Pressemitteilung, 21.08.2006 - 08:54 Uhr
Perspektive Mittelstand
Steuerrecht: Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung und Verpachtung
(PM) , 21.08.2006 - Das Hessische Finanzgericht hat mit Urteil vom 06.04.2006 (K 1524/04)entschieden, dass die Absicht zur Erzielung von Einkünften aus Vermietungund Verpachtung auch dann fortbesteht, wenn der Mieter die Wohnungvertragswidrig nutzt und der Vermieter außerdem die Wohnung zu veräußernbeabsichtigt. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger, Eigentümer einerWohnung, seinem Mieter wegen rückständiger Mietzahlungen gekündigt und, nacherfolgloser Räumungsklage, die Zwangsräumung der Wohnung betrieben. Imzeitlichen Zusammenhang hiermit hatte der Kläger einen Kaufvertrag über dievermietete Wohnung abgeschlossen. Das Finanzamt hatte den Verlust ausVermietung und Verpachtung bei dem Kläger mit der Begründung abgelehnt, dassder Kläger die Wohnung nicht weitervermieten wolle und damit keine Einkünfteaus Vermietung und Verpachtung vorlägen.Das Hessische Finanzgericht (FG) teilt diese Ansicht nicht, sondern vertrittdie Auffassung, dass beim Kläger bis zum Tag der Zwangsräumung der Wohnungder Tatbestand der Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 desEinkommensteuergesetzes - EStG) erfüllt gewesen sei. Eine steuerlichrelevante Tätigkeit könne auch dann vorliegen, wenn ein Steuerpflichtigerüberhaupt kein Nutzungsentgelt - weder in Form der Miete noch alsNutzungsentschädigung bzw. Schadenersatzleistung- erhalte. Maßgebend seiallein der Umstand, dass im vorliegenden Fall der Steuerpflichtige dieAbsicht verfolgt habe, ein Nutzungsentgelt zu erhalten. Ihm habe nach Ablaufder Räumungsfrist bis zum Tag der Zwangsräumung ein Entschädigungsanspruchaus § 564a Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches(BGB) zugestanden. Außerdem habe er Schadenersatz verlangen können (§§ 546Abs. 2 i.V.m. 571 Abs. 1 BGB). Hätte er diese Zahlungen tatsächlicherhalten, wären sie als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu erfassengewesen. Allein die Tatsache, dass solche Zahlungen nicht geflossen sind,hindere nicht an einem Fortbestehen der Einkünfteerzielungsabsicht, weder inobjektiver noch in subjektiver Hinsicht. Der Kläger habe auf seine Ansprücheauch erkennbar nicht verzichtet.Unerheblich ist nach Ansicht des FG auch, dass der Kläger im Zusammenhangmit der Kündigung des Mietvertrages die Veräußerung der Wohnung betriebenhabe. Maßgebend für das Vorliegen von Einkünften aus Vermietung undVerpachtung und damit für die Abziehbarkeit von Werbungskosten sei dasBestehen eines Mietverhältnisses. Solange ein Mietverhältnis Bestand habe,sei davon auszugehen, dass die bis dahin angefallenen Werbungskosten derEinkünfteerzielung dienen würden und damit als Werbungskosten abziehbarseien. Im vorliegenden Fall habe das Rechtsverhältnis zwischen Mietern undKläger bis zur Zwangsräumung fortbestanden. Das Vertragsverhältnis habe sichlediglich in ein gesetzliches Abwicklungsverhältnis umgewandelt.Die Entscheidung ist rechtskräftig. Das Urteil ist auf der Homepage desHessischen Finanzgerichts unter www.fg-kassel.justiz.hessen.de veröffentlicht.mitgeteilt von: rechtsanwalts-TEAM.de Warm & Kanzlsperger in Paderborn, Rechtsanwalt Martin J. Warm, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht, Wirtschaftsanwalt