Pressemitteilung, 21.06.2006 - 16:00 Uhr
Perspektive Mittelstand
Staat gibt Milliarden für die Familien aus – Konsequente Ordnungspolitik ist die bessere Familienpolitik (Vorabmeldung des Magazins NeueNachricht, Sommerausgabe)
(PM) , 21.06.2006 - Bonn – Deutschland hat ein demographisches Problem. Dies ist mittlerweile allseits bekannt. Doch wie man mit dieser Tatsache umgeht, darüber streiten sich die Geister. Mittlerweile gibt es einen harten Kern so genannter Demographieexperten, die andere Lebensweisen als die Ehe kaum noch tolerieren wollen. Singles, nichtverheiratete Paare oder alternative Lebensformen werden dann mit dem völlig überzogenen Vorwurf konfrontiert, sie seien individualistisch oder sogar egozentrisch. Meist fällt aber auch diesen Familienideologen nichts Besseres ein, als nach mehr Geld vom Staat zu rufen. Wie die jüngsten Zahlen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) www.uni-kiel.de zeigen, stützen sich die Dauervorwürfe dieser Kreise nicht auf Fakten und Zahlen. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen haben im vergangenen Jahr nämlich allein rund 240 Milliarden Euro ausgegeben, die Familien zugute kommen, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) www.faz.net. Einschließlich der kostenlosen Hochschulausbildung würden sogar fast elf Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) erreicht. „Die Familienpolitik kann also kaum als Stiefkind im Kanon staatlicher Fürsorge bezeichnet werden“, hält das IfW fest. Das staatliche System hat zu einem Flickenteppich von fast 100 Leistungen geführt. Jede die Familien begünstigende Leistung sei teilweise eine Zahlung von Mutters oder Vaters rechter Tasche in die linke auf dem Umweg über die Kassen des Staates. Sowohl Staat wie Familienideologen haben noch nicht registriert, dass eine konsequente Ordnungspolitik den Familien mehr nutzen würde. „So wäre eine Fundamentalreform des Arbeitsmarktes wohl eine bessere Familienpolitik als die Aufstockung der einen oder anderen Familienkasse um einen marginalen Betrag“, sagt die IfW-Wissenschaftlerin Astrid Rosenschon. „Die familienpolitische Debatte wird in Deutschland vor allem von Männern beherrscht, die ein traditionelles Frauenbild haben, finanziell ganz gut dastehen und jetzt noch mal schnell Oswald Spengler spielen wollen“, schreibt NeueNachricht-Chefredakteur www.ne-na.de Ansgar Lange in der Sommerausgabe des Magazins. „Sie treten gern als Familienideologen auf, die ein statisches Weltbild haben. ‚Wir Deutschen sterben aus’, rufen sie, und richten ihre moralischen Appelle an die jungen Leute im Lande, endlich mehr für den Nachwuchs zu tun. Dass diese drohenden abendländischen Erweckungsrufe, welche die Libido nicht unbedingt anregen werden, mehr verwirren und verschrecken, ist diesen selbst ernannten Propheten egal (Wer denkt beim Beischlaf schon gern an die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme?). Sie wollen ja nur ihre Botschaft unters Volk bringen, bezahlte Vorträge halten oder Bücher und Artikel zum Thema schreiben. Demographie ist halt momentan in, und wer nicht ganz blöd ist, setzt sich an den Schreibtisch und haut etwas über Kinder, die Wiederkehr des Religiösen, Heimat und den neuen Patriotismus in die Tasten.“ Briten gelten ja gemeinhin als etwas kühler. „Daher schlagen wir das Buch des 1947 geborenen Engländers Nicholas Strange mit einiger Erwartung auf“, so Lange. „Vielleicht können ja die Inselbewohner mit einem Florett fechten, wo es bei den missionierenden Germanen oft nur zum Schwert reicht. Und nach knapp 140 Seiten schließen wir das Buch mit Wohlgefallen wieder zu, weil uns der auf dem Umschlagbild freundlich zulächelnde Herr mit dem weißen Bart die Angst vor Methusalem gründlich ausgetrieben hat. Fälscht Strange etwa die Zahlen? Mitnichten, die Fakten werden von ihm sehr wohl zur Kenntnis genommen. Selbstverständlich bezweifelt der Autor nicht, dass der demographische Wandel weit reichende Konsequenzen haben wird. Aber anders als die von ihm als ‚Methusalem-Autoren’ bezeichneten ‚Hysteriker’ tut er nicht so, als müssten wir uns dem Schicksal wehrlos ausliefern und mit massenhafter Aufzucht nordischer Menschen beginnen, die unser geliebtes Vaterland wieder bevölkern werden.“ Stranges Empfehlungen seien ganz einfach: Er plädiere für frühere Einschulung, verkürzte Schul- und Studienzeiten, eingeschränkte Frühpensionierung – die trotz der Rente mit 67 bis 2011 über die „Abwrackprämie“ staatlich alimentiert werde -, die Erhöhung der Frauenerwerbsquote sowie eine tägliche Mehrarbeit von 12 Minuten. Alles in allem recht moderate Forderungen, wobei die letzte wahrscheinlich Frank Bsirske und seine Mitstreiter zum Generalstreik bewegen dürfte. Und die Deutschen sollten vielleicht nicht mehr so oft in Sushi-Bars gehen, denn dann werden sie nachher noch so alt wie die Japaner. Doch Strange könne der Methusalem-Hysterie auch positive Seiten abgewinnen. Die Suche nach Gegenmitteln habe die öffentliche Aufmerksamkeit auf Misstände gelenkt, die ohnehin korrigiert werden müssten, die aber bisher in der Debatte über den Standort Deutschland und über das Wirtschaftswachstum zu wenig beachtet würden: „Das Methusalem-Gespenst ist deshalb nur ein Gespenst und kein reales Problem, weil es durch Maßnahmen, die wir aus ganz anderen Gründen ohnehin ergreifen müssen, sozusagen nebenbei wieder verscheucht wird.“ Früher sei Deutschland für sein hervorragendes Bildungssystem bewundert worden. Heute unterscheide sich dieses von dem der Nachbarländer nur durch den späteren Beginn und die längere Dauer der Ausbildung. Schon im ersten Semester seien die Deutschen gut zwei Jahre älter als die Studenten in den angelsächsischen Ländern. Eine Diskussion über die Anhebung des Rentenalters müsste also eigentlich erst dann geführt werden, wenn dieser Misstand abgestellt ist. Lange weiter: „Die Methusalem-Hysteriker tun immer so, als stünden die Deutschen vor ungeheuren Zukunftsaufgaben. Da ihnen nichts Intelligentes einfällt, fordern sie dann zumeist mehr Staatsknete, die von den hedonistischen Singles aufzubringen ist. Das System darf nicht geändert werden. Die Wirklichkeit muss an das System angepasst werden, so die rechten und linken Familienideologen. Vielleicht verhilft einem der Blick eines Briten dazu, die Dinge etwas entspannter zu sehen. Um die Probleme zu meistern, geht es nur um eine’„Wiederannäherung der deutschen Arbeitszeiten und Feriengewohnheiten an die des Rests der Welt’. Viele deutsche Vollzeitbeschäftigte stehen heute nämlich dicht vor der international anerkannten Grenze zur Teilzeitarbeit. ‚Der vielbeschworene Fleiß’ ist auf dem besten Wege, neben ‚Fernsprecher’, ‚Blockwart’ und ‚Dampfschifffahrt’ in der sprachlichen Rumpelkammer zu landen’.“ Am Ende seines amüsant zu lesenden schmalen Bandes mahne der Autor eine Kurskorrektur an. Die Deutschen müssten endlich wieder zum „mehrwertschaffenden Arbeiten“ kommen. Dazu gehöre auch, dass der Wirtschaftsfaktor Arbeit hierzulande nicht mehr so stark besteuert werden darf, auch wenn Sozialdemokraten vom Schlage eines Kurt Beck meinen, der Staat habe immer noch nicht genug. Ein kinderloser deutscher Arbeitnehmer bringe nur 49 Prozent dessen, was er seinen Arbeitgeber kostet, am Monatsende nach Hause. In den USA liege der entsprechende Anteil bei 71 Prozent, im europäischen Durchschnitt bei 56 Prozent. „Kurzum: Wenn die Probleme am deutschen Arbeitsmarkt nicht gelöst und die Wirtschaft nicht wieder flott gemacht wird, bekommt Deutschland ernsthafte Probleme, Demographie hin oder her. Damit hat der Klapperstorch nicht viel zu tun. Doch vielleicht wollen sich manche Methusalem-Hysteriker um diese harten Tatsachen herumdrücken. Sie initiieren lieber neue Mutterkreuz-Wettbewerbe, damit Hunderttausende deutscher Babies das hergebrachte System und die Renten derjenigen finanzieren, die mit ihren alarmistischen Schriften schon jetzt ganz gut Kasse machen“, schreibt der NeueNachricht-Chefredakteur. Nicholas Strange: Keine Angst vor Methusalem! Warum wir mit dem Altern unserer Bevölkerung gut leben können. Verlag Zu Klampen: Springe 2006. 16,80 Euro. ISBN 3-934920-90-X. Das Magazin NeueNachricht erscheint vierteljährlich. Das Einzelheft kostet 8,20 Euro. Bestellungen per Fax unter: 0228 – 620 44 75 oder E-Mail: baerbel.goddon@sohn.de. Redaktionen erhalten Besprechungsexemplare kostenlos.Redaktionmedienbüro.sohnEttighoffer Straße 26aD – 53123 BonnFON +49 (0) 228 – 6204474FAX +49 (0) 228 – 6204475medienbuero@sohn.de, www.ne-na.de