Fachartikel, 25.06.2009
Perspektive Mittelstand
Rhetorik
Überzeugungskraft durch Glaubwürdigkeit
Auch wenn sich viele, die sich mit Rhetorik beschäftigten, ob der nachfolgenden Behauptung wundern mögen: Bundespräsident Horst Köhler ist ein guter Redner. Denn in seinen Reden wirkt er glaubhaft und von daher überzeugend.
Wie würden auf Sie Piercings auf den Lippen und Augenbrauen eines braven Verwaltungsbeamten wirken? Irgendwie deplatziert? Ähnlich würde es unserem Bundespräsidenten Horst Köhler ergehen, würde er plötzlich sehr euphorisch und mitreißend reden. Wir sind von ihm gewohnt, dass seine Reden zwar sachlich, gleichzeitig aber auch ein wenig steif und emotionslos sind. Aber er wirkt glaubwürdig. Und genau das ist seine größte Stärke.

Horst Köhler wirkt absolut glaubwürdig

Glaubwürdigkeit war zum Beispiel auch seine große rhetorische Stärke bei seiner 4. Berliner Rede am 24. März 2009. Ein Auszug: „Ich will Ihnen eine Geschichte meines Scheiterns berichten. Es war in Prag, im September 2000. Ich war neu im Amt als Geschäftsführender Direktor des Internationalen Währungsfonds. ... Die Entwicklung auf den Finanzmärkten bereitete mir Sorgen. Ich konnte die gigantischen Finanzierungsvolumen und überkomplexen Finanzprodukte nicht mehr einordnen. ... Ich wunderte mich, dass sich die G7-Staaten nur zögerlich einer Überprüfung ihrer Finanzsektoren unterziehen wollten... Jetzt sind die großen Räder gebrochen, und wir erleben eine Krise, deren Ausgang das 21. Jahrhundert prägen kann...Meine Damen und Herren, schauen Sie sich um in dieser Kirche. Sie spricht zu uns bis heute über das Werk der Zerstörung, das Menschen anrichten können. Aber sie sagt auch: Wir können immer einen neuen Anfang schaffen. Es liegt an uns.“

Warum wirkte er glaubwürdig? Er erfüllte das rhetorische Kriterium der Angemessenheit in dreifacher Weise:

  1. Er war angemessen in Bezug auf die Sache. Die Finanzkrise mit all ihren negativen Folgen für die Bürger verlangt sachliche Demut statt charismatische Euphorie.
  2. Er war angemessen im Bezug auf den aktuellen Rede-Ort (die zerbombte Berliner St.-Elisabeth-Kirche)
  3. Er war angemessen in Bezug auf seinen Charakter. Dadurch, dass er – anders als Gesine Schwan - keine Ängste schürte, ernsthaft argumentierte, wirkte er authentisch und natürlich. Er zeigte sich als Mann mit einem klaren Kompass fürs Wünschenswerte und Machbare, als Mann mit viel Erfahrung und anständiger Gesinnung, als einer, der die Scherben auflesen und soziale Marktwirtschaft wieder in eine neue, bessere Form überführen kann.

Horst Köhler nutzt drei rhetorische Überzeugungsmittel

Wir wissen von Aristoteles, dass einem Redner drei unterschiedliche Überzeugungsmittel zur Verfügung stehen:

  1. Die rationale Sachargumentation (logos), d. h. ein Redner muss Sachkompetenz ausstrahlen.
  2. Sein Charakter/Image (ethos), d. h. ein Redner muss moralische Rechtschaffenheit ausstrahlen.
  3. Das Erzeugen von Emotionen und Affekten im Publikum (pathos).

Das Erzeugen von Emotionen und Begeisterungsstürmen nach Art eines Barak Obama gehört sicherlich nicht zu den großen Stärken unseres Bundespräsidenten. Und man kann selbstverständlich für oder gegen seine politischen Positionen sein. Aber er ist kompetent in der Sache, moralisch rechtschaffen und wohlwollend gegenüber den Bürgern. Der Mann, der für sein anständig-bodenständiges Image bisher oft belächelt wurde, tritt in als jemand auf, dessen Vorstellungen und Vorschläge großes Veränderungspotential zur Meisterung der Finanzkrise ausstrahlen. Genau deshalb ist Horst Köhler für uns ein guter Redner.

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Publikationshinweis
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ZUM AUTOR
Über Gerhard Reichel
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In mehr als 30 Jahren hat sich Gerhard Reichel einen exzellenten Ruf als Rhetorik-Trainer erarbeitet. Unternehmer, Politiker und Führungskräfte schätzen das Know-how und die Persönlichkeit des mehrfachen Buchautors und gefragten Referenten. Die Zuhörer schätzen dabei besonders seine Authentizität. Er ermutigt seine Teilnehmer, sich nicht zu verstellen, sondern als individuelle Persönlichkeiten mit Herz und Verstand aufzutreten. Sein 1975 gegründetes Institut für Rhetorik zählt mittlerweile zu den ersten Adressen Deutschlands und hat sich in der Seminarszene einen exzellenten Ruf erarbeitet. Die vier Bücher von Gerhard Reichel sind allesamt Longseller mit hohen Auflagen. Sein Motto: Wer andere groß macht, wächst mit.
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Über Oliver Reichel
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Schon während seines Studiums der Rhetorik, Geschichte und Germanistik begann Oliver Reichel, sich mit Strategien der fairen und respektvollen Kommunikation und Überzeugungspsychologie zu befassen. Nach mehreren Zusatzausbildungen entwickelte er moderne Konzepte und wissenschaftlich abgesicherte Modelle für Spitzenkommunikation. Er bietet konkrete Inhalte statt purer Show: spannend, unterhaltsam und fachlich fundiert. Wer Oliver Reichel gemeinsam mit seinem Vater Gerhard Reichel live erlebt, spürt mit jedem Satz ihre Begeisterung für die Welt der Rhetorik und ihre Freude am Umgang mit Menschen.
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