(PM) , 08.06.2006 - Darmstadt/Düsseldorf, www.ne-na.de - Fahrkartenmaschinen, die das Ticket nicht herausrücken, Geldautomaten, die gerade außer Betrieb sind, Kassenapparate, die die Annahme von Scheckkarten verweigern – der Kontakt zwischen Mensch und Maschine entpuppt sich oft als Ärgernis. Doch die bockigen Automaten könnte man schon bald durch virtuelle Menschen ersetzen, die auf die Wünsche der Kunden eingehen. Das berichtet die Zeitschrift Wirtschaftsbild
www.wirtschaftsbild.de in ihrer aktuellen Ausgabe. Ein solcher Roboter blicke den Reisenden auf einem Bildschirm freundlich an. In umgangssprachlichen Ton schildert der Kunde seinen Fahrkartenwunsch – ganz so, als würde er von einem Bahnangestellten bedient.
Der virtuelle Verkäufer gehe sogar geduldig auf Fragen ein und übermittelt die gewünschten Informationen. Forscher der Fraunhofer-Institute für Graphische Datenverarbeitung (IGD) und Medienkommunikation IMK
www.igd.fhg.de arbeiten mit Hochdruck an intelligenten virtuellen Wesen: „Die Idee hinter dem virtuellen Charakter ist, die Mensch-Computer-Schnittstelle möglichst natürlich zu gestalten“, erklärt Christian Knöpfle, verantwortlich für virtuelle Realität am IGD. Die Ansprüche an den virtuellen Kundenkommunikator sind enorm: Er muss sozial interagieren, über Sprache, Gestik und Mimik kommunizieren, ein menschliches, sympathisches Aussehen haben und seine Dialoge müssen glaubwürdig sein. „Anders als virtuelle Schauspieler, die in Filmproduktionen eingesetzt werden, soll der virtuelle Mensch in Echtzeit reagieren – unmittelbar und ohne eine lenkende menschliche Hand. Hierzu entwickeln die Forscher verschiedene Module wie Dialogerzeugung, Sprachverstehen sowie Grafikausgabe und verbinden sie über einen webbasierten Ansatz miteinander“, schreibt die Wirtschaftsbild.
Der Spracherkennungsexperte Bernhard Steimel, Sprecher der Brancheninitiative Voice Business
www.voicedays.de, wertet das Forschungsprojekt als wichtigen Schritt, Maschinen mit mehr Intelligenz auszustatten und kundenfreundlicher auszurichten. „Wenn Computersysteme sich zu logischen Schlussfolgerungsautomaten entwickeln, gibt es eine enorme Anwendungsbandspalette für Unternehmen. Allerdings müssen die Entwickler enorme Aufgaben beachten: Die verbale und nonverbale menschliche Kommunikation ist sehr komplex. Die Sprache gleicht dem Spiel Scharade. In normalen Gesprächen vermitteln wir relativ wenig Informationen und der Zuhörer versteht trotzdem den Zusammenhang. So können wir uns glücklich oder verlegen artikulieren – hier wirkt sich auch die Körpersprache oder die Tonlage aus. Man benötigt also assoziative und lernfähige Speichermodelle“, so Steimel.
Die IGD-Forscher sehen vielfältige Einsatzgebiete für den virtuellen Menschen: so könne er etwa als Tutor Studenten bei E-Learning-Kursen unterstützen, ihre Fragen beantworten und Hilfestellung bei Problemen geben – und so das lernen am und mit dem Computer attraktiver gestalten. Auch bei Themen, die das Training von Sozialverhalten beinhalten, bieten sich menschenähnliche Charaktere an: So könnte das Personal der Deutschen Bahn mit Hilfe eines virtuellen Beraters üben, mit schwierigen Kunden umzugehen. „Der virtuelle Mensch kann etwa einen störrischen Reisenden spielen, auf den der reale Verkäufer reagieren muss“, erläutert Knöpfle. Der Verkäufer könnte sich auch verschiedene Reaktionen zweier virtueller Menschen – etwa Verkäufer und Kunde – anschauen, um aus ihrem Verhalten zu lernen.