Kolumne
Beraten und verkauft, 06.07.2009
Perspektive Mittelstand
Umsatzsorgen
Ist Ihr Auftragsbuch fürs nächste Jahr schon voll?
Was, wenn Sie heute jemand fragte, mit welchen Kunden Sie in zwei oder drei Jahren Ihren Umsatz generieren werden? So manchen Selbstständigen bzw. Unternehmer oder auch Vertriebsleiter jedenfalls würde eine solche Frage sicherlich in Verlegenheit bringen.

Juni 2009 – Kaffeepause bei einem Trainer- und Beratermeeting. Trainer Schulz parliert mit Berufskollegin Maier über seine Auftragslage. „Ich bin dieses Jahr restlos ausgebucht – trotz Wirtschaftskrise“, berichtet Schulz. Dann reden die beiden noch einige Zeit über dies und das, bevor Trainerin Maier ihren Kollegen fragt: „Und wann arbeiten wir zusammen das Seminarkonzept für das Unternehmen Schaff-viel aus – am kommenden Montag?“ Schulz’ Antwort: „Das geht nicht. Dann mache ich Telefonakquise.“ Seine Kollegin schaut ihn verdutzt an und fragt: „Wie? Ich dachte, du seist ausgebucht?“ „Stimmt“, erwidert Schulz: „Aber ich akquiriere jetzt meine Kunden für 2010 und 2011.“ Daraufhin Maier erstaunt: „So langfristig denkst und arbeitet du?!“

Ähnliche Erfahrungen sammeln Trainer und Berater, die ihren Markt mit System bearbeiten, immer wieder. Ihre Kollegen sind erstaunt, wie viel Zeit und Geld sie ins Marketing investieren – obwohl sie volle Auftragsbücher haben. Und wie viel Energie sie trotz eines festen Kundenstamms auf die Kundenakquise verwenden. Dahinter steckt die Erfahrung: Von heute auf morgen lassen sich im Trainings- und Beratungsbereich keine Neukunden gewinnen und Großaufträge an Land ziehen.

Also muss ich als Berater stets ein paar angewärmte Noch-nicht-Kunden und ein paar Kleinkunden, aus denen Großkunden werden können, in der Pipeline haben, damit meine Auftragslage auf Dauer einigermaßen stabil ist. Denn mit einem gewissen Kunden-„Sterben“ müssen Trainer und Berater stets rechnen – selbst wenn sie eine Top-Arbeit leisten. Sei es, weil der Ansprechpartner beim Kunden wechselt oder weil das Unternehmen fusioniert oder weil es schlicht beschließt: Wir wollen mal was Neues machen. Oder weil Kunden wie zurzeit aufgrund der Wirtschaftskrise plötzlich nicht nur über einen Mangel an Aufträgen klagen, sondern auch über einen Mangel an Liquidität. Theoretisch ist dies den meisten Trainern und Beratern klar.

Doch Konsequenzen haben daraus wenige gezogen. Diese Erfahrung sammelt zumindest Trainer Schulz. Seine Kollegen reagieren stets irritiert, wenn er berichtet: Ich versende trotz voller Auftragsbücher regelmäßig Werbebriefe, betreibe aktiv Pressearbeit und telefoniere wöchentlich drei, vier Stunden mit Noch-nicht-Kunden. „Der flunkert; der braucht dringend Aufträge“, kann er dann in den Blicken seiner Kollegen lesen. Dabei macht Schulz nur das, was man im Gesundheitsbereich Prävention nennt. Er sorgt heute dafür, dass er auch in ein oder zwei Jahren noch ausreichend Aufträge hat und nicht irgendwann feststellen muss: „Ups, meine Umsätze brechen ein, weil …“

Stolzer als auf die 90 000 Euro Umsatz, die er im ersten Halbjahr 2009 mit Altkunden erzielte, ist Trainer Schulz, denn auch auf die 25 000 Euro Umsatz, die er im selben Zeitraum mit sechs Neukunden machte – obwohl dies stets „Kleinaufträge“ waren. Das stört Schulz aber nicht. Im Gegenteil. Denn er weiß: Das sind sechs Kunden, bei denen ich einen Fuß in der Tür habe, und bei denen ich 2010 oder spätestens 2011, wenn das erforderliche Vertrauen aufgebaut ist, größere Aufträge an Land ziehen kann. Übrigens, Trainer Schulz gibt es wirklich – auch wenn er nicht Schulz, sondern .... heißt.

ZUM KOLUMNIST
Über Bernhard Kuntz
Bernhard Kuntz ist ein ausgewiesener Kenner des Bildungs- und Beratungsmarkts aufgrund seiner Tätigkeit als Redakteur des Fachmagazins 'management & seminar' (1989 bis 1992) und seiner über 15-jährigen Arbeit als Fachjournalist für Personal- und ...
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