Pressemitteilung, 11.01.2007 - 08:55 Uhr
Perspektive Mittelstand
Wirtschaftsrecht: Voraussetzungen der vorleistenden Kapitalerhöhung in akuten Sanierungsfällen
(PM) , 11.01.2007 - Voreinzahlungen auf eine künftige Kapitalerhöhung haben grundsätzlich nur dann Tilgungswirkung, wenn der eingezahlte Betrag im Zeitpunkt der Beschlussfassung und der mit ihr üblicherweise verbundenen Übernahmeerklärung als solcher noch im Gesellschaftsvermögen zweifelsfrei vorhanden ist (Bestätigung von BGHZ 158, 283). Ausnahmsweise können Voreinzahlungen unter engen Voraussetzungen als wirksame Erfüllung der später übernommenen Einlageschuld anerkannt werden, wenn nämlich die Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung im Anschluss an die Voreinzahlung mit aller gebotenen Beschleunigung nachgeholt wird, ein akuter Sanierungsfall vorliegt, andere Maßnahmen nicht in Betracht kommen und die Rettung der sanierungsfähigen Gesellschaft scheitern würde, falls die übliche Reihenfolge der Durchführung der Kapitalerhöhungsmaßnahme beachtet werden müsste (BGH, Urteil vom 26.6.2006, Az. II ZR 43/05). Der BGH beantwortet mit der vorliegenden Entscheidung eine bislang von ihm offen gelassene Frage und nennt die fünf engen Voraussetzungen, unter denen im Sanierungsfall eine verbrauchte Voreinzahlung gültig ist: 1. Es liegt Überschuldung oder Zahlungsfähigkeit vor: Die GmbH benötigt wegen der Drei-Wochen-Frist der Insolvenzantragspflicht sofort frische Mittel, und andere Maßnahmen (Einzahlung in die Kapitalrücklage, Einzahlung auf ein nicht für bestehende Schulden haftendes Sonderkonto) sind nicht möglich. 2. Die Gesellschafter handeln mit Sanierungswillen, die GmbH ist objektiv sanierungsfähig, und die Voreinzahlung ist objektiv für eine durchgreifende Sanierung geeignet. 3. Die Zahlung lässt den Tilgungszweck (Kapitalerhöhung) erkennen. Eine Vorleistungsvereinbarung in notarieller Form, wie sie in der Literatur teilweise gefordert wurde, ist dagegen nicht erforderlich. 4. Es besteht ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Voreinzahlung und dem folgenden Kapitalerhöhungsbeschluss: Die Kapitalerhöhung muss bereits konkret in die Wege geleitet worden sein (etwa durch Einberufung der Gesellschafterversammlung), und die Gesellschafterversammlung muss mit aller gebotenen Beschleunigung zusammentreten. 5. Die Voreinzahlung wird sowohl im Kapitalerhöhungsbeschluss als auch in der Anmeldung zum Handelsregister offen gelegt. Der tatsächliche Zahlungszeitpunkt ist dabei anzugeben. Bei dem Kriterium des engen zeitlichen Zusammenhangs legt der BGH einen strengen Maßstab an: Bei der GmbH mit wenigen Gesellschaftern, die sich über die Modalitäten der Kapitalerhöhung einig sind und die sich ohne Schwierigkeiten zu einer Universalversammlung treffen können, darf selbst die gesetzliche oder gesellschaftsvertragliche Mindestladungsfrist nicht ausgeschöpft werden. Bei einer Einpersonengesellschaft muss der Alleingesellschafter die Entscheidung unverzüglich herbeiführen. So verneinte der BGH den engen zeitlichen Zusammenhang in dem ihm vorliegenden Fall eines Alleingesellschafters, bei dem zwischen Voreinzahlung und Beschlussfassung Zeiträume von acht bzw. 13 Tagen lagen. (Quelle: BGH)Mitgeteilt von: rechtsanwalts-TEAM.de Warm & Kanzlsperger in Paderborn, Rechtsanwalt Martin J. Warm, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht, Anwalt für Mittelstand und Wirtschaft www.rechtsanwalt-in-paderborn.de ; www.rechtsanwalts-TEAM.de