Fachartikel, 28.09.2007
Perspektive Mittelstand
Management (allgemein)
Unternehmensziele wirkungsvoll verankern – eine Frage der Management-Kultur
Immer wieder stehen Unternehmer und Führungskräfte vor der Frage: Wie können wir unsere Werte und Unternehmensziele im Unternehmen fest verankern, dass alle Mitarbeiter diese tragen und damit aktiv unterstützen? Als Folge eines falschen Führungsverständnisses versucht das Management dann häufig, Ziele und Werte ebenso wie Veränderungsprozesse zu verordnen. Anstelle von Überzeugungsarbeit herrscht das Diktat. Die Reaktion der Mitarbeiter bleibt nicht aus – was folgt sind innerer Widerstand sowie Blockade!
Häufig pflegen Mitarbeiter/-innen einen Stil, der die Unternehmensziele nicht gerade in idealer Weise befördert: Unpassende Kleidung, das Kommunikationsverhalten, Verhaltensweisen oder andere vermeintliche Kleinigkeiten. Tatsächlich ist dies aber häufig nur die Oberfläche. Was fehlt, ist das klare Commitment der Mitarbeiter/-innen zu den Unternehmenszielen. Und Voraussetzung für ein klares Commitment ist die individuelle Positionierung jedes einzelnen Mitarbeiters in Bezug auf die Ziele und Werte des Unternehmens. Denn: Überzeugung kann nicht von oben angeordnet werden, sondern ist die Folge interner Diskussionsprozesse.

Entscheidend ist, dass sowohl die Wertekultur als auch die Unternehmensziele verbindlich kommuniziert werden und die Mitarbeiter/-innen die Zielfrage über die Stilfrage stellen. Wer noch keine Diskussion um Dresscodes, „Essen am Arbeitsplatz“ oder Baseballkappen erlebt hat, darf die Emotionalität der Debatte nicht unterschätzen. Die vermeintlichen Kleinigkeiten sind wichtige Freiheitserrungenschaften, die auf Mitarbeiter/-innenseite überaus engagiert verteidigt werden.

Da alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gleichermaßen Träger und Betroffene einer Veränderung der Unternehmenskultur sind, bedarf es hierfür eines offenen Diskussionsprozesses. Ein striktes Verbot von heute auf morgen, kann Reaktanz und im Extremfall Sabotage zur Folge haben. In jedem Fall aber provoziert ein solches Widerstand und Reibungsverluste, die sich auf die Arbeitsqualität auswirken und das Verständnis für die Unternehmensziele eben nicht oder nur in geringem Maße fördern.

Veränderungen einzuleiten und umsetzen ist ein Projekt, dessen Rahmen von der Unternehmensführung zu definieren ist. Ist dies geschehen, gilt es im nächsten Schritt die obere Führungsriege zu informieren und einzubinden. In einer Führungskonferenz werden die Ziele des Projekts erörtert und das weitere Vorgehen im Detail festgelegt. Es ist wichtig und notwendig, das alle Führungskräfte gleichermaßen das Projekt unterstützen und mit umsetzen. Erfolgt dies nicht, ist die Herausbildung einer uneinheitlichen Unternehmenskultur die Folge, die sicher auch den Kunden nicht verborgen bleibt. Die „Kleinigkeiten“ bleiben somit beliebig, da sie im Unternehmen nicht einheitlich gehandhabt werden.

Sind die Inhalte des Leitfragenkatalogs festgelegt, starten die Gruppendiskussion mit allen Mitarbeitern. Hierzu sollten jeweils 6-8 Mitarbeiter aus dem gleichen Arbeitsbereich in Gruppen zusammengefasst und befragt werden. Steht beispielsweise der Umzug in ein neues Firmengebäude an, im Zuge dessen die Selbstdarstellung und das Alltagshandeln im Unternehmen der neuen Umgebung angepasst und professionalisiert werden soll, könnte für eine Gruppendiskussion ein Fragenkatalog wie folgt aussehen:

  • Wie wirkt das neue Gebäude auf Sie?
  • Wie wirkt das Gebäude – Ihrer Meinung nach - auf den Kunden?
  • Was weiß der Kunde über die Entstehung des Produkts?
  • Was sollten wir in Selbstdarstellung und Alltagshandeln ändern, um uns dem neuen Gebäude anzupassen und besser zu werden?

    ::: Essen und Trinken am Arbeitsplatz?
    ::: Pausengestaltung (zeitlich, räumlich)?
    ::: Arbeitsplatzgestaltung?
    ::: Äußeres Erscheinungsbild (Kleidung etc.)?
    ::: Arbeitsorganisation und –abläufe?

  • Weitere Aspekte, die ihrer Meinung nach anzupassen sind, um die Marktposition zu verbessern?

Ein solcher Leitfragenkatalog, der in allen Gruppen gleichermaßen diskutiert wird, ermöglicht eine Ergebnisverdichtung. Die Gruppendiskussion kann auch durch den externen Berater begleitet werden. Dieser moderiert die Diskussionsforen und sorgt für eine anonyme Erhebung und Aufbereitung der Daten. Die Vorteile einer solchen Vorgehensweise liegen darin, dass

  1. mehr Mitarbeiter/-innen erreicht werden als in quantitativen Befragungen (geringer Rücklauf)
  2. der Diskussionsprozess ergebnisoffen bleibt, das heißt im Laufe der Befragungen treten durchaus immer neue Aspekte und Vorschläge in den Vordergrund. Die Mitarbeiter/-innen können durch diese Vorgehensweise aktiv an einem künftigen Regelwerk mitarbeiten.
  3. selbst skeptische Mitarbeiter/-innen, die anfangs eher zurückhaltend sind, sich an der Diskussion beteiligen, weil das Instrument (Diskussionsforum) einladender ist als ein Fragebogen.

Besonders wichtig dabei ist, dass im Rahmen der Gruppendiskussion zumindest Teile der zukünftigen Linie ohne Vorgaben diskutiert werden können. Es darf sich also keinesfalls um eine „Pseudo-Diskussionen“ handeln.

Die Ergebnisse sollten zunächst in einer Führungskonferenz in Anwesenheit der Geschäftsleitung präsentiert und diskutiert werden. Der Diskussionsprozess kann wiederum von einem externen Berater moderiert werden und sollte dann in einer Entscheidung über das künftige Regelwerk münden, das darüber Auskunft gibt, wie die eingangs beschriebenen „Kleinigkeiten“ aussehen und mit welcher Begründung (unter Bezugnahme auf die Unternehmensziele und Kundenanforderungen) die Regeln jeweils legitimiert werden sollen. Für die erfolgreiche Implementierung ist die systematische Begründung jeder Neuregelung sowie die Berücksichtigung der Diskussionsergebnisse entscheidend.

Für die Umstellungs- und Einführungsphase bietet sich ein 100-Tage-Programm an. In dieser Zeit müssen sich die Regeln im Alltag bewähren. Vorläufiger Schlusspunkt des Projekts ist die Präsentation der Befragungs- und Projektergebnisse für alle Mitarbeiter/-innen. Gegenstand dieser Mitarbeiterpräsentation sollte es sein, den Diskussions- und Entscheidungsprozess unter Beteiligung der Führungsriege transparent zu machen. Auch kann die Moderation durch einen externen Berater sehr hilfreich sein . Die Führungskräfte unterstreichen in kurzen Commitment-Speeches ihr Engagement und ihren zukünftigen Einsatz für das Regelwerk. Dies sorgt für ein Mehr an Verbindlichkeit durch maximale Transparenz der Unternehmensziele. An dieser Stelle oder auch am Ende eines Testzeitraumes bietet sich die Durchführung oder Kopplung an einen Event an (zum Beispiel Sommerfest), um das Projektergebnis gemeinsam im Erleben positiv zu verankern.

Fazit

Jegliche Veränderung der Unternehmenskultur ist die Angelegenheit aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, denn sie sind die Träger dieser Kultur. Insofern gilt für die Selbstdarstellung und das Alltagshandeln im Unternehmen, dass die Transparenz der Unternehmensziele verstärkt wird. Die gemeinsame Erarbeitung, der offene Diskussionsprozess und die verbindliche Einführung und Sanktionierung ersparen emotionale, ermüdende Debatten und schlechte Kundenresonanz wegen vermeintlicher „Gedankenlosigkeiten oder Kleinigkeiten“.

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