Pressemitteilung, 01.12.2006 - 16:33 Uhr
Perspektive Mittelstand
Um- und Ausbau bei laufendem Betrieb
(PM) , 01.12.2006 - Firmen arbeiten meist mit Zeitarbeitsunternehmen zusammen, um Auftragsspitzen besser auffangen zu können. Also müssen die Personaldienstleister schnell und flexibel auf die schwankenden Personalbedarfe ihrer Kunden reagieren können. Deshalb entwickelte die Jägers GmbH & Co. KG, Hürth, eine neue Unternehmensstrategie und startete ein Organisationsentwicklungsprogramm.Die Zeitarbeitsbranche streift zunehmend ihr Schmuddelimage ab und professionalisiert sich immer weiter. „Damit geht eine Spezialisierung der Anbieter einher“, erklärt Klaus Dahl, Geschäftsführer des Personaldienstleisters Jägers GmbH & Co. KG, Hürth. Zum Beispiel auf bestimmte Branchen, Aufgabengebiete oder Mitarbeitergruppen. „Und dieser Prozess wird sich fortsetzen“, versichert Dahl – auch, weil die Unternehmen den Zeitarbeitsfirmen zunehmend qualifizierte Aufgaben übertragen statt sich von ihnen sozusagen nur „Köpfe“ auszuleihen. Die Zeitarbeitsfirmen entwickeln sich hierdurch zu Problemlösepartnern der Unternehmen, woraus auch neue Anforderungen an ihre Mitarbeiter resultieren. Diese Entwicklung erkannte das Unternehmen Jägers vor zwei Jahren. Deshalb beschlossen die Verantwortlichen die Strategie des Unternehmens zu überdenken.Auf Fachkräfte spezialisiertEin Ergebnis war: Unser Geschäft ist nicht das Vermitteln von möglichst vielen eher niedrig qualifizierten Helfern. „Hierfür können wir als mittelständisches Unternehmen gar nicht den erforderlichen Mitarbeiterpool aufbauen“, erläutert Firmenchef Dahl. „Da sind uns die Großen der Branche überlegen.“ Also lautete die erste Grundentscheidung: Unser Geschäft ist das Vermitteln von qualifizierten Fachkräften. Doch von welchen? Diese Frage war aufgrund der Historie von Jägers schnell beantwortet: für den gewerblich-technischen Bereich. Also zum Beispiel Industrie- und Anlagenmechaniker, Schweißer, Zerspaner, Galvaniseure, Elektriker und Installateure.Ein weiterer Punkt wurde der Unternehmensleitung klar: Jägers muss wachsen – nicht nur, weil die Aufwendungen im Personalrecruting wegen der geringen Anzahl geeigneter Bewerber steigen und die Gewinnspannen beim Überlassen von Mitarbeitern schrumpfen, sondern auch um mit einem größeren Mitarbeiterpool schneller und besser auf die Wünsche der Kunden reagieren zu können.Diese „unternehmerischen Basisentscheidungen“ teilte Dahl den Jägers-Mitarbeitern mit. Zuvor nahm er aber bereits Kontakt mit Johann Scholten von der WSFB-Beratergruppe Wiesbaden auf, mit dem er früher in seiner Tätigkeit als Betriebsleiter bei einem Industriekonzern bereits erfolgreich zusammen gearbeitet hatte. Denn Dahl war klar: Um unsere Ziele zu erreichen, müssen wir nicht nur unseren Markt mit mehr System bearbeiten; auch unsere Strukturen müssen sich wandeln. Und hierfür brauchen wir professionelle Unterstützung.Veränderungsbedarf ermitteltMit dem WSFB-Geschäftsführer Scholten überlegte Dahl, wie der Veränderungsprozess gestaltet werden könnte – „und zwar so, dass unsere Alltagsarbeit nicht lahmgelegt wird“. Dieser Aspekt war Dahl sehr wichtig. Denn ein mittelständisches Unternehmen wie Jägers, das Anfang 2005 zwar circa 200 Mitarbeiter beschäftigte, von denen aber die meisten sozusagen im „Außendienst“ für andere Unternehmen tätig waren, kann sich im Gegensatz zu einem Konzern nicht den Luxus erlauben, ein halbes Dutzend Leute freizustellen, die sich ausschließlich um das Managen des Changeprozesses kümmern. „Die Veränderung muss vielmehr“, betont Scholten, „bei laufendem Betrieb – also parallel zur Alltagsarbeit – erfolgen. Deshalb muss auch die Prozessarchitektur eine andere sein.“Scholten und Dahl beschlossen, mit den Mitarbeitern der Jägers-Niederlassungen in Hürth und Köln exemplarisch für die anderen Niederlassungen einen Workshop durchzuführen, bei dem ermittelt wird:·Was müssen wir tun, um die definierten Ziele zu erreichen?·Was hindert uns daran, die Ziele zu erreichen? Und:·Wie können wir die Erfolgsbarrieren beseitigen?Diesen Workshop sollte Scholten leiten. Hierfür entschied sich Jägers unter anderem, weil Klaus Dahl klar war: Um unsere Ziele zu erreichen, müssen wir auch die Fixierung der Mitarbeiter auf die Geschäftsleitung reduzieren, die für viele mittelständische Unternehmen typisch ist. Die Jägers-Mitarbeiter sollten künftig also verstärkt eigenständig und verantwortlich handeln. Deshalb wurde die Workshopleitung dem externen Berater Scholten übertragen – auch als Signal an die Mitarbeiter: Eure aktive Mitarbeit ist gefragt.Vor dem Workshop wurden die Teilnehmer gebeten, einen Fragebogen auszufüllen, um zu ermitteln, wo aus ihrer Sicht die zentralen Wachstumbarrieren liegen. Heraus kristallisierten sich folgende zentrale Handlungsfelder: ·Die Aufgabengebiete der internen Mitarbeiter sind unklar abgegrenzt und ihre Handlungs- sowie Entscheidungskompetenzen nicht ausreichend definiert und ·es fehlt eine klare Marktbearbeitungsstrategie.Dahl erläutert dies an einem Beispiel: „In unserem Unternehmen kam es – auch aufgrund unserer Filialstruktur – vor, dass zwei Mitarbeiter parallel versuchten, die selbe Firma als Kunden zu gewinnen.“ Das Vorgehen war also nicht koordiniert. Unklar war teilweise auch, wer für die Kundenakquise und die Personaldisposition zuständig ist. Zuständigkeiten und Abläufe definiertGenau diese Aspekte wurden in einem zweitägigen Workshop im August 2005 bearbeitet. Definiert wurde unter anderem, wer für den Auftragseingang und wer für die personelle Besetzung der Aufträge zuständig ist. Vereinbart wurde aber auch, wie gehen wir mit wichtigen Informationen um, die wir in Kundengesprächen erhalten. Dies zu klären, war laut Dahl sehr wichtig, weil sich im Alltag zuweilen folgende Situation ergab: Ein Disponent spricht mit einem Kunden und erhält Infos, die für den Vertrieb von Bedeutung sind. Kaum ist das Gespräch beendet, steht jedoch ein Stellenbewerber vor der Tür, mit dem der Disponent ein Bewerbungsgespräch führen muss. Also werden die Informationen nicht ausreichend dokumentiert. Und wenn das Bewerbungsgespräch vorbei ist? Dann sind die wichtigen Infos vergessen.Solchen Situationen entgegen zu wirken, war der Geschäftsleitung von Jägers sehr wichtig, denn ihr war klar: Wenn das Unternehmen wächst, steigt zumindest in einer Übergangszeit auch die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter. Und damit erhöht sich die Gefahr, dass wichtige Dinge liegen bleiben – sei es aus Zeitmangel oder weil die Verantwortlichkeiten nicht geregelt sind. Deshalb wurden in dem Workshop auch die Zuständigkeiten der internen Mitarbeiter und die Prioritäten bei der Arbeit neu definiert. Ermittelt wurde zudem, was sich strukturell und ablauforganisatorisch ändern muss, damit das Unternehmen seine Ziele erreicht. Hieraus wurde dann ein Maßnahmenplan abgeleitet. Zudem wurde geklärt, wer für welche Maßnahme verantwortlich ist. Zahl der Mitarbeiter fast verdreifachtDie vereinbarten Maßnahmen wurde in den folgenden Monaten umgesetzt, wobei dieser Prozess, wie Dahl gesteht, nicht immer reibungslos verlief – aus erfreulichen Gründen. Denn das Unternehmen Jägers wuchs in den Folgemonaten wie gewünscht sehr schnell. Die Zahl seiner Mitarbeiter stieg bis Anfang 2006 auf über 500. Entsprechend explodierte auch die Arbeit der Angestellten in der Zentrale und den sechs Niederlassungen. Sie mussten nicht nur deutlich mehr Zeit und Energie ins Personalmarketing und in die Personalauswahl investieren, um neue Mitarbeiter in den Pool aufzunehmen. Aufgrund des gestiegenen Auftragsvolumens mussten sie auch mehr Zeit für die Kundenbetreuung aufwenden. Bei diesem „Arbeiten unter Strom“ zeigte sich recht schnell und deutlich, wo in der Organisation von Jägers noch Optimierungsbedarf bestand – unter anderem bei den Abläufen. Dahl nennt ein Beispiel. Trotz der hohen Arbeitslosigkeit sind zur Zeit gut ausgebildete Fachkräfte rar. Entsprechend gefragt und umworben sind sie. Deshalb kam es vereinzelt vor, dass mehrere Disponenten aus unterschiedlichen Niederlassungen zeitgleich versuchten, die selben Fachkräfte als Mitarbeiter zu gewinnen, weil eine übergreifende Information fehlte. Die Folge: überflüssige Mehrarbeit für die Mitarbeiter in den Niederlassungen. Ein solches Arbeiten galt es in dem gewachsenen Unternehmen zu vermeiden. Also wurde das EDV-System entsprechend erweitert.Sandkörner im Getriebe beseitigtIm Frühsommer 2006 wurden einige Jägers-Mitarbeiter bei Klaus Dahl vorstellig mit der Bitte, einen zweiten Workshop mit Scholten zu veranstalten, um die „Sandkörner im Getriebe“ zu beseitigen. Der Geschäftsführer war hierüber erfreut. Der Vorstoß zeigte ihm, dass die Mitarbeiter sich voll mit dem Prozess identifizieren und ein Entwicklungsziel erreicht ist – nämlich, dass die Mitarbeiter mehr Eigenverantwortung und -initiative zeigen. Der zweite zweitägige Workshop, an dem außer der Geschäftsleitung unter anderem die Disponenten und die Vertriebsverantwortlichen teilnahmen, fand im Juli 2006 statt. Sein Titel: „Unser Wachstum bewältigen und absichern.“ Der Workshop war wie der Erste konzipiert. Das heißt, zunächst wurde ermittelt, wo besteht Handlungsbedarf und wie können wir darauf angemessen reagieren, bevor ein Maßnahmenplan vereinbart wurde. Der zentrale Unterschied laut Scholten: „Beim ersten Workshop ging es vorwiegend darum, die Grobstruktur der neuen Organisation zu entwerfen; beim zweiten fand sozusagen die Feinjustierung statt.“ Geklärt wurden nun Fragen wie: Wo gibt es Überschneidungen zwischen dem Aufgabenfeld der Niederlassungsleitung und der Vertriebsleitung, die zu Reibungen führen? Und wie können sie vermieden werden? Oder, wie gehen wir mit folgender Situation um: Der Vertrieb akquiriert einen neuen Auftrag, die Disponenten signalisieren jedoch „Unsere Leute sind zur Zeit alle im Einsatz“? Laut Dahl eine extrem wichtige Frage. Denn Zeitarbeitsunternehmen können nicht beliebig viele Mitarbeiter auf ihre Payroll nehmen, da sie diese auch bezahlen müssen, wenn sie nicht im Einsatz sind. Auf der anderen Seite benötigt ein „Verleiher“ aber eine gewisse Personalreserve, um auf Neu- oder Folgeaufträge schnell reagieren zu können. Ist das nicht der Fall, erzeugt dies zumindest bei den Vertriebsmitarbeitern, die den Auftrag akquiriert haben, Frust. Noch wichtiger ist aber: Die Kunden beginnen an der Kompetenz des Personaldienstleisters zu zweifeln, denn schließlich arbeiten sie ja gerade deshalb mit einem Zeitarbeitsunternehmen zusammen, um Auftragsspitzen und personelle Engpässe schnell auffangen zu können. „Also muss ein Zeitarbeitsunternehmen“, sagt Dahl pragmatisch, „entsprechend flexibel sein. Sonst macht es sich in den Augen seiner Kunden selbst überflüssig.“Die Kunden mit ins Boot holenNach dem Workshop wurden die neu vereinbarten Maßnahmen umgesetzt, was dazu führte, dass die Alltagsarbeit bei Jägers heute „störungsfrei“ verläuft. Laut Scholten eine beachtliche Leistung – unter anderem, weil das Unternehmen weiter expandiert. Trotzdem ist Dahl mit dem Erreichten noch nicht zufrieden. Warum? „Unsere Kunden möchten sich durch die Zusammenarbeit mit Jägers sozusagen eine zweite Belegschaft neben der Stammbelegschaft aufbauen, um auf Auftragsschwankungen flexibel reagieren zu können und die eigenen Fixkosten soweit möglich zu minimieren. Entsprechend reibungslos und eingespielt muss im Alltag die Zusammenarbeit mit uns sein.“ Deshalb will sich Jägers als nächstes mit der Frage befassen: Wie können wir die Zusammenarbeit mit unseren Kunden weiter optimieren? Geplant ist ein Workshop mit den internen Mitarbeitern aus allen Niederlassungen. Denn, so die logische Überlegung von Dahl: „Wenn wir Problemlöser für unsere Kunden sein wollen, müssen wir frühzeitig deren Anforderungen an uns kennen. Dann können wir die Informationen in unsere Prozesskette einbeziehen und unsere Arbeit weiter optimieren.“Bernhard Kuntz