Fachartikel, 16.07.2007
Perspektive Mittelstand
Rechtssichere E-Mail-Archivierung – Teil 1
Einführung und Rechtsvorschriften
Für viele Unternehmen ist das E-Mail im Geschäftsalltag inzwischen unverzichtbar. Angefangen von der Angebotserstellung, dem Service-Management und Bestellwesen bis hin zur Rechnungsstellung werden immer mehr Geschäftsprozesse per E-Mail abgewickelt. Weit reichender Vorgaben des Gesetzgebers im Hinblick auf die Archivierung und den Datenschutz stellen die Unternehmen jedoch vor große Herausforderungen. Lesen Sie in diesem zweiteiligen Beitrag zu den rechtlichen Rahmenbedingungen der E-Mail-Archivierung und wie Unternehmen diesen rechtlich, organisatorisch und technisch Rechnung tragen können.
Die Unternehmenskommunikation nach innen und nach außen wird immer mehr vom E-Mail abhängig. Die Anzahl der Geschäftsprozesse, die mit dem E-Mail abgebildet werden, steigt immer weiter an. Schätzungen zufolge wird bei manchen mittelständischen Unternehmen und Konzernen 60 -70 Prozent der Kommunikation inzwischen via E-Mail abgewickelt. Das E-Mail ist allgegenwärtig und findet unter anderem in folgenden Bereichen seinen Einsatz:
  • Logistik,
  • Marketing,
  • Produktion,
  • Kommunikation mit Lieferanten und Abnehmern,
  • Bestellwesen
  • Vertrieb und Auftragsabwicklung
  • Rechnungsstellung
  • firmeninterne Kommunikation (Mitarbeiter)

Abseits der vielfältigen Vorteile der E-Mail-Kommunikation wie beispielsweise

  • einfache Handhabung und leichte erlernbar
  • Schnelligkeit
  • hohe Flexibilität
  • zeitliche und örtliche Unabhängigkeit
  • hohe Zeit- und Kosteneinsparungspotentiale

hat die enge Verzahnung von unternehmerischem Handeln und dem Einsatz von Informationstechnologie hat auch ihre Kehrseite. So verursacht das Phänomen „Spam“ im System der weltweiten E-Mail-Kommunikation einen erheblichen Schaden, Hinzukommen der enorme Zeitaufwand, den jeder Bearbeiter aufbringen muss, um Spam-Mail von geschäftsrelevanten Mails zu unterscheiden und, nicht zu vergessen, hohe Sicherheitsrisiken durch Viren, Trojaner und Hacker, die sogar unter gewissen Umständen existenzbedrohend sein können.

Weiterhin sehen sich die Unternehmen, speziell IT-Verantwortliche, durch die gewaltige Zunahme des E-Mail-Aufkommens noch mit einer ganz anderen Herausforderung konfrontiert, nämlich den Ordnungs- bzw. Speicherproblemen. Die Frage lautet:

  • Wie behält man den Überblick?
  • Wie begegnet man überquellenden Mailordnern?
  • Welche E-Mails dürfen gelöscht werden und welche nicht?
  • Auf welche Art und Weise sollte man E-Mails speichern?
  • Wie lange hat man E-Mails zu speichern?

Eine einfache Modellrechnung, abgebildet auf den tecchchannel-Seiten, zeigt, mit welchen gigantischen Datenmengen es schon ein mittelgroßes 500-Mann-Unternehmen zu tun bekommen kann. So sei es nicht einmal abwegig, dass hierbei in einem Jahr rund 107 TByte an Daten zusammen kommen können.

Am schwersten wiegt für viele Unternehmen jedoch eine andere Frage: Was ist, wenn irgendwann einmal das E-Mail ausfällt? So gut wie in allen Fällen haben ernst zu nehmende Ausfälle oder Störungen der unternehmenseigenen IT-Infrastruktur direkte Auswirkungen auf den jeweiligen unternehmerischen Erfolg. Ließ sich beispielsweise in den 80er-Jahren ein Komplettausfall der IT-Umgebung noch halbwegs verkraften, so kann derselbe Ausfall heutzutage schnell existenzbedrohende Züge annehmen. So sei an dieser Stelle etwa eine Studie des Marktforschungsinstitut „Meta Group“ zitiert welche zu dem Ergebnis kam, dass ein zehntägiger Ausfall von IT-Schlüsselsystemen mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent zum Einstellen des Betriebs in den kommenden fünf Jahren führt.

Immer komplexer werdende rechtliche Anforderungen

Gerade angesichts der Relevanz der E-Mail in der Geschäftskorrespondenz ist es kein Wunder, dass gesetzliche wie auch behördlichen Regelungsrahmen hinsichtlich des Umgangs mit E-Mails (und damit einhergehend die organisatorischen und technischen Herausforderungen) immer weitere Ausmaße annehmen.

So ist etwa am 01.01.2007 das "Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister" (EHUG) in Kraft getreten. Dieses bringt unter anderem für die im Handelsregister eingetragenen Unternehmen die Neuerung mit sich, dass diese nun auch bei ihrer via E-Mail oder via Fax geführten Korrespondenz bestimmte formale Anforderungen einhalten müssen, die bisher nur für gedruckte Geschäftsbriefe galten. Die IT-Recht Kanzlei bietet unter www.it-recht-kanzlei.de einen kostenlosen Pflichtangaben-Assistenten an, der die geforderten Angaben je nach Rechtsform online generiert - versehen mit nützlichen Hinweisen.

In diesem Zusammenhang hat es sich der Gesetzgeber auch zum Ziel gesetzt, mittels einer ganzen Reihe von gesetzlichen Bestimmungen einen rechtlich verbindlichen Verhaltenskodex (s. dazu unten unter Abschnitt III) zu schaffen, um den Unternehmer zu einem gewissenhaften Risikomanagement, also dem planvollen Umgang mit unternehmerischen Risiken zu „erziehen“. Zwar markiert das Thema „E-Mail-Archivierung“ im Hinblick auf das IT-Risikomanagement nur einen Teilaspekt, der aber dennoch in den letzten Jahren hohe Wellen geschlagen hat. So verlangt das Gesetz bereits seit ein paar Jahren von Kaufleuten, dass E-Mails, die in Bezug zu Rechtsgeschäften stehen oder sonst wie steuerrechtlich relevant sind, nach handelsrechtlichen sowie steuerrechtlichen Anforderungen mehrere Jahre ordnungsgemäß zu archivieren sind.
Das Ziel dieses Beitrags und insbesondere der folgenden Abschnitte ist es nun, die E-Mail Archivierungspflicht (die eben als Teil eines wirkungsvollen Risikomanagements verstanden werden muss) rechtlich näher zu beleuchten.

Rechtliches Problembewusstsein

Die E-Mail wird vielfach in ihrer rechtlichen Bedeutung vollkommen unterschätzt bzw. oft als relativ unverbindlich eingeschätzt. Dies völlig zu Unrecht, da die in einer E-Mail enthaltene Erklärung bzw. Information absolut rechtsrelevant ist und im Geschäftsverkehr im Prinzip dieselbe rechtliche Bedeutung zukommt wie ihr Pendant in Papierform. Vor diesem Hintergrund ist es auch keineswegs nachvollziehbar, dass bislang nur relativ wenige Unternehmen das Kommunikationsmedium E-Mail wirklich beherrschen – gerade in rechtlicher Hinsicht. Oftmals sind es die Firmenmitarbeiter, die für den Inhalt und die Verwertung der ausgetauschten Nachrichte zuständig sind, während die Unternehmen sich damit begnügen, eine stabile und kosteneffiziente Telekommunikationsinfrastruktur bereit zustellen. Fragen der unternehmensgesteuerten Archivierung des eigenen E-Mailverkehrs kommen dabei oftmals zu kurz.

Nur, diese Nachlässigkeit kann schnell nach hinten losgehen wie etwa ein aktuelles Fallbeispiel aus den USA zeigt. So wurde einem deutschen Unternehmen, nämlich die Deutsche Bank, Ende 2002 durch die US-Börsenaufsicht SEC eine Strafzahlung in Höhe von 1,65 Millionen US-Dollar auferlegt. Hintergrund: Anlageberater des Unternehmens hatten (entgegen den unternehmenseigenen Vorgaben) E-Mails nur so unzureichend gespeichert, dass dadurch Ermittlungsverfahren zu bestimmten umstrittenen Anlageempfehlungen erschwert bzw. vereitelt worden sind. Zwar ist dem Autor dieses Beitrags noch kein vergleichbarer Fall in Deutschland bekannt geworden. Nur, auch in Deutschland ist die Palette möglicher Sanktionen bei einer nur mangelhaften E-Mail Archivierung durchaus beeindruckend:

::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
Verletzung der Buchführung
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

So kann etwa eine mangelhafte E-Mail Archivierung als Verletzung handelsrechtlicher Buchführung gewertet werden und wegen der Maßgeblichkeit zugleich eine Verletzung der steuerrechtlichen Buchführungspflicht gleichkommen. Da wiederum Mängel der Buchführung die steuerrechtliche Beweiskraft der Bücher beeinträchtigt, wäre die Finanzverwaltung in diesem Fall berechtigt, den steuerlichen Gewinn nach § 162 II AO zu schätzen. Zudem könnte die Finanzverwaltung die Buchführungspflicht durch ein Zwangsgeld erwirken (§ 238 I AO).

::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
Straftat
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Abgesehen von steuerrechtlichen Sanktionen kann die Verletzung der E-Mail Archivierungspflicht auch strafbar sein, etwa wenn durch eine unzureichende oder gar manipulative Archivierung von E-Mails das Unternehmen vorsätzlich die Übersicht über dessen Vermögensstand erschwert mit dem Ziel, Vermögensbestandteile, die im Falle der Eröffnung eines möglichen Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite zu schaffen oder gar zu verheimlichen (vgl. § 283 ff. StGB). Darüber hinaus regelt § 283b StGB, dass eine Verletzung der Buchführungspflicht mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden kann.

::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
Ordnungswidrigkeit
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Des weiteren kann eine vorsätzliche oder leichtfertige Verletzung der Buchführungspflicht eine Ordnungswidrigkeit sein. Hier käme etwa eine Steuergefährung gemäß § 379 AO in Betracht (soweit nicht leichtfertige Steuerverkürzung gemäß § 378 AO).

::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
Schadensersatz
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Auch sind zivilrechtliche Sanktionen denkbar, etwa dass die Verletzung der Buchführungspflicht den Vorstand oder Geschäftsführer der jeweiligen Gesellschaft schadensersatzpflichtig nach § 93 II AktG bzw. § 43 II GmbHG macht. Zudem kann die mangelhafte Archivierung von E-Mails eines Unternehmens auch Schadensersatzansprüche desjenigen Vertragpartners nach sich ziehen, etwa für den Fall, dass vertrauliche fremde Informationen abhanden gekommen sind. Als Haftungsgrundlage kommen hierbei schuldrechtliche Schadensersatzansprüche in Betracht, gemäß § 280ff. BGB. Gerade in diesem Zusammenhang ist auch § 241 Abs. 2 BGB zu beachten, wonach die Pflicht besteht, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen. Hierzu gehören insbesondere die Beachtung von Schutzpflichten, Aufklärungs- und Beratungspflichten.

::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
E-Mail als Beweis
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Darüber hinaus wird immer wieder gerne übersehen, dass natürlich auch E-Mails bei gerichtlichen Streitigkeiten durchaus Bedeutung zukommen kann – und zwar im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung. (So lies etwa der Bundesgerichtshof Internet-Ausdrucke als Beweismittel im Strafverfahren wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu, vgl. 12.10.2001/Az. 1 BJs 79/00). Selbstverständlich sind E-Mails dabei bei weitem nicht mit dem Beweiswert einer (zur Zeit noch kaum eingesetzten) qualifizierten elektronischen Signatur gleichzusetzen. Jedoch, bereits aus dem Grund, dass sich bei Unternehmen die E-Mail überwiegend als Standard-Kommunikationsmittel durchgesetzt hat, sind E-Mails häufig die einzige Möglichkeit, um etwa Absprachen zwischen den Streitparteien, vereinbarte Milestones von Projekten (sowie Verantwortlichkeitsverteilungen), Change Request, Dokumentationen von Geschäftsvorfällen, Protokolle zu Meetings, Terminsverschiebungen etc. etc. nachweisen zu können. Schon aus diesem Grund tut jedes Unternehmen gut daran, elektronisch gespeicherte Mitteilungen revisionssicher und in einer Art und Weise zu speichern und zu indexieren, die den permanenten und schnellen Zugriff erlaubt („All-zeit-Verfügbarkeit“) und die Integrität der Daten gewährleistet.

::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
Persönliche Haftung
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Im Aktiengesetz ist festgelegt, dass eine persönliche Haftung des Vorstand dann in Betracht kommt, wenn er Entwicklungen, die zukünftig ein Risiko für das Unternehmen darstellen könnten (dazu gehört eben auch die unterlassene Speicherung geschäfts- oder steuerrechtlich relevanter Mails), nicht durch ein Risikomanagement überwacht und durch geeignete Maßnahmen vorbeugt (§ 91 Abs. 2 und § 93 Abs. 2 AktG). Nahezu dieselben Anforderungen gelten für den Geschäftsführer einer GmbH, der „die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ auf zu bringen hat (§ 43 Abs. 1 GmbHG). Diese, zugegebenermaßen eher allgemein gehaltene Formulierung, beinhaltet in der rechtlichen Praxis ganz ähnliche Folgerungen für das Risikomanagement wie für Vorstände nach dem Aktiengesetz. Kommt die Geschäftsführung oder der Vorstand – als Verantwortliche – der oben beschriebenen Pflicht zur Archivierung von E-Mails (als allgemeine Risikovorsorgepflicht) nicht nach und entsteht dadurch dem Unternehmen ein finanzieller Schaden, kann dies zu einer persönlichen Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung unter Umständen auch der Aufsichtsratmitglieder (§116 AktG) führen.

::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
Basel II
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Das Bundeskabinett verabschiedete Mitte Februar dieses Jahres den Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Banken- und Kapitaladäquanzrichtlinie, besser bekannt unter dem Namen "Basel II". Dies hat zur Folge, dass auch die Banken und Finanzinstitute in Deutschland ab 2007 gesetzlich verpflichtet sind, die Vorgaben des Basel II Abkommens umzusetzen und insbesondere eine individuelle Bonitätseinschätzung des jeweiligen kreditsuchenden Unternehmen durchführen. Mittels dieser Bonitätseinschätzung kann sodann ermittelt werden, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Kredit an die Bank auch wieder zurückgezahlt wird („Ausfallrisiko“). Sollte dabei das Risiko eines Ausfalls als hoch eingestuft werden, wird sich die Bank dies bezahlen lassen indem sie die Bonität des kreditsuchenden Unternehmens herabsetzt und nur ungünstige Kreditkonditionen weitergibt. Im schlechtesten Falle kommt es gar zu einer Weigerung einer Kreditgewährung. Es ist selbstverständlich, dass in diesem Zusammenhang ein besonderes Augenmerk auf das operationale Risiko "Risikomanagement" (und damit der E-Mail Archivierungspflicht) liegen muss. Bereits in der Einleitung dieses Beitrags wurde auf die fundamentale Bedeutung der IT-Infrastruktur für ein jedes Unternehmen eingegangen, da sie in den meisten Fällen unternehmerisches Handeln überhaupt erst ermöglicht. Fallen die IT- und damit auch Mailsysteme aus, sind in aller Regel die Unternehmen heutzutage nicht mehr handlungsfähig. Aus diesem Grund werden die Banken sehr genau prüfen, ob der Kreditnehmer zumindest die Grundanforderungen zur IT-Risikomanagement durch die Einhaltung bestimmter Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat, die ihn vor einem IT-Ausfall schützen.

Rechtliche Rahmenbedingungen zur elektronischen Archivierung von E-Mails

Ein Gesetz, welches sämtliche gesetzlichen Regelungen mit Bezug zur Archivierung von E-Mails zusammenfassen würde gibt es nicht. Vielmehr hat man sich die entsprechenden Regelungen mühsam aus verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen zusammenzusuchen. Dies wird wohl auch ein Grund mit dafür sein, dass sich viele Unternehmer noch immer nicht darüber im Klaren sind, dass der Gesetzgeber sie in bestimmten Fällen konkret zur Errichtung einer effizienten und vor allem sicheren Archivierung von E-Mails verpflichtet hat. Nur wer einen Überblick über die relevanten Gesetze und Verordnungen hat und ein geeignetes Sicherheitskonzept verfolgt, kann sich hier vor rechtlichen Konsequenzen schützen. Folgende rechtliche Vorgaben wären im Zusammenhang mit der E-Mail Archivierungspflicht beispielsweise zu nennen:

  • das Handelsgesetzbuch (HGB).
  • das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG).
  • das Telekommunikationsgesetz (TKB).
  • das Aktiengesetz (AG.)
  • das Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG).
  • Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KontraG).
  • die Abgabenordnung (AO).
  • die GDPdU (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen.
  • vielfältige allgemeine kaufmännische Sorgfaltspflicht etc.
  • Basel II.
  • der Sarbanes-Oxley Act (es gibt weltweit tausende von Compliance-Regeln).

Insbesondere aus dem HGB und der AO lassen sich in Deutschland zu Fragen der E-Mail Archivierung unmittelbare Handlungsverpflichtungen ableiten, wobei im Folgenden unterschieden werden soll zwischen der Aufbewahrung der ausgehenden elektronischen Mitteilungen (die „Ausgangspost“) sowie der eingehenden elektronischen Mitteilungen (die „Eingangspost“).

Archivierungsvorschriften für ausgehende elektronische Post gemäß § 238 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB)

::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
a. E-Mails, die als Handelsbriefe einzustufen sind, müssen archiviert werden
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

In 238 Abs. 2 (HGB) schreibt der Gesetzgeber für einen Kaufmann die Verpflichtung vor, eine Kopie der abgesendeten „Handelsbriefe“ zurückzubehalten bzw. sicher aufzubewahren (sei es in Papierform, als Grafik- oder auch Textdatei). Da man unter einem Handelsbrief je-des Schreiben versteht, welches „der Vorbereitung, den Abschluss, der Durchführung oder auch der Rückgängimachung eines Geschäfts“ (vgl. Bonner Handbuch der Rechnungslegung, § 257, Rn 34) dient, ist damit auch die gesamte in E-Mails gehaltene Geschäftskorrespondenz eines Unternehmens betroffen. Dazu gehören etwa

  • Aufträge (auch Änderungen und Ergänzungen)
  • Auftragsbestätigungen,
  • Versandanzeigen,
  • Frachtbriefe,
  • Lieferpapiere,
  • Reklamationsschreiben
  • Rechnungen und
  • Zahlungsbelege sowie
  • schriftlich gefasste Verträge.

Nicht dazu gehören z.B.

  • unverbindliche Werbeschreiben,
  • simple Kontakt-E-Mails des Vertriebes etc.

::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
b. Adressat der Archivierungspflicht
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Die E-Mail Archivierungspflicht gilt dabei für jeden Kaufmann (vgl. §§ 1,2,3 HGB), Handelsgesellschaften, der eingetragenen Genossenschaft sowie den juristischen Personen i.S.d. §33 HGB. Dagegen gilt die E-Mail Archivierungspflicht nicht für Nichtkaufleute, wie z.B. Kleingewerbetreibende und Freiberufler.

::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
c. Dauer der Archivierungspflicht
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Gemäß § 147 Abgabenordnung sind die als Handels- oder Geschäftsbriefe einzustufenden E-Mails sechs Jahre aufzubewahren, sofern nicht in anderen Steuergesetzen kürzere Aufbewahrungsfristen zugelassen sind. Nach Ablauf der Frist brauchen die Unterlagen nur noch aufbewahrt zu werden, wenn und soweit sie für eine begonnene Außenprüfung, für eine vorläufige Steuerfestsetzung nach § 165 AO, für anhängige steuerstraf- oder bußgeldrechtliche Ermittlungen, für ein schwebendes oder aufgrund einer Außenprüfung zu erwartendes Rechtsbehelfsverfahren oder zur Begründung von Anträgen des Steuerpflichtigen von Bedeutung sind.

Archivierungsvorschriften für ausgehende elektronische Post gemäß § 147 Abgabenordnung (AO)

::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
a. Sonstige E-Mails mit steuerrechtlichem Bezug sind aufzubewahren
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Neben den Handels- oder auch Geschäftsbriefen sind auch all diejenigen abgesandten E-Mails aufzubewahren, die in steuerrechtlicher Hinsicht von Bedeutung sind (vgl. § 147 AO). Das können insbesondere E-Mails sein, die folgende Inhalte enthalten:

  • Bücher und Aufzeichnungen,
  • Inventare,
  • Jahresabschlüsse,
  • Lageberichte,
  • die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und Organisationsunterlagen,
  • die empfangenen aber auch abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe,
  • Buchungsbelege
  • sonstige Inhalte, für die Besteuerung von Bedeutung sind.

::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
b. Art der Speicherung
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Mit Ausnahme der Jahresabschlüsse sowie der Eröffnungsbilanz ist es in rechtlicher Hinsicht laut § 147 AO unproblematisch, die E-Mails auch als Wiedergabe auf einem Bildträger (z.B. Fotokopien, Mikrofilme) oder auf anderen Datenträgern (z.B. Magnetbänder, Magnetplatten, Disketten) aufzubewahren, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, dass die Wiedergabe oder die Daten

  • mit den empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden,
  • während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar sind, unverzüglich lesbar gemacht und maschinell ausgewertet werden können.

Übrigens, wer aufzubewahrende steurrechtlich relevante E-Mails auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern vorlegt, ist gem. § 147 V AO verpflichtet, auf seine Kosten diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um die Unterlagen lesbar zu machen; auf Verlangen der Finanzbehörde hat er auf seine Kosten die Unterlagen unverzüglich ganz oder teilweise auszudrucken oder ohne Hilfsmittel lesbare Reproduktionen beizubringen.

Hinweis: Sämtliche E-Mails, die steuerlich relevante Sachverhalte enthalten, sind in elektronischer sowie rechtssicherer Form aufzubewahren bzw. zu archivieren. Nach den vom Bundesfinanzministerium veröffentlichten Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) reicht es keineswegs mehr aus,

  • die relevanten E-Mails einfach nur auszudrucken und abzuheften.
  • die relevanten E-Mails in maschinell nicht auswertbaren Formaten (z.B. pdf-Datei) zu archivieren.

::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
c. Dauer der Archivierungspflicht
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Gemäß § 147 Abgabenordnung sind die als Handels- oder Geschäftsbriefe einzustufende E-Mails sechs Jahre aufzubewahren. Sollten die E-Mails dagegen Buchungsbelege, Rechnungen, Bilanzen, Jahresabschlüsse oder auch Lageberichte enthalten, betragen die Aufbewahrungsfristen 10 Jahre, sofern nicht in anderen Steuergesetzen kürzere Aufbewahrungsfristen zugelassen sind. Nach Ablauf der Frist brauchen die Unterlagen nur noch aufbewahrt zu werden, wenn und soweit sie für eine begonnene Außenprüfung, für eine vorläufige Steuerfestsetzung nach § 165 AO, für anhängige steuerstraf- oder bußgeldrechtliche Ermittlungen, für ein schwebendes oder aufgrund einer Außenprüfung zu erwartendes Rechtsbehelfsverfahren oder zur Begründung von Anträgen des Steuerpflichtigen von Bedeutung sind.

Archivierungsvorschriften für eingehender elektronische Post

Hier spielt § 257 HGB und auch wiederum § 147 der AO eine Rolle, wonach jeder Kaufmann verpflichtet ist, empfangene Handelsbriefe in Form von E-Mails geordnet aufzubewahren (vgl. § 257 I S. 2 HGB). Das Gesetz schreibt hierbei gem. § 257 Abs. 4 HGB eine 6-jährige Aufbewahrungspflicht vor wobei die Aufbewahrungsfrist gem. § 257 Abs. 5 HGB mit dem Schluss des Kalenderjahres beginnt, in welchem die Handelsbriefe empfangen oder abgesandt worden sind. Nach Ablauf der 6 Jahre können die Handelsbriefe sodann in der Regel vernichtet werden.
§ 147 AO sieht darüber hinaus vor, dass sonstige E-Mails mit steuerrechtlichen Bezügen zu speichern sind. Hierzu kann vollumfänglich auf die obigen Ausführungen (unter Kapitel C, Absatz I, Nr. 2) verwiesen werden.

Hinweis: Sämtliche E-Mails, die steuerlich relevante Sachverhalte enthalten, sind in elektronischer sowie rechtssicherer Form aufzubewahren bzw. zu archivieren. Nach den vom Bun-desfinanzministerium veröffentlichten Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) reicht es keineswegs mehr aus,

  • die relevanten E-Mails einfach nur auszudrucken und abzuheften.
  • die relevanten E-Mails in maschinell nicht auswertbaren Formaten (z.B. pdf-Datei) zu archivieren.

Finden Sie im zweiten Teil Antwort auf die häufigsten Fragen im Zusammenhang mit der E-Mail-Archivierung.

SERVICETIPP
Kostenloses eBook
Rechtliche Rahmenbedingungen der Archivierung von E-Mails
Das E-Book beschäftigt sich intensiv mit den rechtlichen Rahmenbedingungen der Archivierungspflicht von E-Mails (als Teil eines effektiven Risikomanagements) und zeigt insbesondere auf, welche Konflikte im Zusammenhang mit dem Datenschutz bestehen und wie diese wiederum gemeistert werden können.
zum kostenfreien Download http://www.it-recht-kanzlei.de/Files/eBooks/eBook_EMail-Archivierung.pdf
ZUM AUTOR
Über Max Lion Keller
IT-Recht Kanzlei
Max Lion Keller ist Rechtsanwalt bei der IT-Recht-Kanzlei in München. Seine Tätigkeitsschwerpunkte umfassen den gewerblichen Rechtsschutz, das Softwarelizenzrecht sowie die Themen IT-Security und E-Commerce. Die Münchner IT-Recht Kanzlei ist eine Sozietät, die sich auf das IT-und Vergaberecht spezialisiert hat, um ihren Mandanten eine professionelle und umfassende juristische Beratung in diesem Bereich sicherstellen zu können.
IT-Recht Kanzlei
Alter Messeplatz 2
80339 München

+49-89-13014330
WEITERE ARTIKEL VON IT-RECHT KANZLEI
Über Perspektive Mittelstand

Die Perspektive Mittelstand ist eine unabhängige, branchenübergreifende Business-Plattform zur Förderung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittelständischer Unternehmen und ihrer Mitarbeiter. Ziel der Initiative ist es, über hochwertige Informations-, Kommunikations- und Dienstangebote rund um den unternehmerischen und beruflichen Alltag die Wissensbildung, Kommunikation und Interaktion von und zwischen Existenzgründern, Unternehmern, Fach- und Führungskräften und sonstigen Erwerbstätigen zu unterstützen. Weitere Informationen zur Perspektive Mittelstand unter: www.perspektive-mittelstand.de