Kolumne
Wechselbad, 27.04.2009
Perspektive Mittelstand
Personalentwicklung
Die Furcht vor dem nächsten Aufschwung
Süddeutsche Zeitung, März 2009, Wirtschaftsteil, Thema: Fachkräftemangel. 18.000 IT-Ingenieure fehlen in Deutschland, das war vor der Krise. In der Krise sind es weniger, der Auftragsboom ist abgeflacht. Aber die Auftragskurve wird wieder steigen, das ist sicher. Und dann fehlen „demnächst“ noch mehr IT-Ingenieure, als dies jetzt schon der Fall ist.
Problem erkannt, Problem gebannt? Mitnichten. „Wir dürfen nicht wieder in einen Schweinezyklus verfallen“, so der Verein Deutscher Ingenieure. Es steht zu befürchten, dass angesichts der Negativschlagzeilen weniger junge Leute mit einem Ingenieurs- oder Informatikstudium beginnen. Dann wird die Branche über einen noch größeren Fachkräftemangel klagen – und auch Politik und Gesellschaft: Wo ist die Greencard für ausländische Fachkräfte?

Anscheinend ist es dem Menschen nicht gegeben, langfristig zu denken und über den Tellerrand und den Zeithorizont hinaus zu schauen. Es ist doch schon lange bekannt, dass IT-Ingenieure und Wirtschaftsinformatiker sich das Unternehmen aussuchen, in dem und für das sie arbeiten wollen – und nicht umgekehrt. Die Headhunting-Branche boomt, gerade jetzt. Der gegenseitige „Mitarbeiterklau“ ist in vollem Gange.

Den umworbenen Spezialisten geht es dabei längst nicht mehr allein um materielle Dinge. Entscheidend für die Wahl des Arbeitsplatzes sind die Unternehmens- und Führungskultur, die Wertorientierung, die Wertschätzung, die ihnen entgegen gebracht wird. Den meisten geht es weniger um Karriere – die können sie auch woanders machen. Es geht ihnen um die berufliche und die persönliche Weiterentwicklung, um die Weiterentwicklung ihrer fachlichen Qualifikationen und ihrer persönlich-menschlichen Eigenschaften. Sie denken in ganzheitlichen Kategorien. Und darum gewinnt die Weiterbildung gerade der Fachkräfte und Topleute an Bedeutung.

Es werden diejenigen Unternehmen im Kampf um die Toppleute obsiegen, die ein ganzheitliches Entwicklungspaket anbieten. Ein Paket, das die Entfaltung der Fachkompetenz ebenso ermöglicht wie die Ausbildung der sozialen, emotionalen Kompetenzen, der so genannten Soft Skills. Nur wer dies leistet, überlebt.

Entscheidend dafür sind mindestens zwei Gründe: Eine intelligente Mitarbeiterbindungsstrategie, die den Menschen individuelle berufliche Karrierepläne bietet und die Option ermöglicht, sich persönlich weiter zu entwickeln, hat zum einen den Vorteil, etwa hoch qualifizierte Fachkräfte im Unternehmen zu halten, die einfach zufrieden sind und gerne für das Unternehmen arbeiten.

Hinzu kommt: Eine intelligente Mitarbeiterbindungsstrategie ist zugleich die beste Kundenbindungsstrategie. Zufriedene Fachkräfte, die fachlich und menschlich on the Top sind, sind die besten Problemlöser, die ein Kunde sich wünschen kann.

ZUM KOLUMNIST
Über Dr. Reiner Czichos
Dr. Reiner Czichos ist Experte für professionelles Veränderungsmanagement und Projektmanagement. Er arbeitet seit über 30 Jahren als Trainer, Berater, Moderator, Organisations- und Personalentwickler sowie als Buchautor. Unter dem Motto „Das einzig Stabile ist ...
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