(PM) , 21.08.2006 - Das Hessische Finanzgericht hat mit Urteil vom 06.04.2006 (K 1524/04)
entschieden, dass die Absicht zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung
und Verpachtung auch dann fortbesteht, wenn der Mieter die Wohnung
vertragswidrig nutzt und der Vermieter außerdem die Wohnung zu veräußern
beabsichtigt. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger, Eigentümer einer
Wohnung, seinem Mieter wegen rückständiger Mietzahlungen gekündigt und, nach
erfolgloser Räumungsklage, die Zwangsräumung der Wohnung betrieben. Im
zeitlichen Zusammenhang hiermit hatte der Kläger einen Kaufvertrag über die
vermietete Wohnung abgeschlossen. Das Finanzamt hatte den Verlust aus
Vermietung und Verpachtung bei dem Kläger mit der Begründung abgelehnt, dass
der Kläger die Wohnung nicht weitervermieten wolle und damit keine Einkünfte
aus Vermietung und Verpachtung vorlägen.
Das Hessische Finanzgericht (FG) teilt diese Ansicht nicht, sondern vertritt
die Auffassung, dass beim Kläger bis zum Tag der Zwangsräumung der Wohnung
der Tatbestand der Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 des
Einkommensteuergesetzes - EStG) erfüllt gewesen sei. Eine steuerlich
relevante Tätigkeit könne auch dann vorliegen, wenn ein Steuerpflichtiger
überhaupt kein Nutzungsentgelt - weder in Form der Miete noch als
Nutzungsentschädigung bzw. Schadenersatzleistung- erhalte. Maßgebend sei
allein der Umstand, dass im vorliegenden Fall der Steuerpflichtige die
Absicht verfolgt habe, ein Nutzungsentgelt zu erhalten. Ihm habe nach Ablauf
der Räumungsfrist bis zum Tag der Zwangsräumung ein Entschädigungsanspruch
aus § 564a Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches
(BGB) zugestanden. Außerdem habe er Schadenersatz verlangen können (§§ 546
Abs. 2 i.V.m. 571 Abs. 1 BGB). Hätte er diese Zahlungen tatsächlich
erhalten, wären sie als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen
gewesen. Allein die Tatsache, dass solche Zahlungen nicht geflossen sind,
hindere nicht an einem Fortbestehen der Einkünfteerzielungsabsicht, weder in
objektiver noch in subjektiver Hinsicht. Der Kläger habe auf seine Ansprüche
auch erkennbar nicht verzichtet.
Unerheblich ist nach Ansicht des FG auch, dass der Kläger im Zusammenhang
mit der Kündigung des Mietvertrages die Veräußerung der Wohnung betrieben
habe. Maßgebend für das Vorliegen von Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung und damit für die Abziehbarkeit von Werbungskosten sei das
Bestehen eines Mietverhältnisses. Solange ein Mietverhältnis Bestand habe,
sei davon auszugehen, dass die bis dahin angefallenen Werbungskosten der
Einkünfteerzielung dienen würden und damit als Werbungskosten abziehbar
seien. Im vorliegenden Fall habe das Rechtsverhältnis zwischen Mietern und
Kläger bis zur Zwangsräumung fortbestanden. Das Vertragsverhältnis habe sich
lediglich in ein gesetzliches Abwicklungsverhältnis umgewandelt.
Die Entscheidung ist rechtskräftig. Das Urteil ist auf der Homepage des
Hessischen Finanzgerichts unter
www.fg-kassel.justiz.hessen.de veröffentlicht.
mitgeteilt von: rechtsanwalts-TEAM.de Warm & Kanzlsperger in Paderborn, Rechtsanwalt Martin J. Warm, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht, Wirtschaftsanwalt