Pressemitteilung, 22.05.2006 - 14:39 Uhr
Perspektive Mittelstand
Zurück in die Steinzeit des Sportwettenmarktes? – Branche rechnet nicht mit „Albtraumszenario“ nach Urteil aus Karlsruhe
(PM) , 22.05.2006 - Bonn/München – Italiener, Briten und Chinesen setzen mehr aufs Spiel als die Deutschen – zumindest wenn es um Sportwetten geht. Dies hat jedoch nicht nur kulturelle, sondern auch strukturelle Gründe. „In Sachen Sportwetten ist Deutschland ein Entwicklungsland“, sagt Stephan Schröder von der Kölner Beratung Sport + Markt www.sportundmarkt.de. Die Deutschen wetten bisher durchschnittlich für weniger als 30 Euro im Jahr. Spielfreudigere Nationen setzen bis zu 50 Mal mehr. Nach Angaben von Focus-Money www.focus.msn.de spielen die Bundesbürger mit einem Einsatz von 30 Milliarden Euro pro Jahr. Das Gros entfalle auf Lotto, Spielbanken, Automaten und Online-Casinos. Experten gehen davon aus, dass die Branche ihre Einnahmen bis 2010 auf fünf Milliarden Euro mehr als verdoppeln werde. Langfristig könnten so rund 10.000 Wettbüros in Deutschland entstehen. Auch private Fernsehsender wollen nun ins hochprofitable Wettgeschäft einsteigen, so Focus-Money. Um sich vom Joch schwankender Werbeerlöse zu befreien, entwickelten SAT.1, RTL und Co. eigene Angebote. Wegen der unklaren Rechtslage können aber noch keine seriösen Prognosen über die Zukunft des Wettgeschäfts in Deutschland angestellt werden. „An ein Albtraumszenario für die gesamte Branche mag indes niemand denken: Erklärt das Verfassungsgericht alle ausländischen Wettlizenzen für ungültig und beschränkt die Ex-DDR-Lizenzen auf das jeweilige Bundesland, käme es zu einem Kahlschlag in der Branche.“ Die Branche setze dagegen voll auf die Freigabe des Marktes. Medienmanager legten sich jetzt öffentlich ins Zeug, um die „Zockerei in Deutschland so salonfähig zu machen wie in Großbritannien“, so die Zeitschrift. Rechtsexperten versuchen sich derweil an einer Deutung des Sportwettenurteils vom 28. März 2006. Bis zum 31. Dezember 2007 muss bekanntlich nach Auflage der Karlsruher Richter eine gesetzliche Neuregelung her. „Auch wenn es bei erstem Hinsehen anders aussehen mag, spricht vieles für ein Sportwettengesetz, das es auch privaten Anbietern erlaubt, nach einem bestimmten Genehmigungsverfahren Lizenzen zu erwerben und damit Sportwetten in Deutschland anzubieten“, sagt der Experte für Wett- und Glücksspielrecht Wulf Hambach von der Münchner Kanzlei Hambach & Hambach ra-hambach.de . Es sei kaum vorstellbar, so Hambach, dass Oddset sich aus dem Sportwettengeschäft komplett zurückziehen werde, nur um den Vorgaben eines neuen, das Sportwettenmonopol manifestierenden Gesetzes zu genügen. Die über die Presse kommunizierte Freude über die weitere Möglichkeit der Beibehaltung des Staatsmonopols durch Oddset sei nicht berechtigt. Vielmehr wäre die Beibehaltung eines Monopols gleichbedeutend mit einem Rückfall von Oddset „in die Steinzeit der Sportwettte“. Helmut Sürtenich, Vorstandschef der Düsseldorfer Stratega-Ost Beteiligungen AG www.stratega-ost.de, hält eine Zementierung des bisherigen Status quo mit einem Staatsmonopolisten ebenfalls für unwahrscheinlich. Letztlich sei das Monopol schon jetzt sehr löchrig geworden: „Der Sportwettenmarkt ist ein Markt. Dies hört sich banal an, heißt aber, dass Abschottung und Restriktion langfristig nicht von Erfolg gekrönt sein wird. Dieser Markt existiert außerdem nicht nur in Deutschland, sondern hat in anderen Ländern schon viel größere Fortschritte gemacht. Auch Oddset würde meiner Meinung nach auf lange Sicht von einer Liberalisierung mit bestimmten Auflagen profitieren.“