Top-Verkäufer kennen viele Tricks und Kniffe, um mit Unternehmen ins Geschäft zu kommen und hohe Preise zu erzielen. Einkäufer sollten diese kennen und zu kontern wissen.
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Verkäufer-Trick 1: Den Einkauf umgehenLieferanten
versuchen oft die Mitarbeiter im Einkauf zu umgehen und direkt in
Kontakt mit den firmeninternen Bedarfsträgern zu treten. Dies geschieht
insbesondere dann, wenn die Einkäufer
- sich nicht offen genug für die (neuen) Produkte und Dienstleistungen eines Lieferanten zeigen,
- vom Lieferanten als Barriere („gatekeeper“) für eine direkte
Kommunikation mit den internen Bedarfsträgern angesehen werden und
- nicht pro-aktiv mit ihren internen Kunden kommunizieren.
Einkäufer
können sich gegen einen solchen Angriff wehren, indem sie aktiv das
Gespräch mit ihrer internen Kunden suchen und sich über deren aktuellen
und künftigen Bedarf auf dem Laufenden halten – zum Beispiel durch
monatliche Meetings. Außerdem sollten Einkäufer offen, mit (bestehenden)
Lieferanten über deren Produkt- und Dienstleistungsangebot und dessen
(mögliche) Relevanz für das eigene Unternehmen sprechen.
Bei
einer Ausschreibung ist die Versuchung für Lieferanten besonders groß,
„über die Flanke anzugreifen", um einen Keil zwischen Einkauf und
Bedarfsträger zu treiben. In dieser Situation ist es besonders wichtig,
dass die während einer Ausschreibung häufig eingesetzten
cross-funktionalen Teams aus Einkauf und Bedarfsträgern nach außen mit
einer Stimme sprechen. Lassen Sie sich nicht auseinander dividieren.
Informieren Sie zudem das Top-Management Ihres Unternehmens regelmäßig
über den Verlauf der Ausschreibung – denn oft hebeln Top-Verkäufer
cross-funktionale Teams durch ihre exzellenten Kontakte zur
Geschäftsführung aus.
Verkäufer-Trick 2: Nebelgranaten werfenHäufig
erweist sich beim Einkauf gerade das als brisant beziehungsweise als
Kostentreiber, was nicht Bestandteil eines Lieferantenangebots ist.
Akzeptieren Sie kein Angebot das Phrasen enthält wie „zu verhandeln“,
„wird nachgereicht“ oder „auf Anfrage erhältlich“. Verlangen Sie als
Einkäufer vom Lieferanten ein vollständiges Angebot. Weigert er sich,
schließen Sie ihn vom weiteren Vergabeprozess aus.
Besonders frustrierend ist es, erst während einer Vertragsverhandlung festzustellen, dass
- das auf den ersten Blick interessante Angebot eines Lieferanten gar
nicht alle Kosten oder gewünschten Leistungselemente umfasst und
- der Lieferant versucht, höhere Preise durch die Hintertür durchzusetzen.
Schieben
Sie dieser Taktik einen Riegel vor, indem Sie bereits im
Ausschreibungstext sämtliche Preis-/Kostenkomponenten transparent
untergliedern, um „Interpretationsspielräume“ auf Lieferantenseite zu
verhindern.
Ein fundamentales Prinzip des „strategic sourcing“
ist es, die Gesamtkosten (TCO = total cost of ownership) und nicht nur
Einzelkosten zu betrachten. Zusätzlich helfen Klauseln im
Ausschreibungstext wie: „Der Anbieter versichert, dass das vorliegende
Angebot alle relevanten Preisinformationen enthält“. Treffen Sie
grundsätzlich keine Lieferantenauswahlentscheidung, bevor Sie nicht alle
relevanten Kosten erfasst und verstanden haben.
Verkäufer-Trick 3: Appetit-Häppchen offerierenSupermärkte
offerieren häufig bestimmte Produkte unter Einstandskosten, um Kunden
in den Laden zu locken. Diese „loss leader“ bedeuten zwar isoliert
betrachtet Verluste für den Supermarkt. Sie werden aber dadurch
überkompensiert, dass der Kunde im Hochgefühl des erfolgreichen
Schnäppchenkaufs zu anderen Produkten greift, die über höhere
Gewinnmargen verfügen.
Dieselbe Taktik praktizieren oft
Lieferanten von Unternehmen, um (Neu-)Kunden anzulocken. Eine begrenzte
Anzahl von Produkten wird nahe oder unter Einkaufs-/Produktionskosten
angeboten. Andere Produkte hingegen sind mehr als profitabel kalkuliert –
ohne dass die betreffende Einkaufs- oder Fachabteilung dies bemerkt.
Lassen
Sie sich von dieser Taktik nicht blenden. Analysieren Sie die
Preisstruktur aller für Sie wichtigen Produkte/Leistungen und nicht nur
einiger ausgewählter.
Verkäufer-Trick 4: Entscheidungsdruck erzeugenZeit
ist ein Druckmittel, auf das erfahrene Verkäufer gerne bei unerfahrenen
Einkäufern setzen – zum Beispiel, indem sie kurz vor Ablauf eines
Vertrags, wenn der Einkäufer keine alternativen Lieferanten mehr finden
kann, plötzlich erklären: „Wir müssen leider aufgrund gestiegener Kosten
unsere Preise erhöhen.“ Ebenfalls beliebt: „Unser Angebot gilt nur noch
bis Ende der Woche. Danach gelten die genannten Konditionen nicht
mehr.“
Zeitdruck ist ein sehr schlechter Einkaufsratgeber. Nehmen
Sie Ihren Lieferanten den Wind aus den Segeln, indem Sie folgende
Regeln beachten:
- Machen Sie es bei einer Ausschreibung zur
Bedingung, dass das Angebot des Lieferanten für einen klar definierten
Zeitraum gültig ist – zum Beispiel 90 Tage.
- Setzen Sie den
Lieferanten selbst unter Zeitdruck. Kontaktieren Sie ihn zum Beispiel
drei Monate vor Vertragsende und fragen Sie ihn, ob er den Vertrag zu
niedrigeren Preisen verlängern will. Sonst wären Sie gezwungen, eine
neue Ausschreibung durchzuführen.
- Ermitteln Sie, wie der
Verkäufer bezahlt wird und nutzen Sie zum Beispiel das Prämiensystem des
Lieferanten zu Ihrem Vorteil. So werden zum Beispiel im letzten Quartal
eines Geschäftsjahres von den Lieferanten häufig Extra-Prämien
ausgelobt, um den Absatz noch einmal anzukurbeln. Entsprechend heiß sind
die Verkäufer gerade dann auf Abschlüsse und entsprechend schnell zu
Zugeständnissen bereit.
- Vermeiden Sie, dass wichtige Verträge
zum Beispiel zum Jahreswechsel oder mitten in der Urlaubszeit enden.
Denn dann ist es für Sie meist schwierig, wenn nicht gar unmöglich, in
der erforderlichen Zeit von Ihren internen Kunden die Zustimmung zu
alternativen Lieferanten zu erhalten. Also werden die bestehenden
Verträge vielfach einfach fortgeschrieben.
Und noch ein Tipp:
Haben Sie für die, für die Leistungserbringung Ihres Unternehmens
strategisch relevanten Produkte und Dienstleistungen stets einen
alternativen Lieferanten parat, auf den Sie im Bedarfsfall zurückgreifen
können. Sonst werden Sie vom Lieferanten abhängig und sind leicht
erpressbar.
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