Pressemitteilung, 08.06.2006 - 15:17 Uhr
Perspektive Mittelstand
Sind Berater nur „Blender, Bluffer und Geldvernichter“? – Oder ist Thomas Leifs Kritik an McKinsey & Co. „bloße Effekthascherei“?
(PM) , 08.06.2006 - Bonn/Lindau – Für Thomas Leif, Chefreporter beim SWR, sind Unternehmensberater „Blender, Bluffer und Geldvernichter“. „Unternehmensberater verkaufen ihren Kunden in der Regel 0815-Ware und keine maßgeschneiderten Lösungen“, sagte Leif im Interview mit ChangeX www.changex.de . Die Unternehmensberater generierten ihr Wissen nicht aus eigener Kraft, sondern über die zu beratenden Mitarbeiter. Bei allen Beratungsgeschäften gehe es in erster Linie um Folgeaufträge und oft zielten die Aktivitäten der Berater nicht auf die Problemlösung der Projektaufgabe, sondern auf die erfolgreiche Akquise künftiger Aufträge. Doch mit der Mythos bröckele, auch wenn es vordergründig noch einen Berater-Boom gebe: „Mein Eindruck ist, dass Unternehmensberater trotz aller Ineffizienz immer noch eine Anmutung der Exklusivität und Exzellenz haben, die man sich gerne ins Haus holt. Aber meine Beobachtungen und Analysen zeigen, dass der Markt in eine neue Richtung geht. Die Kunden in der Industrie und im öffentlichen Sektor haben die Schwächen der Branche zum Teil erkannt und richten immer häufiger Abteilungen ein, die dafür sorgen, dass sich die Beraterszene weg von millionenschweren Massenaufträgen hin zu größerer Differenzierung und Individualisierung bewegt“. Leifs Berater-Bashing, das er auch in seinem neuen Buch „Beraten und verkauft. McKinsey &. Co. – der große Bluff der Unternehmensberater“ ausbreitet, bleibt in der Branche nicht unwidersprochen. Michael Sander, Geschäftsführer des Lindauer Beratungshauses TCP Terra Consulting Partners GmbH www.terraconsult.de , vermisst in Leifs Interview eine klare Argumentation. Zu vieles werde über einen Kamm geschoren. „Berater sollen angeblich Blender sein und fassen nur das Know-how der Mitarbeiter ihrer Kunden in bunte Bildchen zusammen. Allein dieser Vorwurf verkennt, dass gerade aus der Beratungsbranche schon seit Jahrzehnten wichtige Anstöße beispielsweise von der Boston Consulting Group oder McKinsey gekommen sind. Kein Manager und kein Wirtschaftswissenschaftler arbeitet heute mehr ohne Erfahrungskurven, Portfolio-Ansätze oder Geschäftsfeldsegmentierungen“, weiß Sander. Gerade zu lächerlich wirke der Vorwurf, dass Berater nur auf der Suche nach Folgeaufträgen seien. „Warum soll ausgerechnet in der Beraterbranche nicht das gelten, was im allgemeinen Wirtschaftsleben auch gilt, dass man einem zufriedenen Kunden auch mehr verkaufen kann?“, fragt Sander. „Dies setzt immerhin voraus, dass man vorher bei dem Kunden ein gutes Projekt abgeliefert hat. Es ist geradezu blauäugig zu glauben, dass im Management der großen und der mittelständischen Unternehmen haufenweise ergebene Auftraggeber mit Blanko-Checks sitzen. Das Argument hierzu liefert Herr Leif bereits selbst, denn an vielen Stellen sitzen den Beratern heute bereits beratungserfahrene Manager gegenüber.“ Sander hält Leifs Argumentation für „Effekthascherei“. Außerdem gehe es darum, möglichst einfach Schuldige zu finden für missratene Großprojekte: „Es wird dann schnell noch die IT-Beraterbranche mit der Strategieberaterbranche vermischt und verwechselt; schon ist die Suppe für die Berater-Schelte fertig.“ Ganz auffällig in der Argumentation sei allerdings das, was nicht gesagt werde. So blende Leif die Frage aus, wie die Empfehlungen der Berater in die Praxis umgesetzt werden: „Hier liegt eine wesentliche Ursache für die Schwierigkeit, die Leistung eines Beratungsprojektes zu messen. Auch in Unternehmen geht es längst nicht auf allen Hierarchieebenen nur um die Sache. Macht, Karriere und Geld spielen eine Rolle. Ohne an dieser Stelle mit dem moralischen Zeigefinger zu hantieren, kommt es dann häufig vor, dass Entscheidungen nicht oder zu langsam oder auch falsch umgesetzt werden. Ist dafür jetzt der Berater verantwortlich?“ Unternehmen seien produktive, aber komplexe soziale Systeme in dynamischen Umwelten, deren Probleme nicht durch einfache Ursache-Wirkungs-Verläufe zu erklären seien, so der Geschäftsführer des Lindauer Beratungshauses: „So schön dies für den Verkauf eines effekthaschenden Buches sein mag, so wenig seriös erscheint die Auseinandersetzung mit dem Spannungsfeld Unternehmen und Berater.“