Kolumne
Wechselbad, 29.01.2009
Perspektive Mittelstand
Visionen
„Yes, we can“ – aber was und wofür?
Barack Obamas Slogan "Yes, wie can" steht für Change, für Veränderung, für optimistischen Aufbruch und Zukunftsorientierung, sprich: Visionen. Doch ist der Slogan wirklich tragfähig?
Ich lese die Überschrift: „Die Welt wird nicht untergehen!“ Da frage ich mich, was denn passieren wird? Kommunikationswissenschaftler und Trainer wissen, dass das Gehirn das Wort „nicht“ nicht aufnimmt. Bei schnellem und flüchtigem Überfliegen liest dann Otto Normalverbraucher: „Was? Die Welt könnte untergehen?!“

Der menschliche Denkapparat funktioniert so: „Stellen Sie sich bitte keinen rosa Elefanten vor!“ Wetten, dass die meisten Menschen sofort einen rosa Elefanten sehen, obwohl ich sie ausdrücklich gebeten habe, ihn nicht zu sehen! Dieser Tage sind so viel gut gemeinte Botschaften zu hören und zu lesen, die jedoch leider meistens negativ formuliert sind. Allerdings: Botschaften müssen positiv formuliert sein, wenn sie motivieren sollen.

Gut, diese Voraussetzung zumindest erfüllt „Yes, we can“. Störend an Obamas Ausspruch ist: Die Bürger wollen nicht einfach nur wissen, was nicht sein wird, sondern was sein wird! Auch Obama muss nun – als Präsident – noch zeigen, wohin er die USA und die Welt führen will und kann.

„Yes, we can!“ „Gemeinsam schaffen wir es!“ Bitte konkreter – was heißt das? Was schaffen wir? Es fehlt schlicht und einfach die Vision! Die Vision, die Orientierung und Halt gibt. Die Sinn stiftet, die das emotionale Warum erklärt. Die dafür sorgt, dass alle anpacken wollen, weil alle wissen, wofür sie es tun, wohin es uns führt. Und: Was wird sein, wenn wir „es“ geschafft haben? Da gibt es zum Beispiel die „Sprechblasen“ von der neuen finanziellen und wirtschaftlichen Weltordnung. Was ist das? Wie sieht das aus? Ich fürchte, das ist viel zu weit weg und zu unpräzise formuliert.

Wenn nicht jetzt, wann dann ist die Zeit, dass die Unternehmenslenker für ihre Unternehmen eine Vision entwickeln? Wer und was wollen sie mit ihrem Unternehmen in einem Jahr, in zwei Jahren sein? Wo soll es stehen? Gerade jetzt sollten sich die Unternehmenslenker mit ihren Führungskräften hinsetzen und über die Zukunft diskutieren. Max Frisch hat gesagt: „Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen!“ „Auf Katastrophe macht“, wer jetzt in operationale Hektik verfällt. Besser ist es, sich die Zeit zu nehmen, um über die Zeit nach der Krise nachzudenken und zu skizzieren, was sein soll und wohin sich ein Unternehmen entwickeln soll.

Wir sagen das so locker dahin: „In jeder Krise steckt die Chance für einen Neuanfang!“ Fangen wir doch einfach damit an!

ZUM KOLUMNIST
Über Dr. Reiner Czichos
Dr. Reiner Czichos ist Experte für professionelles Veränderungsmanagement und Projektmanagement. Er arbeitet seit über 30 Jahren als Trainer, Berater, Moderator, Organisations- und Personalentwickler sowie als Buchautor. Unter dem Motto „Das einzig Stabile ist ...
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