Pressemitteilung, 03.08.2006 - 09:50 Uhr
Perspektive Mittelstand
Kapitalanlegerschutz – geschlossene Immobilienfonds - BGH-Urteile vom 14.06.2004 lassen Anleger wieder Hoffnung schöpfen
(PM) , 03.08.2006 - Mehrere Verfahren zum Thema kreditfinanzierter Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds standen im Juni 2004 bei dem II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes zur Entscheidung an. In diesen Verfahren wurde zuvor von den Oberlandesgerichten nahezu grundsätzlich den Banken Recht gegeben.Auf die Revision der Anleger hat der II. Zivilsenat die Urteile aufgehoben, und allgemeine Rechtsgrundsätze für die Abwicklung kreditfinanzierter Fondsbeteiligungen aufgestellt. 1.Verbundenes Geschäft und Durchgriff des Einwands des SchadensersatzanspruchsDie Richter des II. Senats betrachteten den Fondsbeitritt und den damit in Zusammenhang angebahnten Kreditvertrag als verbundenes Geschäft im Sinne des Verbraucherkreditgesetzes. Die Bank ist aufgrund der Täuschung des Anlegers verpflichtet, ihn so zu stellen, als ob er dem Fond nie beigetreten wäre und den Kreditvertrag daher nie geschlossen hätte. Die Bank hat somit keinen Rückzahlungsanspruch gegen den Anleger, was das Darlehen anbelangt. Umgekehrt hat der Anleger aber einen Anspruch auf Rückzahlung all dessen, was er aus seinem eigenen Vermögen - nicht aus den Erträgnissen des Fonds - an die Bank gezahlt hat. Seine Ansprüche gegen den Fonds und die Fondsverantwortlichen muss er im Gegenzug an die Bank abtreten und sich auch etwaige Steuervorteile anrechnen lassen.2.Zustandekommen von Verträgen im Wege einer sog. „Haustürsituation“ In den Fällen, in denen die Verträge in der Wohnung des Anlegers angebahnt oder abgeschlossen worden sind („Haustürsituation“), hat der Anleger das Recht, seine Vertragserklärung zu widerrufen. Ist er über diesen Widerruf nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden, besteht dieses Recht zeitlich unbefristet und kann auch noch nach Jahren ausgeübt werden. Auch in diesen Fällen ergibt sich nach den Entscheidungen des II. Senats die gleiche Rechtsfolge wie bei dem Verbundenen Geschäft. Der II. Senat des BGH hat dies sogar dann gelten lassen, wenn der Kredit durch entsprechende Grundschulden etc., die bereits vor Vertragsabschluss von den Fondsbetreibern bestellt worden waren, abgesichert war.3.Unwirksame TreuhändervollmachtenDie Vertragserklärungen wurden zudem meist nicht von den Anlegern selbst abgegeben, sondern von einem Treuhänder besorgt, die eine umfassende unterzeichnete Vollmacht besaßen. In Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtssprechung hat der Senat diese Vollmacht wegen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz für nichtig erklärt. Der II. Senat erklärte die Kreditverträge auch deshalb für unwirksam, weil sie von einem vollmachtlosen Vertreter geschlossen worden sind. Und auch infolge dieses Aspektes ist der Anleger nicht verpflichtet, den Kredit zurück zu zahlen, sondern schuldet nur die Abtretung seiner Fondsbeteiligung an die Bank.4.Fehlende Mindestangaben im Kreditvertrag nach VerbraucherkreditgesetzDas Verbraucherkreditgesetz beinhaltet darüber hinaus auch Mindestangaben zu den Kreditbedingungen, die in den maßgeblichen Verträgen oft nicht erfüllt sind, was ebenfalls deren Unwirksamkeit zur Folge hatte.5.Fondsanlegern durch XI. BGH-Senat der Boden für Rückabwicklung wieder entzogen ? Der eigentlich für Bankenrecht zuständige XI. Senat des BGH hat allerdings zwischenzeitlich mit erst unlängst veröffentlichtem Urteil vom 26. Oktober 2004 (Az.: XI ZR 255/03) die äußerst anlegerfreundliche Rechtsprechung des II. Senats wieder „torpediert“ und in gewisser Weise eingeschränkt. 6.Keine Rückabwicklung nach Grundsätzen des Haustürwiderrufs bei „Realkrediten“ (durch Grundschulden oder Hypotheken abgesicherte Kredite) Zum hat der XI. Senat entgegen der Judikatur des II. Senats geurteilt, dass man – was häufig bei den in Anspruch genommenen Krediten der Fall sein wird – dann nicht von verbundenen Geschäften im Sinne des Haustürwiderrufs ausgehen kann, wenn eine in dem Kreditvertrag vereinbarte Sicherung des Kredits durch eine Grundschuld oder eine Hypothek (Realkredite) schon vor dem Abschluss des Kreditvertrags bestellt war und vom Anleger lediglich übernommen wird. Damit wird den Anlegern vieler Fondskonstruktionen der Boden für eine Rückabwicklung wieder entzogen.7.Vollmachtsurkunde des Anlegers und guter Glaube der Bank entscheidendZum anderen greift der XI. Senat bezüglich der Fallgruppe „Treuhandfälle“ scharf die Argumentation des II. Senats an, dass bei verbundenen Geschäften eine Heilung des eigentlich nichtigen Kreditvertrags prinzipiell nicht möglich sei. Dem könne aus Gründen des Schutzes des Rechtsverkehrs (Rechtsschein) nicht gefolgt werden, so der XI. Senat. Der II. Senat hatte angenommen, dass die Vollmacht (die wegen des Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetzes grundsätzlich unwirksam ist) nur dann kraft Rechtsscheins wirksam sein kann, wenn ein Vertrauensverhältnis zwischen Treuhänder und Anleger bestand. 8.Jetzt ist der Große Senat des BGH gefragt Liegen derartige Konflikte zwischen Senaten des Bundesgerichtshofs vor, so ist nach dem Gerichtsverfassungsgesetz eigentlich der Große Senat des BGH für Zivilsachen anzurufen, der dann in anderer richterlicher Besetzung die Streitfragen verbindlich entscheidet. Dazu kam es bisher nur deshalb nicht, weil die Streitpunkte zwischen den Senaten nicht „tragend“ waren, da sich die zu entscheidenden Sachverhalte nicht vollständig glichen. Der Eintritt dieses Zeitpunktes bleibt mit Spannung abzuwarten. Bis dahin jedenfalls besteht keine Klarheit über Fragen, die über zahllose Verbraucherinsolvenzen beziehungsweise Milliardenabschreibungen der Banken entscheiden. Praxistipp:Prüfen Sie im Hinblick auf möglicherweise drohende Verjährung von Rückforderungsansprüchen gegen Fondsbetreiber bzw. Banken Ihre Kreditverträge.Noch Fragen? Wir helfen Ihnen gerne weiter.Herzliche Grüße aus PaderbornIhr rechtsanwalts-TEAM.de Warm & KanzlspergerDr. Sandro KanzlspergerRechtsanwaltFachanwalt für Steuerrecht