Pressemitteilung, 16.04.2007 - 16:24 Uhr
Perspektive Mittelstand
Studiengebühren, Eliteuniversitäten und der Student als Kunde – Hochschulpolitik in Deutschland bislang ohne Konzept
(PM) , 16.04.2007 - Von Silke LandwehrBerlin, www.ne-na.de – In der Wirtschaft ist man mit den geplanten Maßnahmen der Bundesregierung in der Hochschulpolitik unzufrieden. „Das Konzept der Eliteuniversitäten, willkürliche Finanzspritzen für Forschungseinrichtungen und die Einführung von Studiengebühren ohne Konsequenzen auf die öffentlich-rechtliche Hochschulbürokratie bringen überhaupt nichts. Das sind Placebo-Maßnahmen und lenkt nur von den fundamentalen ordnungspolitischen Fehlleistungen der vergangenen Jahre ab. Hochtechnologie, Unternehmertum, Erfindergeist und der Antrieb zu Spitzenleistungen müssten quer durch alle staatlichen Institutionen vorgelebt und respektiert werden“, fordert Michael Müller, Wirtschaftssenator des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) www.bvmwonline.org und Geschäftsführer der auf IT-Dienstleistungen spezialisierten a&o-Gruppe www.ao-services.de mit Sitz in Neuss und Potsdam. Schon an dem Konzept der „Eliteuniversitäten“ erkenne man nach Ansicht von Herbert Klaeren, Professor für Programmiersprachen an der Universität Tübingen, den politisch vollkommen fehlgeleiteten, verlogenen und heuchlerischen Einsatz von Geldmitteln durch die Regierung. Im Vergleich zur privat finanzierten Stanford University www.stanford.edu, die im Herzen des Silicon Valley liege und die amerikanische Elite in der Informatik hervorbringe, seien deutsche Hochschulen seit langem chronisch unterfinanziert. „An der TU München kommen statistisch 44 Studierende auf einen Professor, an der ETH Zürich sind es 35, aber an der Stanford University nur acht. Die TU München gibt für jeden Studierenden jährlich 20.540 Euro aus, die ETH Zürich 57.310 Euro und die Stanford University 188.405 Dollar. Da erübrigt sich jeder Kommentar“, so der Einwand von Klaeren. Zwar gebe es auch in Deutschland Privatuniversitäten. „Sie dienen aber hauptsächlich der Bestätigung des Egos knauseriger Stifter und hängen allesamt am staatlichen Tropf. Aus eigener Kraft könnten sie nie überleben. Die Bildungspolitik spielt hier freiwillig die Rolle des nützlichen Idioten“, schreibt Klaeren in seinem neuen Buch Viren, Würmer und Trojaner – Streifzüge durch die Computerwelt (Verlag Klöpfer & Meyer, www.kloepfer-meyer.de). Zudem regiere der Staat immer wieder stark in die Universitäten hinein, auch er dabei treuherzig behaupte, deren Autonomie stärken zu wollen. „An der Stanford University geschieht dagegen nur, was die Stanford University will“, bemerkt Klaeren. Wer ernsthaft Eliteuniversitäten haben wolle, müsse sich mit dem Gedanken anfreunden, dass nicht jeder Abiturient von jeder Universität angenommen werde, sondern sich erst einer Aufnahmeprüfung stellen müsse. Habe man aber erst einmal eine Universität des Stanford-Kalibers etabliert, möglichst noch mit einem gemeinschaftsstiftenden Campus, dann seien die Studierenden auch stolz darauf, hier lernen und arbeiten zu dürfen. „Sie identifizieren sich mit ihrer Uni und spenden oder stiften ihr später entsprechende Geldbeträge, wenn sie beruflich erfolgreich geworden sind. Standorf hat allein im Jahr 2004 den Betrag von 524 Millionen Dollar an Spenden eingenommen, davon könnte jede deutsche Universität nur träumen“, führt Klaeren weiter aus. Entsprechend beeindruckend sei die Liste der Persönlichkeiten, die in Stanford studierten oder forschten wie der Internet-Pionier Vinton Cerf, der Gründer der Dolby Labs, Ray Dolby, die ehemalige HP-Chefin Carly Fiorina, die HP-Gründer Bill Hewlett und David Packard, der Mitgründer von Google, Larry Page, der Mitgründer von Yahoo, Jerry Yang oder die Gründer von Sun Microsystems, Vinod Khosla, Scott McNealy und Andreas von Bechtolsheim. „Die deutschen Universitäten sollten stärker nach Wettbewerbsprinzipien arbeiten. Das soll nicht die Unabhängigkeit und Forschungsfreiheit in Frage stellen, denn auch Stanford wird wohl niemand unterstellen, diese Werte zu missachten, nur weil die Hochschule ein Turbo für die amerikanische Wirtschaft ist“, so das Fazit des Mittelständlers Müller. Die Einführung von Studiengebühren, so wie das heute in Deutschland praktiziert werde, bringe überhaupt nichts. Das Reiseziel der Studiengebühren sei zumindest ungewiss, schreiben die VDI-Nachrichten in ihrer Online-Ausgabe. „Licht ins Dickicht der Gelderverwendung zu bringen, ist deshalb das erklärte Ziel von Unicheck, die von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft www.insm.de ins Leben gerufen wurde. Focus-online stellte die in der Emnid-Umfrage zu Tage getretene breite Skepsis der Studenten in den Vordergrund, ob die Hochschulen wirklich Sinnvolles mit ihren Studienbeiträgen anstellen. Auch die Berliner Zeitung widmet sich der Debatte um mehr Mitsprache der Studenten an den Unis. In einem Kommentar schreibt das Blatt: „Vielleicht ist ja Druck von außen doch ein Weg - und sei es über ein Internet-Ranking, das immer wieder öffentlich ausgewertet werden kann.”