Pressemitteilung, 03.07.2013 - 17:19 Uhr
Perspektive Mittelstand
Zuverlässigkeit eines Anlageberaters in Finanzdienstleistungsgesellschaft
(PM) Göttingen, 03.07.2013 - Hauptthematik in der aktuellen Rechtsprechung zum Kapitalmarktrecht bleibt die Frage nach der Haftung von Beratern und Vermittlern. Der BGH hatte sich in dem im März dieses Jahres entschiedenen Fall mit dem Problem auseinanderzusetzen, inwieweit eine Haftung einer Finanzdienstleistungsgesellschaft besteht, wenn die unmittelbare Ausgabe durch einen Berater erfolgt, der als Handelsvertreter agiert. Die Kläger machen einen Schadensersatzanspruch gegen die Finanzdienstleistungsgesellschaft wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung geltend. Dieser sind in einer hierarchisch aufgebauten Unterorganisation Vermögensberater als selbstständige Handelsvertreter zugeordnet. Der hier in Rede stehende Berater war im eigenen Büro tätig und erhielt zu Werbezwecken Briefpapier mit dem Unternehmenslogo. Dieser Berater wurde unter anderem wegen Betruges in mehreren Fällen zu insgesamt zwei Freiheitsstrafen auf Bewährung verurteilt. Entgegen der üblichen Einstellungspolitik forderte die Finanzdienstleistungsgesellschaft kein polizeiliches Führungszeugnis vom Berater an. Die Kläger zeichneten auf Anraten verschiedene Produkte. Das diesbezüglich von den Klägern bar übergebene Geld sollte auf einem Sonderkonto eingezahlt werden. Später waren weder Geld noch entsprechende Konten auffindbar. Es stellt sich daher die Frage, ob eine Haftung gegen den Finanzdienstleister in Betracht kommt, obwohl der Berater als Handelsvertreter selbstständig tätig war. Kann man es also dem Vermögensberatungsunternehmen zum Vorwurf machen einen wegen Betruges vorbestraften Vermittler in die Organisation eingebunden zu haben, ohne den Endkunden entsprechend zu warnen? Das Berufungsgericht hat diese Frage noch unter dem Hinweis, dass ein entsprechender Eintrag im polizeilichen Führungszeugnis aufgrund der Tilgungsfrist gar nicht mehr auftauche, verneint. Dieser Ansicht folgten die Karlsruher Bundesrichter aber nicht: Zwischen den Parteien besteht schon mit der Kontaktaufnahme in der Niederlassung ein vorvertragliches Schuldverhältnis. Dieses verpflichtet die Beteiligten zu gegenseitiger Rücksichtnahme. Da in den Büroräumen sämtliche Arbeitsmaterialien, wie Ordner, Akten, Kugelschreiber etc. mit Einverständnis des Finanzdienstleisters mit entsprechenden Werbeaufschriften versehen waren, handelt es sich um Räumlichkeiten des beklagten Unternehmens. Entscheidend sei nicht das Mietverhältnis, sondern die Außendarstellung. Daher sind Handlungen des Handelsvertreters und Anlageberaters dem Anlageberatungsunternehmen zurechenbar. Der BGH stellt das Beispiel auf, dass bei Einstellung eines Lastkraftwagenfahrers auch die Verpflichtung bestehe, diesen auf etwaige Straßenverkehrsdelikte anzusprechen. Ähnliches gelte auch in der Anlagevermittlung und -beratung, da aufgrund des Handelns mit fremden Vermögen ein erhöhtes Gefahrenpotential bestehe. Wegen des teils gravierenden Informations- und Kompetenzgefälles ergibt sich ein besonderes Vertrauensverhältnis, das auf einer seriösen Beratung und persönlicher Zuverlässigkeit fußen sollte. Daher gehört es zur Standardprozedur Erkundigungen über einschlägige Vorstrafen des Handelsvertreters einzuholen, um die Zuverlässigkeit angemessen einschätzen zu können. Bei einem einschlägig wegen Betruges vorbestraften Handelsvertreter besteht ein hinreichender Grund zu der Annahme, dass unter dem organisatorischen Dach der Dienstleistungsgesellschaft die Gelegenheit genutzt wird, das kriminelle Verhalten fortzusetzen. Im konkreten Fall wären die Vorstrafen zum Einstellungszeitpunktim Jahr 1998 auch noch im polizeilichen Führungszeugnis nachzulesen gewesen.Zur eigenen Absicherung von Finanzdienstleistern muss daher der dringende Hinweis ergehen, sich von Vermittlern, auch von solchen, die in einem selbstständigen Handelsvertretermodell tätig sind, die polizeilichen Führungszeugnisse einzuholen. Ansonsten droht unter Umständen die Haftung wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten.Bundesgerichtshof, Urteil vom 14. März 2013 - III ZR 296/11


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