Fachartikel, 10.01.2007
Perspektive Mittelstand
IT und Telekommunikation
Telekommunikation 2007 – was, wie, wofür und wohin (Teil 2)
2. Teil eines zweiteiligen Beitrags zu Grundlagen, Einsatzfeldern, Geschäftsmodellen und Trends der Telekommunikation: Wertschöpfungsstufen in der Telekommunikation, Geschäftsmodelle bauen Dienste für Unternehmen.
Unabhängig von der Technologie und den realisierten Diensten gibt es eine Reihe von Wertschöpfungsstufen in der Telekommunikation:

::: Herstellung von Infrastruktur-Komponenten (Vermittlungs- und Übertragungstechnik)

::: Herstellung von Endgeräten

::: Betrieb von Backbone-Netzen

::: Betrieb von Vermittlungsnetzen

::: Betrieb von Anschlussnetzen (bisher nur in Verbindung mit dem Betrieb von Backbone- oder Vermittlungsnetzen)

::: Entwicklung von Diensten und Applikationen (in der Regel Softwareprodukte) sowie Mehrwertdiensten

::: Aufbereitung und Bereitstellung von Inhalten

::: Kundenverwaltung und Inkasso

::: Vertrieb

Seit der Entflechtung der „alten“ AT&T in die regionalen Baby-Bells als vollwertige Telefongesellschaften und den Infrastrukturhersteller (Lucent, heute Alcatel) gibt es kaum noch ein Unternehmen, dass die Herstellung von Infrastruktur und den Netzbetrieb kombiniert. Der Versuch von Motorola als Hersteller in den 90er Jahren mit „Iridium“ (einem weltumspannenden Satellitengestützten Mobilfunkdienst) in den Betrieb zu gehen ist nach den ersten Teststarts von Satelliten aufgrund fehlender Wirtschaftlichkeit mit der Auflösung der einzelnen Betreibergesellschaften gescheitert.

Intel als Chiphersteller fördert die Markteinführung von WiMAX durch Minderheitsbeteiligungen an WiMAX-Betreibern, offensichtlich aber ohne operativen Einfluss auf das Betreibergeschäft zu nehmen. Die Herstellung von Netzinfrastruktur-Komponenten oder Endgeräten und das Geschäft mit dem Betrieb von Netzen und Diensten sind also faktisch getrennte Geschäftsmodelle und die Unternehmen in diesen Bereichen arbeiten als Käufer und Lieferanten, sowie als System- oder Entwicklungspartner Projektweise zusammen.

Unterschiedliche Geschäftsmodelle

Folgende Geschäftsmodelle sind neben den Herstellern auf der Betreiberseite häufiger anzutreffen:

::: Universal-Netzbetreiber integriert alle Bereiche vom Anschluss- über Verbindungs- und Backbone-Netze mit Vertrieb und eigener Kundenverwaltung oft für verschiedene Dienste

::: Backbone-Netzbetreiber bieten anderen Netzbetreibern und Großkunden die Möglichkeit, große Datenmengen mit hoher Sicherheit zu transportieren

::: Verbindungsnetzbetreiber arbeiten über Interconnection-Vereinbarungen mit Universal-Netzbetreibern und/oder Anschlussnetzbetreibern zusammen, um den einzelnen Kunden zu erreichen. Im Backbone-Bereich werden Übertragungsstrecken der entsprechenden Anbieter gemietet

::: Reine Anschlussnetzbetreiber können z.B. durch die Einführung von WiMAX entstehen und für andere Netzbetreiber die „letzte Meile“ zum Kunden realisieren. Häufiger übernehmen Universal-Netzbetreiber für andere Anbieter die Rolle eines Anschluss-Netzbetreibers (durch Miete der TAL, Bitstream-Access etc.)

::: MVNO (Mobile Virtual Network Operator) sind zunächst im Mobilfunk entstandene Netzbetreiber, die ganz auf ein eigenes Anschlussnetz verzichten und sich auf die Kernnetzfähigkeiten (Vermittlung, Dienstebetrieb und Vermarktung) konzentrieren. MVNOs besitzen die Fähigkeit, mit großem Gestaltungsspielraum eigene Dienste zu entwickeln und können grundsätzlich auch im Festnetz tätig sein

::: Reseller kaufen Vorprodukte anderer Festnetzbetreiber (Universal- oder Verbindungsnetzbetreiber) und gestalten eigene Produkte im eingeschränkten Umfang durch Preisgestaltung und Bündelung mit anderen Produkten. Die Kernfähigkeiten liegen im Bereich der Vermarktung und Kundenbetreuung

::: Service Provider sind das Pendant der Reseller im Mobilfunkbereich. Genau wie die Reseller liegt der Schwerpunkt der Aktivitäten in der Vermarktung und der Kundenbetreuung. Die Möglichkeiten der Dienstegestaltung beschränken sich ebenfalls auf Preisgestaltung und Bündelung mit anderen Diensten

::: ISPs (Internet Service Provider) bieten Internetdienste und IP-basierte Mehrwertdienste an (E-Mail, Hosting, Web-Publishing, Domains, etc.)

::: Vertriebspartner haben ihren Fokus ausschließlich im Vertrieb und können daher bis auf den Backbone-Netzbetreiber mit allen anderen Anbietern zusammenarbeiten. Der Vertriebspartner hat keine Möglichkeiten der Produktgestaltung beim Netzdienst und er übernimmt keine weitere Kundenbetreuung nach dem Vertragsabschluss außer gegebenenfalls bei von ihm vermarkteten Endgeräten und Zubehörprodukten

Die Übergänge zwischen den einzelnen Geschäftsmodellen sind in Grenzen fließend und Mischformen sind natürlich möglich. So kann ein Citycarrier mit eigenem Festnetz gleichzeitig Service Provider für Mobilfunk-Produkte sein. Bewertet man die Modelle, so gibt es derzeit entweder den Komplettanbieter mit Netzbetrieb, Dienstegestaltung und Vermarktung oder den Vermarkter mit und ohne eigene Kundenverwaltung. Das Geschäftsmodell des „enhanced“ MVNO, der die Möglichkeiten eines eigenen Kernnetzes nutzt, ist noch die Ausnahme im Vergleich zum häufig an zu treffenden „no-frills“-Modell des „Discount“ MVNO. Eine Stärkung des „enhanced“ Geschäftsmodells und die Bereitschaft der Mobilfunknetzbetreiber, dieses Modell zuzulassen, könnten den Dienstemarkt deutlich beleben.

Sprachdienste

Die bekanntesten Dienste im TK-Umfeld sind Sprache im Festnetz und im Mobilfunk und der Internetzugang. Hohe Bedeutung hat auch das Messaging durch den SMS-Dienst (Short Message Service) oder sein Multimedia-Pendant MMS (Multimedia Messaging Service) erhalten. Im Sprachbereich gibt es eine Reihe unterschiedlicher Angebote von Calling-Cards, über Call-back-Dienste, Call-by-Call bis zum Preselection-Dienst mit einer vertraglichen Bindung an einen Netzbetreiber. Zur eindeutigen Unterscheidung der (derzeit etwa 100) am Markt tätigen Netzbetreiber dient die Netzbetreiberkennzahl, die für die gegenseitige Erreichbarkeit notwendig ist. Für den Verbraucher wird die Netzbetreiberkennzahl nur beim Call-by-Call Dienst sichtbar als die Nummer, die vor der eigentlichen Rufnummer gewählt werden muss.

Im Mobilfunk gibt es vergleichbare Angebote in Form von Prepaid-Karten, bei denen das ab zu telefonierende Guthaben vor der Nutzung gekauft werden muss, und die Mobilfunk-Karten mit Vertragsverhältnis, bei der der Nutzer zum Monatsende eine Rechnung über die aufgelaufenen Beträge erhält. Ein echtes „Hot-Billing“, bei der einzelne Gespräche direkt nach Beendigung abgerechnet werden, ist bislang noch nicht am Markt umgesetzt.

Eine relativ neue Möglichkeit zur Nutzung der Sprachtelephonie über das Internet ist VoIP (Voice over Internet Protocol). Die VoIP-Telephonie erfreut sich zunehmend steigender Beliebtheit und über VoIP-Modems können anstelle des Headsets am PC auch die vorhandenen Festnetz-Telefongeräte für die Internet-Telephonie genutzt werden. VoIP hat derzeit noch einige Einschränkungen im Vergleich zur „herkömmlichen“ Telephonie, z.B. können Notrufe und Servicerufnummern noch nicht umgesetzt werden. Da die Internettelephonie paketvermittelt arbeitet, kann eine höhere Netzeffizienz erreicht werden. Es ist abzusehen, dass die IP-basierte Telephonie zukünftig zur Standardübertragungsform wird.

Sowohl bei Sprach- als auch bei Internetdiensten setzt sich mit zunehmender Marktsättigung zunehmend in der Preisgestaltung die Flatrate durch gegenüber der Tariffierung nach Minuten, Entfernungsklassen oder Datenvolumen. Dabei ist nicht jede Flatrate für den Verbraucher preisgünstig. Für den Anbieter birgt die Flatrate wirtschaftliche Risiken, wenn das Nutzungsverhalten nicht genau bekannt ist. Die richtige Zielgruppen-Segmentierung und die Gewinnung der richtigen Informationen aus der Zielgruppenanalyse sollten der Preisgestaltung voraus gehen.

Mehrwertdienste

Neben den Basis-Diensten gibt es auch im Sprachbereich verschiedene Mehrwertdienste. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass neben der reinen Übertragung zusätzliche Dienstleistungen oder Informationen vermarktet und abgerechnet werden. Zu den Mehrwertdiensten gehören:

::: Informationsdienste
::: Unterhaltungsangebote (Erotik, Spiele, Musik, Klingeltöne)
::: Telefonkonferenzen
::: Abrechnungsdienste
::: Transaktionsdienste
::: Gewinnspiele
::: Votings
::: Auskunftsdienste
::: Ortsbezogene Informationen
::: ...

Für die Nutzung von Mehrwertdienste werden häufig Servicerufnummern eingesetzt, die unter einer einheitlichen Vorwahl erreicht werden. Die unterschiedlichen Rufnummerngassen (0800, 0180, 0900, 0137, 018, 118) stehen für unterschiedliche Dienste mit unterschiedlichen Tarifmodellen (Preise pro Anruf oder pro Minute). Mit Servicerufnummern können u.a. auch kleinere Dienstleistungen oder Informationen abgerechnet und Gewinnspiele organisiert werden. Eine Alternative für diese so genannten Micropayments bis € 30 pro Anruf ist im Mobilfunk die Premium-SMS.

Zum Bereich der Mehrwertdienste gehören auch Triple-Play Dienste, die Inhalte wie Fernsehprogramme oder Videofilme mit Telekommunikationsleistungen verbinden, aber auch das mobile Fernsehen über das Handy.

Dienste für Geschäftskunden

Geschäftskunden nutzen natürlich grundsätzlich die gleichen Dienste wie Privatkunden auch. Servicerufnummern werden von Unternehmen genutzt, um eine Bestellhotline oder die Kundenbetreuung leichter zugänglich zu machen durch eine selbst bei räumlich verteilten Filialen bundesweit einheitliche Rufnummer. Zudem werden Informationen und Beratungsleistungen über Servicerufnummern vermarktet.

Für die Durchführung von Transaktionen über das Internet können Unternehmen auf E-Commerce Lösungen zurückgreifen und so ihren Vermarktungsbereich ausdehnen. Für den mobilen Bereich gibt es spezielle M-Commerce Lösungen. Sowohl E-Commerce als auch M-Commerce gehören zu den mit am schnellsten wachsenden Dienste-Gruppen.

Darüber hinaus gibt es spezielle Dienste, die nur für Unternehmen sinnvoll sind. Für die Einbindung von verteilten Geschäftsstellen (oder auch von Geschäftspartnern) wurde der VPN (Virtual Private Network) Dienst geschaffen. Mithilfe eines VPNs können durchgehende Rufnummernpläne in verteilten Organisationen eingesetzt werden, Merkmale einer Nebenstellenanlage auch außerhalb des Unternehmens genutzt und Mitarbeiter im Homeoffice besser in den Arbeitsprozess einbezogen werden.

Spezielle Datendienste wie z.B. eine Direktanbindung zum schnellen Datenaustausch kommen als Systemangebote der Carrier zu den Möglichkeiten hinzu. Im Bereich der Datendienste ist die Schnittstelle zwischen TK- und IT-Markt fließend. Dies wird deutlich im Bereich der ASP (Application Service Provider) Lösungen, die eine Verlagerung von Anwendungen aus dem Unternehmen in externe Rechenzentren ermöglichen.

Ein speziell für Unternehmen angebotener Dienst ist Centrex, die Umsetzung der Funktionen einer Nebenstellenanlage durch einen Netzbetreiber (als Ersatz für den Erwerb einer eigenen, im Unternehmen installierten Nebenstellenanlage).

Wachstumssegment konvergente Dienste

Konvergente Dienste spielen eine zunehmend wichtigere Rolle für den professionellen Nutzer. Schon VoIP kann im Unternehmen die Verbindung zwischen Datenbanken und der Kommunikation erleichtern, z.B. beim Einsatz in Call-Centern. Es gibt daher kaum noch Call-Center, die die Internet-Telephonie nicht einsetzen.

Eine andere Anwendung für konvergente Dienste ist die Bündelung der verschiedenen Informationsquellen (Anrufbeantworter, Voice-Mail, Fax, E-Mail, ... ) in einem System, das die Nachrichten unabhängig vom verfügbaren Endgerät und Netz zugänglich zu machen. Der Dienst, der dies ermöglicht, ist UMS (Unified Messaging Service). Es werden sicher noch eine Reihe weiterer konvergenter Dienste entstehen, die die Nutzung von Telekommunikationsmedien trotz weiter steigender Anzahl erleichtert.

Die Konvergenz hat aber auch das Potenzial, den TK-Markt zu verändern. Konequent eingesetzte Konvergenzdienste sind eine attraktive Geschäftsmöglichkeit für einen „enhanced“ MVNO, der damit in die heute noch unbestrittene Domäne der Universalnetzbetreiber vordringen könnte. Neben dem Produktnutzen durch konvergente Dienste ist der Kundenzugang der wesentliche Erfolgsfaktor. Viele heutige Vertragsverhältnisse mit unterschiedlichen Netzbetreibern, Resellern, Internetprovidern oder Service Provider könnten in Verbindung mit konvergenten Diensten auf einen Anbieter übergehen.

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