheren Bundesaußenminister Genscher geäußert: Der Handel mit „gebrauchter“ Software sei grundsätzlich rechtmäßig. Nur wenn Software online in Verkehr gebracht werde, gebe es noch rechtliche Unklarheiten.