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Fachartikel, 27.07.2012
Neues Führungsverständnis gefragt
Shopfloor Management – erfolgreich durch unterstützende Führung vor Ort
Shopfloor Management wird oft auf kennzahlenorientierte Führung in der Fertigung, dem sogenannten Shopfloor, reduziert. Dabei ist Shopfloor Management viel mehr: Nämlich eine Führungsphilosophie, die die tradierte Rollenverteilung zwischen „oben“ und „unten“ durch das Leitbild unterstützender Führung auf Augenhöhe ersetzt.
Müde gähnend lehnt sich der erfahrene Produktionsmeister eines mittelständischen Produktionsbetriebes zurück: „Shopfloor Management? Schon wieder eine neue Sau durchs Dorf treiben? Na, meinetwegen…“ Gelangweilt wendet er sich ab und zeigt mit dem Finger in Richtung einer mit einer Reihe vergilbter Blätter gespickten Tafel: „Außerdem haben wir das doch schon alles ...!“

Zugegeben, die Haltung dieses Produktionsmeisters ist überzogen und darf nicht pauschal genommen werden. Aber in vielen Fällen entspricht die Reaktion leider genau der Realität in vielen unteren und mittleren Führungsebenen. Shopfloor Management sei doch nur eine weitere Methode, die von Managern und deren Beratern in der Fertigung eingeführt wird, um noch effizienter, noch schlanker und erfolgreicher produzieren zu können. Außerdem sei alles nur „alter Wein in neuen Schläuchen“ und das Aufhängen von Kennzahlen würde doch schon seit der Einführung der Gruppenarbeit vor 15 Jahren praktiziert werden.

Bei oberflächlicher Betrachtung kann mit dem Shopfloor Management ein beliebtes (Vor-)urteil über die „Lähmschicht“ unterer und mittlerer Führungsebenen angegangen werden: Führungskräfte sind weit weg vom Geschehen und sollen wieder näher an das Tagesgeschäft herangeführt werden. Hört sich doch gut an, oder? Stellt sich die Frage: Wo waren die Führungskräfte denn sonst in all den letzten Jahren? Fragt man mal unter Führungskräften der unteren und mittleren Ebenen herum, so waren sie nirgendwo anders, als am Ort des Geschehens. Und wenn sie mal nicht vor Ort waren, dann saßen sie in Meetings.

Shopfloor Management ist eine Führungsphilosophie

Ein Shopfloor Manager muss mehr sein als ein Produktionsmeister, der von Fertigungsinsel zu Fertigungsinsel geht, die Urlaubsscheine einsammelt, die Arbeitsplätze zuweist und hinter Fehlteilen her ist.

Die meisten Führungskräfte der Produktion und der produktionsnahen Bereiche waren in Wirklichkeit nie weg vom Tagesgeschäft oder „vom Ort der Wertschöpfung“. Sie haben jedoch oftmals ihre Aufgabe des Führens nicht wahrgenommen, sondern haben sich auf Management beschränkt.

Im Shopfloor Management nimmt die Führungskraft eine neue Rolle ein. Sie bleibt natürlich disziplinarischer Vorgesetzter ihrer Mitarbeiter, wechselt aber die Instrumente und Methoden: Sie regiert nicht, weist weniger an, managt weniger und straft nicht ab. Sie betreut, fördert und motiviert aktiv zur Mitarbeit. Sie führt intelligenter, weil die Potenziale der Mitarbeiter erkannt, geschätzt und nutzbar gemacht werden. Deshalb ist Shopfloor Management eine Führungsphilosophie!

Die Anzahl der Instrumente für das Shopfloor Management sind sehr vielseitig. Das Ziel muss es sein, dass alle aufgeführten Instrumente (und vielleicht noch weitere, die hier nicht gelistet sind) von der zuständigen Führungskraft eingeführt und beherrscht werden. Ein hoher Anspruch? Ja, aber gute Führung unterliegt generell einem hohen Anspruch!

Unterstützende Führung ist die Grundlage erfolgreicher Verbesserungsprozesse

Unterstützende Führung ist eine neue Qualität aufgeklärter Führung. „Wir haben unsere Mitarbeiter doch immer schon unterstützt“, hallt der Ruf der Führungskräfte durch die Werkshallen. Das stimmt auch, aber die bisherige Form der Unterstützung hat an der Rollenverteilung zwischen Mitarbeiter und Führungskraft nichts verändert, sondern den Gegensatz Führung – Mitarbeiter nur weiter verstärkt. Der Mitarbeiter wurde durch Anweisungen und Vorgaben darin unterstützt, Ausführender zu sein. Hier ist aber eine Form unterstützender Führung gemeint, die das bisherige Rollenbild von Führung in Frage stellt.

Erfolgreiche Verbesserungsprozesse werden durch unterstützende Führung initiiert. Die Führungskräfte sehen dabei ihre Mitarbeiter als Partner, denen sie bei der optimalen Ausübung ihrer Aufgaben unterstützend zur Seite stehen. Unterstützung bedeutet dabei ausdrücklich nicht, dass die Führungskraft dem Mitarbeiter Aufgaben abnimmt, die er aufgrund fehlerhafter Prozesse im Tagesgeschäft nicht schafft (Typus „Teilejäger“)! Hier ist vielmehr eine Form der Unterstützung gemeint, die ein Arbeitsumfeld schafft, in dem der Mitarbeiter sein Potenzial optimal abrufen und eine bestmögliche Leistung für das Unternehmen erbringen kann.

Die Führungskraft unterstützt ihn, sein volles Potenzial abzurufen und für das Unternehmen einzusetzen. Die Führungskraft moderiert KVP-Workshops, hilft den Mitarbeitern bei Konflikten, führt Mitarbeitergespräche und fördert die Kompetenzentwicklung.

Bei alledem ist sie aber vor allem auch eins: Sie ist die Führungskraft, die sich aufgrund ihrer Handlungen, ihrer Vorgehensweise und  ihrer Persönlichkeit den absoluten Respekt ihrer Mitarbeiter verschafft hat. Sie zeigt den Mitarbeitern Grenzen auf, die oft lange Jahre nicht betrachtet worden sind. Sie spricht mit Mitarbeitern, die nicht mitziehen wollen oder nicht mitziehen können. Sie klärt die Gründe und hilft, wo es möglich ist. Sie spricht aber auch Ermahnungen und Abmahnungen aus, wenn das Verhalten von Mitarbeitern dies erforderlich macht. Die unterstützende Führungskraft ist nicht plötzlich der beste Freund der Mitarbeiter, sondern sie ist ein Chef mit klaren Vorstellungen, der durch seine Unterstützung dem System als Ganzem den größten Dienst erweist.

Unterstützende Führung setzt an vier Hebeln an:

  • Motivation: Anerkennung, Information, Karrieremöglichkeiten, Entscheidungsfreiheit, …
  • Orientierung: Vorbild sein, Ziele verabreden, Erwartungen formulieren, …
  • Rückmeldung: Feedback-Gespräche, Lob und Kritik, Vergleichende Einschätzungen, …
  • Hilfestellung: Wissen und Erfahrungen weitergeben, Qualifizierungskonzept, Fehlertoleranz haben…
Ausblick und die weiteren Möglichkeiten

Überlegenswert für die zukünftigen Aktivitäten in der skizzierten Richtung einer neuen Führungsphilosophie ist die Wahl der Begrifflichkeit. Shopfloor Management ist eigentlich unglücklich gewählt, da der Begriff „Management“ die Gedanken bereits wieder in eine organisatorisch operative Richtung lenkt. Das ist irritierend, da doch eigentlich der Begriff Führung viel stärker herausgehoben werden soll. Es geht doch vielmehr um eine „systematische kennzahlenbasierte Führung am Ort des Geschehens“.

Es könnte natürlich auch „am Ort der Wertschöpfung“ heißen. Aber damit würde man sich durch den Begriff die mögliche Übertragung in nicht wertschöpfende Bereiche verbauen. Die Produktion ist nun mal der einzig typische Bereich von Wertschöpfung. Es gibt jedoch eine Reihe von anderen Bereichen bzw. Abteilungen, die sich ebenfalls „systematisch kennzahlenbasiert führen“ lassen. In einer Entwicklungsabteilung kann über den Stand von Entwicklungsprojekten (an Meilensteinen) und über die Quote an Neuentwicklungen innerhalb des Produktportfolios gesprochen werden. Im Vertrieb kann die Anzahl der Kundenkontakte eine Kennzahl sein. Durch die Auswertung lassen sich erfolgreiche von weniger erfolgreichen Akquisitionsstrategien unterscheiden. Dazu bedarf es allerdings einiger Vorarbeit, da in nicht wertschöpfenden Bereichen oft keine oder weniger aussagekräftige Kennzahlen vorliegen. Hat ein Vertrieb ein leistungsfähiges CRM-System, hat er schon mal eine gute Grundlage.

Es wird dadurch auch deutlich, wie wichtig aussagekräftige Kennzahlen für die Führung vor Ort sind. Die Botschaft lautet also: Lerne gut zu führen und bediene dich aussagekräftiger Kennzahlen, die dich in deiner Führungsaufgabe unterstützen!
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Über Holger Möhwald
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Holger Möhwald ist Diplom Sozialwissenschaftler, Partner der Humanagement GmbH und seit über 15 Jahren als Projektbegleiter und Trainer in der deutschen Industrie erfolgreich tätig. Schon frühzeitig hat er sich der Themenfelder ...
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