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Weizsäcker: Gelber Sack teurer als die kommunale Restmüllentsorgung - Verbraucher werden mit zu hohen Kosten durch DSD-Müllkonzern belastet

(PM) , 17.11.2006 - Verfasser: Matthias Schmitz Berlin/Köln, www.ne-na.de – Der Kölner Volkswirtschaftsprofessor Carl Christian von Weizsäcker hat in einem Schreiben an die Umweltminister von Bund und Länder die „äußerst schlechte“ Ökoeffizienz der haushaltnahen Sammlung von Verpackungsabfall kritisiert. So koste selbst unter vorteilhaften Annahmen über die werkstoffliche Verwertung von Kunststoffen jeder eingesparte Liter Rohöl aus der Getrenntsammlung des Gelben Sackes über 3 Euro. Demgegenüber sei auf dem Weltmarkt der Liter Rohöl für rund 30 Cent zu erwerben. „Das ist ein Aufpreis von mehr als 1.000 Prozent“, moniert Weizsäcker. Ähnlich sei das Verhältnis zu den kommunalen Abfallgebühren. Im Bundesdurchschnitt zahle der Verbraucher für den gelben Sack den 10-fachen Preis dessen, was ihn sonst der Restmüll kostet. „Denn die Sammlung des Grüne Punkt-Konzerns DSD ist keineswegs unentgeltlich. Die Kosten sind in die Verkaufspreise der Waren eingerechnet. Dieser Anteil beträgt zwischen 1,5 Prozent bei Drogerieartikeln und rund 3 Prozent bei Lebensmitteln“, erläutert Weizsäcker. Auch im internationalen Vergleich erkenne man ein deutliches Missverhältnis, obwohl die EU-Staaten bekanntlich alle die europäische Verpackungsrichtlinie in nationales Recht zu übernehmen haben. So zahle pro Jahr jeder Franzose nur 6,70 Euro für die Entsorgung gebrauchter Verpackungen, der deutsche Verbraucher aber rund 19,50 Euro. Wie eine repräsentative Ipsos-Umfrage ergeben habe, seien die Verbraucher in Deutschland zwar bereit, für die Verpackungsentsorgung und damit für die Umwelt ihr Scherflein beizutragen. Aber sie wenden sich gegen zu hohe Belastungen und erwarten von der Politik günstige Rahmensetzungen für mehr Wettbewerb. Weizsäcker wendet sich daher an die Umweltpolitiker, die Rahmenbedingungen für Sammlung und Verwertung von Verpackungen so zu gestalten, dass „die unausweichlichen Belastungen auch zumutbar sind“. Skeptisch beurteilt der energiewirtschaftliche Experte die vom Bundesumweltministerium geplante Zwangslizenzierung aller für den Endverbraucher bestimmten Verpackungen bei dualen Systemen schaffe ein preistreibendes Oligopol. „Die Politik sollte jetzt die Gelegenheit nutzen, die Verpackungsverordnung innovationsfördernd zu modernisieren, um den Wettbewerb der Systeme und Technologien zu fördern. Denn ohne Innovationen bei Verpackungsmaterialien und Erfassungssystemen ist ein nachhaltiger Wettbewerb nur schwer vorstellbar“, so Weizsäcker. So sähen auch die Verbraucher laut Ipsos-Umfrage in Innovationen und Wettbewerb einen doppelten Vorteil: „Sie versprechen sich davon niedrigere Preise und besseren Umweltschutz“. Auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zweifelt am DSD-Müllkonzern. Der Verband werde immer häufiger mit Beschwerden von Verbrauchern konfrontiert: „So wird beispielsweise der Sammelrhythmus häufig von zwei- auf dreiwöchig reduziert oder das Containersystem bei der Sammlung von Altglas ausgedünnt. Darüber hinaus häuften sich Meldungen, wonach Mülltonnen nicht mehr geleert oder einfach abgezogen werden, obwohl es zuvor keinerlei Beanstandungen bezüglich der ordnungsgemäßen Befüllung gegeben hat. In der Stadt Wuppertal beispielsweise wurden mittlerweile etwa 1200 Tonnen abgezogen, hier läuft wegen dieser offensichtlichen Absenkung der Entsorgungsstandards bereits eine Strafanzeige“, weiß DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Auch die Sortier- und Verwertungsleistungen seien mangelhaft. So wurden nach einem Bericht der Hochrhein-Zeitung nach der Insolvenz der RAG Murg im Nordschwarzwald etwa 2000 Tonnen Sortierreste unvorbehandelt auf die Kreismülldeponie Lachengraben gebracht Von einer nachträglichen Behandlung sei bisher nichts bekannt. Am 18. Februar brannte in Dessau eine Halle mit Ballen von Kunststoffabfällen ab. Am 12. September brannten in Magdeburg von dort gelagerten 5000 Tonnen etwa 1200 Tonnen Sortierreste ab. Nach Berichten der Magdeburger Volksstimme existierte nur eine Lagergenehmigung für maximal 500 Tonnen Abfall. In anderen Anlagen, wie beispielweise in Trier, Bennstedt (Saalkreis) und Backnang (Rems-Murr-Kreis) lagern nach DUH-Informationen mittlerweile mehrere tausend Tonnen Müll - teilweise ebenfalls ohne entsprechende Genehmigungen. In jüngster Zeit aufgenommene Fotos der genannten Sortieranlagen würden überquellende Müllballen oder Säck zeigen. „In Trier werden derzeit 70.000 Tonnen so genannte Leichtverpackungsabfälle pro Jahr verarbeitet, ausgelegt war die Anlage nach Brancheninformationen für eine jährliche Kapazität von nur 34.000 Tonnen“, führt Resch aus. Außerdem entwickele sich in vielen Fällen ein absurder innerdeutscher Mülltourismus, der längst überwunden schien. „Wenn hier nicht konsequent gegengesteuert wird, steht die ökologische Sinnhaftigkeit des Gesamtsystems in Frage", sagte Resch. Als Beispiel nannte er die derzeitige Verpackungs-Entsorgung der Stadt Bonn, deren Gelbe Tonnen und Gelbe Säcke neuerdings zur Sortierung komplett nach Trier transportiert werden, was bei einer Entfernung von 320 km für die Hin- und Rückfahrt allein für dieses eine Vertragsgebiet einen zusätzlichen jährlichen Kraftstoffverbrauch von etwa 120.000 Litern verursacht. Die nächste Sortieranlage ist dagegen 15 Kilometer von Bonn entfernt. Bonn sei jedoch keinesfalls ein Einzelfall. So werde die Sortieranlage in Leipzig unter anderem aus Hersfeld/Rotenburg (Entfernung hin und zurück: 585 km) und aus Schweinfurt (550 km) angefahren.
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