Fachartikel, 03.11.2006
Perspektive Mittelstand
Unternehmensführung in einem neuen Bewusstsein - Teil 1
Warum wir Führung neu denken müssen
Gewinnmaximierung um jeden Preis - ein Verständnis von Unternehmensführung mit gravierenden Folgen, nicht nur für davon betroffene Mitarbeiter, sondern unsere Gesellschaft als Ganzes. Erster Teil eines zweiteiligen Beitrages über die unternehmerischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Vorteile einer menschorientierten Führungs- und Unternehmenskultur, Erfolgsbeispiele und alternative Führungsinstrumente.
Was haben Goetz W. Werner, Chef der Drogeriekette dm, und Klaus Kobjoll, Gründer und Inhaber des Hotels „Schindlerhof“ in Nürnberg-Boxdorf, gemeinsam? Beide stehen nicht nur an der Spitze ihrer seit Jahren erfolgreichen Unternehmen, sondern auch immer wieder im grellen Rampenlicht der Medien. Nicht Massenentlassungen oder Finanzskandale säumen ihren Weg - dm erwirtschaftet mit 21.000 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von drei Milliarden Euro; der Schindlerhof heimst einen European Quality Award nach dem anderen ein und kann sich vor hochkarätigen Initiativbewerbern kaum retten.

Es ist die außergewöhnlich menschliche Führungs- und Unternehmenskultur, bei Kobjoll sogar „Spielkultur“ genannt, die für Aufsehen sorgt und das Interesse von Zeitungen, Hörfunk und Fernsehen weckt. „Respekt, Verständnis und Vertrauen“ und einen „großen Entscheidungsspielraum der Mitarbeiter“ attestiert der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) Konzernchef Werner und verleiht ihm dafür den begehrten Management Award – für „menschliche Führung“.

Werner und Kobjoll sind erfolgreich, weil sie dem unmenschlichen Globalisierungstrend des 'höher, schneller, weiter um jeden Preis' etwas zutiefst menschliches entgegensetzen. Menschliche Werte wie Vertrauen, Wertschätzung, Offenheit, Echtheit, Spaß und Humor stehen bei den beiden Vorreitern einer „Führung in einem neuen Bewusstsein“ im Mittelpunkt – und zwar nicht nur auf dem geduldigen Papier, sondern im alltäglichen Umgang miteinander.

Was die beiden eindruckvoll vorleben, wird inzwischen von immer mehr Unternehmern und Führungskräften übernommen, die die Zeichen der Zeit erkannt haben. Sie sehen den Menschen nicht mehr länger als einen lästigen, beliebig verschiebbaren „Kostenfaktor“, sondern stellen ihn in den Mittelpunkt allen wirtschaftlichen Handels – intern wie extern. Kein Wunder, wenn sich das schon nach kurzer Zeit positiv auf die Gewinne auswirkt, wenn die Krankenstände deutlich zurück gehen, die Fehlerquote überdurchschnittlich sinkt und wenn selbst kurzfristige Projekttermine auf einmal eingehalten werden.

Einer Studie des Management Zentrum St. Gallen zufolge glauben 82 Prozent der befragten Manager, dass ein radikaler Wechsel im Managementdenken erforderlich ist. Auch immer mehr Führungsnachwuchskräfte fragen sich, ob das alt eingesessene Managementmodell des Industriezeitalters, das als skrupellos, raffgierig und einer Selbstbedienungsmentalität gleich gesehen wird, das einzig mögliche und wünschenswerte ist.

Vor allem fragen sich immer mehr Führungskräfte, ob es ein zukunftsfähiges Modell für das angebrochene Informationszeitalter ist. Hinter vorgehaltener Hand, oft in der vertraulichen Atmosphäre persönlicher Coachings oder intensiver Trainings zur 'Führung in einem neuen Bewusstsein', sehnen sich viele junge und auch ältere Führungskräfte nach einem anderen Umgang miteinander. Sie sind des Kämpfens müde, wollen den Druck von oben nicht mehr länger einfach weiter geben, machen sich Sorgen um ihr wertvollstes Gut: die eigene Gesundheit, die bei einem 70-Stunden-Job immer öfter auf der Strecke bleibt.

Die Zeit ist reif für ein Neues Denken, für einen neuen Ansatz. Die Führungskraft der Zukunft ist eine Führungspersönlichkeit – oder sie ist gar nicht. Sie leitet ihre natürliche Autorität nicht mehr aus der Zurschaustellung von Machtsymbolen oder aus ihrer Hierarchie ab. Stattdessen stellen sich Unternehmer und Führungskräfte der Zukunft vor allem die Frage: „Was kann ich tun, um meine Mitarbeiter zu unterstützen, um sie zu inspirieren? Was kann ich tun, damit sie ihr volles Potential, ihre volle Kraft entfalten können?“ Die Beziehung zwischen Chef und Mitarbeiter ist nicht mehr von Macht auf der einen und Angst auf der anderen Seite geprägt, sondern von gegenseitigem Respekt, Vertrauen, Anerkennung als Mensch. Die Richtung ist klar: durch Wertschätzung zur Wertschöpfung.

Es geht nicht um eine neue Managementmode, die aufblüht und wieder vergeht. Es geht um eine andere Haltung, um eine Neue Führung, die von Menschlichkeit, Authentizität, Langzeiteffektivität und Nachhaltigkeit geprägt ist – auf allen Ebenen: als Individuum, in der Organisation und in der Gesellschaft. Die Neue Führung zeigt ein alternatives Denken, Fühlen und Handeln auf und führt uns an einen Punkt, den wir alle innerlich kennen, den viele Menschen in verantwortungsvollen Positionen jedoch im Laufe der Jahre aus dem Sinn verloren haben: Die Neue Führung lässt uns unsere Qualität als Menschen wieder spüren und in unser tägliches Handeln integrieren.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Lesen Sie im zweiten Teil dieses Beitrages, wie „Führung in einem neuen Bewusstsein“ in der Praxis aussieht und welche 12 Themenfelder und Erfolgsfaktoren in Hinblick auf die Unternehmens- und Mitarbeiterführung zu berücksichtigen sind, um das Unternehmensrad neu ins Rollen zu bringen.
ZUM AUTOR
Über von Staden & Partner
von Staden & Partner
Garather Schlossallee 19
40595 Düsseldorf

+0211-9708-101
WEITERE ARTIKEL VON VON STADEN & PARTNER
Über Perspektive Mittelstand

Die Perspektive Mittelstand ist eine unabhängige, branchenübergreifende Business-Plattform zur Förderung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittelständischer Unternehmen und ihrer Mitarbeiter. Ziel der Initiative ist es, über hochwertige Informations-, Kommunikations- und Dienstangebote rund um den unternehmerischen und beruflichen Alltag die Wissensbildung, Kommunikation und Interaktion von und zwischen Existenzgründern, Unternehmern, Fach- und Führungskräften und sonstigen Erwerbstätigen zu unterstützen. Weitere Informationen zur Perspektive Mittelstand unter: www.perspektive-mittelstand.de